Zwei Jahre dauerten die
Untersuchungen der Justizbehörden Litauens. 92 Abgeordnete der Knesset
und über 30 Vertreter des US-Repräsentatenhauses forderten in Petitionen
die Anklage gegen den mutmasslichen Kriegsverbrecher. Der Druck wirkte.
Anfang März begann der Prozess, um sofort vertagt zu werden. Efraim
Zuroff vom Wiesenthal Center in Jerusalem protestierte gegen diese
Verschiebung aufs Heftigste. Auf Antrag der Verteidigung wurde die
Ladung zusätzlicher Zeugen beantragt.
Eine solche Zeugin ist Shifra Grodnikaite. In einem
Interview in der auflagesnstärksten Zeitung des Landes "LIETUVOS RYTAS"
bestätigte die betagte Dame, Lileikis hätte sie gerettet. Sie führte
weiter aus, Lileikis wäre ihrer Meinung nach unschuldig (....) Da die
Zeugin in den USA lebt, wird ihre Vorladung von der Verteidigung
begehrt.
Die Medien Litauens vermieden es in den letzten
Monaten, die Hintergründe der Kollaboration von Litauern mit den Nazis
im 2. Weltkrieg zu beleuchten. 94% der etwa 220.000 Juden Litauens
wurden durch die deutschen Besatzer unter Beteiligung "lokaler Helfer"
zwischen 1941-1944 ermordet. Dieser Aspekt wird in der
postkommunistischen Gesellschaft noch immer als Tabu behandelt. Der
Schriftsteller Mark Singer bezeichnete in einer Stellungnahme die
Fähigkeit Litauens mit dem Fall Lielikis umzugehen, als einen Test für
die Integrationsfähigkeit dem Westen gegenüber.
Am Montag hat der Richter, wie er telefonisch auf
Anfrage mitteilte, den Prozess wiederum um einen Monat verschoben. Nach
einer Gestzesänderung ist die Anwesenheit des Beschuldigten nicht mehr
notwendig. Der Journalist und Sprecher der jüdischen Gemeinde Salomon
Weintraub vermutet, daß die Behörden eine "Biologische Lösung" des
Falles anstreben.