Nach Motiven aus einem Roman und einem Theaterstück
des Schriftstellers Schalom Asch (1880-1957) schrieb der britische Autor
und Regisseur Jonathan Moore, der auch die Inszenierung in Bonn
übernahm, das Libretto. Es erzählt von Mottke, einem Außenseiter, der
auf seiner Flucht vor dem Gesetz in ein verrücktes Zirkus- und
Bordellmilieu gerät. Er verliebt sich in die Artistin Marie und ersticht
seinen Rivalen, den Ringkämpfer und Zuhälter Kanarik.
Der zweite Teil der auf Anregung von Hans Werner
Henze entstandenen abendfüllenden Oper ist «das Zerrbild dieser
Groteske», sagt Franke. «Mottke lebt, abgetaucht in die Unterwelt einer
Großstadt, in der Identität des Ermordeten». Hier wird aus dem Täter
plötzlich ein Opfer, «eine Flucht vor sich selbst ist nicht mehr
möglich», sagt der Komponist.
Seine Musik beschreibt er entsprechend seinem «Solo
xfach»-Projekt aus Leipzig als eine «überdimensionierte Klangskulptur,
die aus Extremen besteht: blitzschnelles Überkippen differenzierter
Klangschichten in geräuschhaft-archaische Strukturen», wobei die
Hauptinstrumente Bandoneon oder E-Gitarre diese Strukturwandlungen
verdeutlichten.
Hinzu kommen «der Gegensatz von Schrei und Stille,
rasante Schnitte und Tempowechsel, offene und geschlossene Formen, u. a.
zwei Rituelle Kompositionen, Ordnung und Anarchie, schwarzer Humor und
Tragik, Banales und Elitäres, Verfremdetes und Überhöhtes - all das wird
ganz bewußt gegeneinandergestellt.» In einer stilistischen Gratwanderung
bezieht die Musik auch die Tradition von Jazz und Rock, die Hörwelt des
Alltäglichen, des Banalen und des Trivialen mit ein.
Neun Singstimmen, darunter ein Countertenor, und ein
halbes Dutzend stumme Rollen tragen die in kurze Szenen aufgeteilte
Handlung. Die Titelfigur verkörpert der in Israel geborene und
ausgebildete Bariton Yaron Windmüller, der bis 1992 am Staatstheater am
Gärtnerplatz in München engagiert war und bei zahlreichen Uraufführungen
moderner Werke mitwirkte. Unter der musikalischen Leitung von Wolfgang
Ott, Erster Kapellmeister an der Oper in Bonn, spielen 25
Instrumentalisten des Beethoven-Orchesters. Das Bühnenbild, eine
überdimensionierte Zirkusarena, stammt von dem Briten David Blight, der
nicht nur in London zahlreiche Opern ausstattete.
«Mottke der Dieb» ist die erste Uraufführung
innerhalb der Reihe «bonn chance! - Experimentelles Musiktheater», eine
Kooperation der Oper Bonn mit der Kunst- und Ausstellungshalle der
Bundesrepublik Deutschland.