Im Sechstagekrieg eroberten sie nicht nur die
gesamte ummauerte Altstadt, sondern die arabische, bis dahin jordanisch
- ebenfalls besetzte - Oststadt gleich mit. Die internationale
Staatengemeinschaft hat bis heute nicht akzeptiert, daß Israel die
Osthälfte der Stadt wenig später annektierte.
Seither schwelt der Konflikt um die Stadt, die drei
Weltreligionen heilig ist. Während Israel Jerusalem kurz nach dem Krieg
1967 administrativ vereinigte und seither als «ewige und unteilbare
Hauptstadt Israels» betrachtet, wollen die Palästinenser im eroberten
Teil der Stadt die Hauptstadt ihres angestrebten Palästinenserstaates
errichten. Der Konflikt scheint unlösbar.
Und dennoch gibt es auf israelischer und
palästinensischer Seite die Suche nach Lösungen, die ohne
Gesichtsverlust für eine der Seiten umgesetzt werden könnten. Denkbar
wären etwa zwei Bürgermeister unter der Hoheit eines mehr repräsentativ
fungierenden Gesamt-Oberbürgermeisters.
Denkbar wäre auch die Einrichtung einer
palästinensischen Hauptstadtverwaltung in Abu Dis, einem Stadtteil, der
zu jordanischer Zeit Teil Jerusalems war, auf den israelischen Karten
aber außerhalb der Stadtgrenzen liegt. An diese Variante scheint Jassir
Arafat zu denken, wenn er Rom und den Vatikanstaat als Beispiel nennt
für sein Konzept der «zwei
Hauptstädte in einer Stadt».
Heute leben in Gesamt-Jerusalem etwa 180 000 Araber
und 420 000 Juden. Israel hat den arabischen Teil der Stadt, das
traditionelle Zentrum für die arabischen Städte des Westjordanlandes,
durch vielerlei administrative Tricks praktisch abgeriegelt.
Die Palästinenser Ost-Jerusalems werden durch immer
neue jüdische Trabantenstädte buchstäblich eingekreist. Viele Araber
vertreten inzwischen die Meinung, daß nach bald eineinhalb Jahrtausenden
mehr oder weniger kontinuierlicher arabischer Herrschaft in Jerusalem
«die Stadt inzwischen für Palästinenser verloren» ist. Dennoch wird der
Streit um jeden Quadratmeter Boden, um jeden Personalausweis und jede
Baugenehmigung erbittert geführt.
Doch die seit 1967 neuen Herren sind zerstritten und
uneins. Die jüdische Bevölkerung Jerusalems ist ein Mikrokosmos der
israelischen Gesellschaft, nur treten ihre Widersprüche hier klarer
zutage. Das enorme Anwachsen der Ultraorthodoxen in den vergangenen
Jahren und ihr sogar überproportional wachsender politischer Einfluß
lassen säkulare Juden aus der Stadt flüchten.
Die Abwanderung der Nichtreligiösen alarmiert
inzwischen Industrie und Verwaltung. Denn sie sind nicht nur der
finanzkräftigere Teil der Gesellschaft, sondern auch der
staatsbejahende. Den Ultraorthodoxen bedeutet der Staat Israel nichts,
von dessen sozialen Leistungen sie leben. Die Zionisten alten Schlages
findet man unter den Säkularen - sie haben den Staat schließlich
gegründet und ihm Jerusalem erobert.
Bildergalerie:
Irushalajim /
Direktverbindung zur Kotel
- der Westmauer des II. Tempels
bei dpa