El Bireh/Gaza (dpa) - Israel hat
unerwartet einen palästinensischen Intellektuellen, der seit fast sechs
Jahren ohne Prozeß in «Verwaltungshaft» saß, am Mittwoch freigelassen.
Ahmed Katamesh war der am längsten einsitzende «Verwaltungshäftling».
Nach seiner Freilassung sagte Katamesch der dpa:
«Einerseits bin ich froh, Frau und Tochter wiederzusehen, andererseits
starben meine Eltern und mein Bruder während der Haft, ohne daß ich sie
hätte sehen können. Fast sechs verschwendete Jahre».
Katamesch, ein Mitglied der Volksfront für die
Befreiung Palästinas (PFLP), ist entschiedener Gegner der
Autonomie-Abkommen von Oslo zwischen Israel und der PLO Jassir Arafats.
Er wurde während der Intifada, des palästinensischen Volksaufstands,
wegen angeblicher Beteiligung an militanten Aktionen gegen die
israelische Besatzungsarmee gesucht. Nach seiner Freilassung sagte
Katamesch, er sei in der Haft gefoltert worden und leide heute noch an
den dabei erlittenen Verletzungen. Die Vorwürfe gegen ihn seien nie
bewiesen worden.
Katamesch, einer von geschätzt knapp 200
«Verwaltungshäftlingen» kam nach zahlreichen Bemühungen von Vertretern
der palästinensichen Autonomie-Behörde, aber auch israelischen und
palästinensischen Menschenrechtsgruppen und nach zahlreichen
Presseveröffentlichungen frei. Ein aktueller Grund für seine Freilassung
wurde nicht bekannt. Unterdessen rief die palästinensische «Vereinigung
zur Verteidigung der Häftlinge» zu einer großangelegten
Unterschriftenaktion auf. Mit einer Million Unterschriften will die
Gruppe erreichen, daß Israel die etwa 3 500 palästinensischen Häftlinge
in seinen Gefängnissen freiläßt. Hischam Abdel Rasek, Chef der Gruppe
und selbst 19 Jahre lang in israelischer Haft, sagte: «Diese Aktion soll
Israel klarmachen, daß sich Frieden und palästinensische Häftlinge in
Israels Gefängnissen nicht vertragen».
300 Prominente gehörten am Mittwoch zu den
Erstunterzeichnern des Aufrufs. Ebenfalls in Gaza nahmen Polizisten der
palästinensischen Autonomiebehörde am Mittwoch mehrere
Studentenfunktionäre der radikalislamischen Hamas-Gruppe fest. Ein
Hamas-Sprecher bestätigte die Festnahmen und sagte, sie seien offenbar
erfolgt, weil die vier Studenten eine die Autonomie-Behörde
kritisierende Kundgebung organisiert hätten.
Siehe auch: Amnesty kritisiert
unfaire Gerichtsverfahren in Nahost und Afrika