Allüren
einer Frau
Sara Netanjahu gerät in Israel zunehmend in die Kritik
Von Anne Ponger
Jerusalem – Ein achtseitiger Enthüllungsartikel über
Ministerpräsident Netanjahus anekdoten- und skandalumwobene Ehefrau Sara
im Wochenendmagazin des Massenblatts Jedioth Acharonoth veranlaßt nun
auch ernsthafte Medienkommentatoren und Politiker zu der besorgten
Frage, wie weit die Funktionsfähigkeit des Regierungschefs von Saras
Allüren beeinflußt wird. Der Artikel, der von vier Journalisten
wochenlang recherchiert wurde, enthält eine lange Liste empörender
Erniedrigungen von Staats- und Hausangestellten, öffentlichen und
häuslichen Wutausbrüchen, Eifersuchtsszenen gegenüber mit dem
Ministerpräsidenten arbeitenden Frauen und Beispiele krasser
Verschwendungssucht.
Da berichtet die 60 Jahre alte Haushälterin Rachel
Jaakov, Sara habe einen Schuh nach ihr geworfen, nachdem sie die Schuhe
des Ministerpräsidenten nicht zu ihrer Zufriedenheit geputzt habe und
geschrien: „Der Ministerpräsident würde dich schlachten, wenn er sähe,
was du angerichtet hast!“ Die Haushälterin sah das als Grund zur
Kündigung. Mitarbeiter im Kanzleramt kolportierten, Sara habe sie
gezwungen, zwei Flaschen geschenkten Weins vorzukosten, um
sicherzustellen, daß er nicht vergiftet sei. Die Sekretärinnen des
Kanzleramtes enthüllten, sie müßten nicht nur jede Presseerwähnung Saras
ausschneiden und sammeln, sondern würden für Haushaltserledigungen
mißbraucht. Darüber hinaus seien sie angehalten, Sara über den Zeitplan
des Ministerpräsidenten detailliert auf dem laufenden zu halten.
Als Vorsitzende der Kinderhilfsorganisation „Hand in
Hand“ forderte sie eine Luxussuite, in der sie sich indes kaum sehen
läßt. Sie empfängt statt dessen täglich ihren Friseur, ihren
Fitneßtrainer und ihren Schneider und kümmert sich – trotz Beschäftigung
zweier Nannys und eines Heeres von Sicherheitsbeamten – obsessiv um ihre
beiden Kinder.
Seit Benjamin Netanjahu 1993, noch als
Oppositionsführer, öffentlich einen ehelichen Seitensprung gestand,
macht Sara sich durch besessene Eifersucht zum Gespött der Nation.
Neuestes Beispiel, laut Jedioth Acharonoth, war ein Wutausbruch, nachdem
die populäre Sängerin Ofra Haza dem Ministerpräsidenten während einer
TV-Talkshow ihre Hand auf den Arm gelegt hatte. Als der seine tobende
Ehefrau in der Pause zu beruhigen versuchte, drohte sie, ihn wegen
häuslicher Schläge anzuzeigen. Ihre Eifersucht richte sich sogar gegen
Netanjahus Tochter aus erster Ehe, berichtete die Zeitung. Die 20 Jahre
alte Noa sei angehalten, Netanjahu vor Saras Sprößlingen Avner und Jair
nicht „Papa“ zu nennen, da diese nicht wüßten, „daß sie eine Schwester
haben“.
Netanjahu kommentierte den Artikel mit dem Hinweis,
die Medienbeleidigungen gegen seine Familie hätten ein „nie dagewesenes
Ausmaß der Bosheit“ erreicht. Daß es sich bei den Vorwürfen nicht nur um
Klatsch handele, versicherte eine ehemalige Sekretärin Saras im
Fernsehen. „Saras Benehmen und die Vertuschungsbemühungen der
Angestellten im Kanzleramt sollten langsam den Staatskontrolleur
beschäftigen.“
SZ-Archiv
13.Dez.'97
Copyright © 1997 - Süddeutsche
Zeitung. SZonNet 3.1
|