Lea
Rabin nimmt die Buber-Rosenzweig-Medaille entgegen
„Ein neues Kapitel mit viel Hoffnung“
Auftakt zur Woche der Brüderlichkeit / Ude beklagt bestehende
Asylgesetzgebung
Von Christine Burtscheidt
Für ihr unermüdliches Engagement als
„Botschafterin des Friedens“ ist Lea Rabin, die Witwe des ermoderten
israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin, gestern im
Prinzregententheater mit der Buber-Rosenzweig-Medaille ausgezeichnet worden.
„Sie haben in so mutiger und beispielgebender Weise vorgemacht, was es
heißt, sich für den Frieden zwischen den Menschen zu engagieren“, sagte
Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth zum Auftakt der diesjährigen „Woche der
Brüderlichkeit“ und zum 50jährigen Bestehen der Gesellschaften der
christlich-jüdischen Zusammenarbeit. Rabin habe sich nach dem furchtbaren
Mord an ihrem Mann nicht in Trauer zurückgezogen, sondern den Kampf um den
Frieden zwischen Palästinensern, Juden und Arabern fortgesetzt. „Sie gehen
weiter auf dem Weg von Yitzhak Rabin. Daß sie es tun und wie Sie es tun,
berührt uns im Innersten.“
Mit minutenlangem, stehendem Applaus zollte anschließend
das Münchner Publikum der Preisträgerin seine Hochachtung, die daraufhin
erklärte: „Ich muß offen sagen, Sie haben mich sehr gerührt.“ In ihrer Rede
machte Rabin deutlich, daß sie die Auszeichnung auch im Namen ihres
ermordeten Mann annehme: „Ist es doch sein Fehlen, das mich hierher gebracht
hat.“ Rabin versicherte, daß es trotz des Stillstands im
Nahost-Friedensprozeß eine neue Realität gebe: „Es ist nichts besonderes
mehr, mit Palästinensern zusammenzukommen.“ Mit Blick auf den Holocaust und
den Exodus von Millionen jüdischer Mitbürger sagte sie: „Wir wollen nicht
vergessen und verzeihen, aber wir anerkennen, daß wir vor langer Zeit eine
neues Kapitel mit viel Hoffnung aufgeschlagen haben.“
Mehrfachen Beifall erntete Oberbürgermeister
Christian Ude mit seinem Grußwort, in dem er offen rechtsextremistische
Tendenzen in Deutschland anprangerte: „Der Gedanke der Brüderlichkeit
verbietet es, Minderheiten zu Sündenböcken zu erklären und sie als
Blitzableiter für wirtschaftliche Schwierigkeiten herzunehmen.“ Kritik
übte er zudem an der derzeit praktizierten Asylgesetzgebung: „Wir wollen
Integration, nicht kaltherzige Ausgrenzung. Wir wollen ein weltoffenes
München, keine provinzielle Enge.“
Auch der bayerische Ministerpräsident
Edmund Stoiber warnte davor, die „dunkelste Phase der
deutsch-jüdischen Geschichte“ zu verdrängen. „Für die deutsche Nation
gibt es, was das Verhältnis zu den Juden anbelangt, kein Zurück zur
Normalität.“ Die Vernichtung der Juden sei ein schweres historisches
Erbe. Aufgabe der Politik müsse es sein, erinnernd und aufklärend auf
die Menschen einzuwirken und gegenüber Unbelehrbaren mit allen
rechtlichen und polizeilichen Mitteln vorzugehen.
Der Landesrabbiner von Westfalen, Henry G. Brandt,
würdigte in seiner Ansprache den Mut der Pioniere, die vor 50 Jahren die
erste Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in München
gegründet hatten. Zum diesjährigen Motto der Woche der Brüderlichkeit „Wenn
nicht ich, wer? Wenn nicht jetzt, wann?“ sagte er: „Wie
Hammerschläge sollen diese Sätze zu jedem einzelnen sprechen und durch
die Hüllen der Drückebergerei schneiden.“
Zum Auftritt des bayerischen
Ministerpräsidenten Stoiber,
erhielten wir (haGalil onLine) folgenden Leserbrief:
''Wer ist denn bloß auf die Idee gekommen, diesen Stoiber auf der
Eröffnungsveranstaltung das Wort nehmen zu lassen? Welche falsch
verstandene, vermeintlich gute Erziehung hat diesen Wegbereiter des
gespenstischen Zuges Ewiggestriger an das Pult treten lassen?
Stoiber über Juden reden zu lassen ist ein Gipfelpunkt von Blasphemie.
Gute Worte von Ude! Stoiber verwandelte sich in den Steinernen
Gast, dessen Ponim Maske wurde, mehr als sonst, dessen Krallen sich nicht zu
dem kleinsten Appläusschen hinreißen lassen konnten.
Ach, es ist zum Verzweifeln.'' (Omri / Berlin) |