Umstrittene
Ausladung des amerikanischen Holocaust-Museums:
Albright bedauert Absage an Arafat
US-Außenministerin: Besuch des Palästinenserchefs wäre wichtiges
Symbol gewesen
po Jerusalem (Eigener Bericht)
– Die US-Außenministerin Madeleine Albright hat die Entscheidung
des amerikanischen Holocaust-Museums bedauert,
Palästinenserpräsident Yassir Arafat von einem Besuch der
Gedenkstätte abzubringen. Arafat hatte einer Bitte der
US-Regierung zugestimmt, seine Washington-Visite mit einem
Museumsbesuch zu verbinden. Das Museum hatte sich jedoch
geweigert, Arafat protokollarisch wie einen Ehrengast zu
empfangen. Albright sagte, dieser Besuch wäre "ein wichtiges
Symbol gewesen".
Während Albright hoffte, daß der
Besuch noch arrangiert werden könne, bezeichnete Eliahu
Ben-Elissar, Israels Botschafter in Washington und selbst
Holocaust-Überlebender, diese Initiative als verfrüht.
Kabinett-Sekretär Danni Naveh, Chef des "Nationalen Forums zur
Überwachung von Antisemitismus", war zufrieden mit der Absage
des Besuchs, den er als "zynische Idee" bezeichnete.
Arafats Führung durch die Gedenkstätte war von Aaron Miller, dem
Stellvertreter des US-Sonderbotschafters Dennis Ross im
Friedensverhandlungsteam, vorbereitet worden. Unter Druck
einiger Sponsoren des Museums zogen dessen Direktor Walter Reich
und Miles Lerman, Vorsitzender des amerikanischen
"Holocaust-Gedächtnis-Rates", die Einladung zurück. Lerman
sagte, er sei erst bereit, Arafat offiziell im Museum zu
empfangen, wenn ein Frieden in Nahost erzielt sei. Die
Sprecherin des Museums wies auf die Öffnungszeiten des Gebäudes
hin und betonte, Arafat sei wie jeder andere private Besucher
willkommen.
Die Leiter zweier prominenter
Holocaust-Gedenkstätten in Israel haben die Ausladung Arafats
als Fehler bezeichnet. Avner Schalev, Vorsitzender von Yad
Vaschem in Jerusalem, betonte, Arafat und andere arabische
Führer seien im Jerusalemer Mahnmahl immer willkommen. Simcha
Stein, Direktor der Ghettokämpfer-Gedenkstätte im Kibbuz
Lochamai Ha’Gettaot, drängte die US-Regierung, die Einladung an
Arafat und eine Delegation des palästinensischen
Erziehungsministeriums, die kurz nach Unterzeichnung der
Oslo-Verträge ausgesprochen worden war, zu erneuern.
Wenige Tage vor den
Nahost-Gesprächen in den USA hat Arafat mit einem neuen
Palästinenseraufstand gedroht für den Fall, daß es keine
Fortschritte im Friedensprozeß gibt. "Wir sind bereit, wieder
sieben Jahre Intifada zu beginnen", sagte Arafat. Der
israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist unterdessen
am Montag zu Gesprächen mit US-Präsident Clinton nach Washington
abgereist. Clinton will sich bemühen, den Friedensprozeß wieder
in Gang zu bringen. Am Sonntag hatte sich das israelische
Kabinett allerdings nicht festgelegt, wieviel mehr Land die
Palästinenser zur Selbstverwaltung erhalten sollen.
Copyright © 1997 - Süddeutsche Zeitung. |