Hemmschwelle zur Gewalt ist gesunken

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Anstieg rechter Gewalt spiegelt gesellschaftliche Entwicklung wider…

Pressemitteilung der Amadeu Antonio Stiftung, 06.05.2015

Das Bundesministerium des Innern hat heute die Fallzahlen zur Politisch Motivierten Kriminalität 2014 vorgestellt. Demnach stieg die Zahl der rechtsmotivierten Gewalttaten gegenüber dem Vorjahr um 22,9 % an. Die antisemitischen Straftaten sind um 25,2 % angestiegen.

„Der Anstieg der rechten Gewalt um fast ein Viertel ist Ausdruck einer besorgniserregenden Entwicklung. Rassismus ist ein Problem, über das in Deutschland viel zu wenig gesprochen wird“, erklärt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung.

Die Zahl der rechten Gewalttaten befindet sich mit 1029 Fällen auf einem neuen Höchststand seit 2008. In den letzten Jahren ging die Zahl der Gewaltdelikte kontinuierlich leicht zurück (2013: 837).

„Seit zwei Jahren besetzen Rechtsextreme das Thema Flüchtlinge massiv. Jetzt zeigt sich, wie diese Hetze in reale Gewalt umschlägt“, erklärt Kahane. Das Innenministerium dokumentierte im letzten Jahr 203 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. Die Amadeu Antonio Stiftung zählte im gleichen Zeitraum 221 Fälle.
„Die rassistische Stimmung wurde auch durch neue Bewegungen wie Pegida massiv befeuert. Dieses Klima stärkt rassistisch motivierten Tätern den Rücken, die glauben „Volkes Willen“ durchzusetzen. Die Hemmschwelle zur Gewalt ist deutlich gesunken“, führt Kahane aus.

Auch Jüdinnen und Juden mussten im letzten Sommer einen erschreckenden Anstieg antisemitischer Beleidigungen und Angriffe erfahren. Der Anstieg der antisemitischen Straftaten um 25,2 % bestätigt diese Entwicklung.
„Das Gefühl der Unsicherheit von Jüdinnen und Juden ist eine reale Bedrohung und muss so auch ernst genommen werden. Es ist nicht hinnehmbar, dass es Angsträume gibt, in denen Jüdinnen und Juden um ihre Sicherheit fürchten müssen. Die Bundesregierung muss endlich die Empfehlungen der letzten Antisemitismuskommission umsetzen. Politische Willenserklärungen helfen jetzt nicht weiter, es muss konkret gehandelt werden“, fordert Kahane.

„Studien zeigen, dass Einstellungen der Ungleichwertigkeit weite Kreise der Gesellschaft erreicht haben. Als demokratische Gesellschaft müssen wir endlich offen den Rassismus der Mitte thematisieren und gesellschaftlicher Ausgrenzung entgegenwirken. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der rassistischen Straftaten noch höher ist, als vom Innenministerium dokumentiert. Viele Betroffene rassistischer Gewalt fühlen sich nach wie vor nicht ernst genommen und melden entsprechende Vorfälle nicht.

Es darf nicht sein, dass in Deutschland Flüchtlingsunterkünfte brennen und Synagogen und Moscheen zum Ziel rassistischer Gewalt werden. Die Sicherheitsbehörden müssen diese Entwicklung sehr ernst nehmen und gefährdete Einrichtungen schützen“, ergänzt Kahane.