Onkel Jakob und der aggresive Purzelbaum

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Vielleicht liegt es an seiner Schulzeit im Christaneum. Schließlich legt man dort, an dem humanistischen Gymnasium im altehrwürdigen Hamburg, Wert auf Chorarbeit…

Von Ramona Ambs

Im Chor singen, das ist also etwas, was man als Chirstaneumsschüler voll drauf hat. Und natürlich hat man dann auch ein gutes Gehör. Deshalb ist man aber auch so geräuschempfindlich. Und darum mag es Onkel Jakob auch garnicht, wenn Benjamin Netanyahu so „schreit“. Zumal hebräisch ohnehin immer gleich so sehr viel lauter klingt, als das zärtliche deutsch. Und so viel unmelodischer.

Aber das Schlimmste: Bibi singt weiter, obwohl „die Welt nicht mehr zuhören mag“. Und das alles nur wegen einer kleinen lächerlichen Atombombe, die eben mal ganz Israel auslöschen könnte. Als ob das ein Argument wäre…

Onkel Jakob hat da ganz andere moralische und musikalische Maßstäbe: Alle sind gleich und jeder ist gleicher als der andere. Deshalb findet es Onkel Jakob auch nur gerecht, wenn die Mullahs auch ne Bombe kriegen, schließlich „gibt es keinen Anlass, die Machthaber von Teheran für verrückter zu halten als ihre Pendants in Washington und Jerusalem.“ Und die  schlagen wenigstens nicht so aggressive Purzelbäume wie der „unernsthafte“ Bibi, dessen Land rumsiedelt was das Zeug hält, Angriffe fliegt und hie und da mal rumbobardiert.

Sowas geht einfach nicht, findet Onkel Jakob. Es entspricht nicht dem, was er in der Schule gelernt hat. Wo doch jedem das Gleiche gebührt und alle so gerne gemeinsam singen. Oder, wie es im Schulprofil heißt: „Verantwortung bedeutet, sich bewusst zu machen, was zu tun ist, und danach zu handeln (…)In der Beziehung zum Anderen heißt Verantwortung, für den Anderen in seinen Nöten zu sorgen…“ Und das nimmt Onkel Jakob bis heute ernst.

Denn die Nöte  des Irans, keine Atombombe zu haben, sind ihm sehr wichtig. Musikalisch gesehen, sind sie die Cabaletta in der Schlussarie einer dramatischen Oper. Man muss also besonders auf sie hören.

Da fällt mir ein:

Wir müssen mal über humanistische Bildung reden.

Dringend!

1 Kommentar

  1. Hallo Frau Ambs,
    besten Dank für Ihren, wie meistens, sehr guten Beitrag. Ich lese ihre Beiträge immer wieder gerne.

    Onkel Jakobs humanistische Bildung war wohl ein Vorgriff auf die heutige „Bildung zur Verblödung, zur mangelnder Kritikfähigkeit und zur notwendigem mangelndem Bewusstsein“, wie sie heute üblich ist.

    Onkel Jakob spricht Onkel Michel aus der Seele, da Onkel Michel die Geschichte eigentlich nur als Makel und Stachel empfindet. Da tut es dem Jakob und dem Michel gut, wenn sie die, die den Stachel vermeintlich im Fleisch des Michels und Jakobs belassen wollen und vermeintlich der heutige Grund sind, zurecht Weisen und kritisieren können.
    Schließlich ist Onkel Michel in der Weltpolitik endlich wieder wer…

    Und ja: wir müssen über Humanismus in unserer antagonistischen Gesellschaft reden.

    Kyniker

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