„Aufgabe wissenschaftlicher Forschung“

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Stellungnahme zur Kritik des AJC an der Studie „Antisemitismus als Problem und Symbol. Phänomene und Interventionen in Berlin“…

Das American Jewish Committee Berlin – Ramer Institute for German-Jewish Relations (AJC) arbeitet seit Jahren in verschiedenen Projekten erfolgreich mit dem Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin zusammen. Es irritiert daher, dass das AJC mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit tritt und nicht zunächst die kollegiale Diskussion gesucht hat.

Der Titel der Pressemitteilung des AJC ist irreführend: Unsere Studie erhebt keine „Vorwürfe“; insofern können auch nicht – wie dies die AJC-Presseerklärung tut – Vorwürfe zurückgewiesen werden.

Das 15-seitige Papier des AJC „Antisemitismus im Deutungskampf“ lässt nicht erkennen, dass die spezifische Fragestellung und der Anspruch der Studie die Basis der Kritik sind. Diese ist stattdessen ausschließlich im Horizont der Aufgaben und Ziele angelegt, die sich das AJC selbst stellt.

In der von außen an unsere Studie herangetragenen Kritik dokumentiert sich ein systematisches Desinteresse für die Fragestellung der Untersuchung. Dies wird beispielhaft daran deutlich, dass Kritik an der ungenügenden Analyse von antisemitischen Vorfällen des Sommers 2014 formuliert wird, während in unserer Studie explizit die Jahre 2010 bis 2013 als Untersuchungszeitraum benannt werden.

Insgesamt liegt der Kritik des AJC ein ungenügendes Verständnis der Unterschiedlichkeit der Aufgaben und Funktionsweisen von politischen Akteuren und wissenschaftlicher Forschung zugrunde. Im Unterschied zu politischem Agieren ist es gerade die Aufgabe wissenschaftlicher Forschung, das vermeintlich Selbstverständliche zum Untersuchungsgegenstand zu machen. Mit dem Anspruch einer „Beobachtung der Beobachter“ hat die Studie Ergebnisse zu der Frage vorgelegt, wie aktuell in Berlin über Antisemitismus diskutiert wird und welche Ansätze in der einschlägigen Bildungsarbeit existieren.

Im Kreis der Berliner NGOs ist die Studie auch auf viel positives Echo gestoßen. Die Verfasser des Forschungsberichts und die Leitung des Forschungsprojekts sowie des Zentrums für Antisemitismusforschung stehen jederzeit für eine sachlich geführte inhaltliche Debatte über die Studie und die in ihr aufgeworfenen Problemstellungen zur Verfügung. Diese Diskussion wird in den nächsten Wochen in verschiedenen kleineren Veranstaltungen geführt werden. Überdies wird derzeit eine Kooperationstagung zwischen der Landeszentrale für politische Bildung und dem Zentrum für Antisemitismusforschung vorbereitet. Diese wird sich u. a. der Frage widmen, welche Folgerungen für die politische Bildungsarbeit aus den Forschungsergebnissen gezogen werden können.

Dr. Michael Kohlstruck, Dr. Dr. Peter Ullrich (Autoren)
Prof. Dr. Werner Bergmann (Projektleiter)
Prof. Dr. Stefanie Schüler-Springorum (Institutsleiterin des Zentrums für Antisemitismusforschung der TU Berlin)

Die Studie kann bestellt und heruntergeladen werden:
http://www.berlin.de/lb/lkbgg/publikationen/berliner-forum-gewaltpraevention/2015/artikel.247803.php