Für Gertrud Seehaus-Finkelgruen

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Zum 80. Geburtstag…

Getrud Seehaus-FinkelgruenVon Karin Clark

Erst war sie Lehrerin, dann wurde sie Schriftstellerin. Ihr erster Roman, Lisa und Anatol, erschien 1984. Das sind jetzt genau dreißig Jahre her. Doch bereits 1980, vier Jahre vor Erscheinen ihres ersten Romanes, hatte Gertrud Seehaus bereits den Georg Mackensen-Förderpreis für ihre Kurzgeschichte Dirty Old Woman erhalten. Es folgten weitere Romane, ein Band mit Erzählungen, Theaterstücke, Gedichte. Ein Kinderbuch, zahlreiche Essays sowie Beiträge in Zeitschriften und im Rundfunk.

Tatsächlich sind in so gut wie allen von Gertrud Seehaus veröffentlichten Büchern Frauen die Protagonisten. Befasst sich ihre erste veröffentlichte Erzählung nach ihren eigenen Worten mit „der Antizipation des Alterns“, so tauchen in dem Roman Die Lebensliste, 2003 bei dtv erschienen, und der Pokal des Riesen, 1996 im Gollenstein Verlag erschienen, ältere Personen auf, deren Biographien man als Spiegelung des letzten Jahrhunderts lesen kann. Immer aber werden diese Figuren von jüngeren Menschen begleitet, manchmal auch nur beobachtet. Die Veränderungen der Zeitläufte mit ihren Auswirkungen auf die Lebenswege ihrer Protagonisten beschreibt Gertrud Seehaus sehr genau.

In allen ihren Veröffentlichungen ist Gertrud Seehaus auch eine Chronistin insbesondere der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Immer wieder geht sie der Frage der Auswirkungen der Tragödien der ersten Hälfte des Jahrhunderts auf die Überlebenden und die Nachgeborenen nach: Die Erzählungen Kämpfer in der Nacht und In der Straße des Hebräischen Bataillons aus dem Erzählband Katzengesang und Esselschrei, erschienen 1985 im Verlag Nagel und Kimche, gehören zu ihren stärksten Arbeiten innerhalb dieses Themas.

Es waren aber nicht nur mehrjährige Aufenthalte in Israel, die ihr Schreiben zu diesem Thema beeinflusst haben. In den seinerzeitigen Ausgaben der Freien Jüdischen Stimme finden sich sehr persönliche Berichte zum Lischka, Hagen, Heinrichsohn-Prozeß, der von 1979 bis 1980 in Köln stattfand, und den sie vom ersten bis zum letzten Tag mitverfolgte. In der Freien Jüdischen Stimme findet sich auch ein Bericht von Gertrud Seehaus über ihre Arbeit als Lehrerin ausländischer Schüler im Köln der siebziger Jahre.

Folgerichtig fand diese Arbeit auch Eingang in dem Kinderbuch Opa und Oma hatten kein Fahrrad, das sie mit ihrem Mann Peter Finkelgruen zusammen geschrieben hat. Es war, wie die Widmung des Buches sagt, ein Buch für ihre Enkelkinder, und es erschien auch im Selbstverlag bei Book on Demand. Unerwartet wurde es zu einem großen Erfolg, eingebunden in zahlreichen Lesungen an Schulen.

In ihrem ersten Beruf war die in Merzig geborene und in Bonn und Düsseldorf aufgewachsene Gertrud Seehaus Schauspielerin an deutschen Bühnen. Ihre persönliche Entwicklung führt aber zu einem Zweitstudium der Pädagogik mit anschließender beruflicher Tätigkeit als Lehrerin.

Zusammen mit anderen hat sie das dann vom Land Nordrhein-Westfalen geförderte Projekt „Künstler und Schüler“ ins Leben gerufen. Schauspieler und Lehrer entwickelten zusammen didaktische Vorgehensweisen bei der Arbeit insbesondere an Grund- und Hauptschulen.

Diese Arbeit und die damals noch damit verbundene Verbeamtung gab Gertrud Seehaus dann Anfang der achtziger Jahre, als sie für einen längeren Israelaufenthalt mit ihrem Mann nicht beurlaubt wurde auf, und sie konzentrierte sich auf das Schreiben.

Ihre Leidenschaft für das Theater hat Gertrud Seehaus nie ganz aufgegeben, und folglich gehören zu ihrer Bibliographie auch Theaterstücke: etwa Reisefieber, das 1998 im Bauturmtheater aufgeführt wurde und Ich denke sowieso mit dem Knie, dessen Erstaufführung im Freien Werkstatttheater in Köln stattfand und bei dem sie auch Regie führte.

Gertrud Seehaus mag in aller Stille ihren 80. Geburtstag gefeiert haben, mit dem Schreiben hört sie nicht auf. In der Schublade harren neben zwei Romanen auch Gedichte der Veröffentlichung, etwa der „Anna Toczynski“-Zyklus, von dem vier Teile in Opa und Oma hatten kein Fahrrad abgedruckt wurden. Sie erscheinen an ihrem Geburtstag in haGalil.

Masal tov!

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