Unbesiedeltes Terrain in Gaza

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Warum nutzt die Hamas nicht dünn besiedeltes Gebiet für den Abschuss ihrer Raketen oder den Bau von Tunneln?…

Von Alan Dershowitz, Jerusalem Post, 06.08.2014
Übersetzung: Daniela Marcus

Wie oft haben Sie schon im Fernsehen gehört oder in Zeitungen gelesen, dass der Gazastreifen „das dicht besiedeltste Gebiet der Welt“ ist? Wie oft auch immer – eine häufige Wiederholung dieser Aussage macht sie nicht wahrer. Es gibt im Gazastreifen dicht besiedelte Gebiete, besonders in Gaza Stadt, Beit Hanoun und Khan Younis. Doch zwischen diesen Städten gibt es im Gazastreifen auch Gebiete, die nur dünn besiedelt sind. Schauen Sie sich diese beiden Karten an, die in Blau bzw. Rot die dicht besiedelten Gebiete von Gaza zeigen:

Unbesiedeltes Terrain in Gaza
Quelle: http://www.bbc.com/news/

Oder schauen Sie bei Google Earth nach.

Die Tatsache, dass es diese dünn besiedelten Gebiete im Gazastreifen gibt, lässt mehrere wichtige moralische Fragen aufkommen:

1. Warum zeigen die Medien nicht das Freiland im Gazastreifen? Warum zeigen sie nur die dicht besiedelten Städte? Es gibt mehrere mögliche Gründe hierfür: In den dünn besiedelten Gebieten gibt es keine Kämpfe, und deshalb besteht kein großes Medieninteresse daran. Doch eigentlich wäre genau das der Punkt: Gebiete zu zeigen, von denen die Hamas ihre Raketen abfeuern und in denen sie ihre Tunnel bauen könnte, es jedoch nicht tun will. Vielleicht zeigen die Medien diese Gebiete auch nicht, weil die Hamas ihnen dies nicht genehmigt. Auch das wäre einen Bericht wert.

2. Warum nutzt die Hamas nicht die dünn besiedelten Gebiete, um dort ihre Raketen abzuschießen und ihre Tunnel zu bauen? Würde sie das tun, wäre die Zahl der palästinensischen Zivilopfer sehr viel geringer. Doch die Zahl der Toten unter den Hamas-Terroristen würde steigen.

Genau aus diesem Grund wählt die Hamas die dicht besiedelten Gebiete, um von dort aus zu feuern und zu graben. Der Unterschied zwischen Israel und der Hamas besteht darin, dass Israel seine Soldaten einsetzt, um Zivilisten zu schützen, wohingegen die Hamas ihre Zivilisten einsetzt, um Terroristen zu schützen. Aus diesem Grund sind die meisten israelischen Todesopfer Soldaten und die meisten palästinensischen Todesopfer Zivilisten. Ein anderer Grund dafür, dass es in Israel vergleichsweise wenig Zivilopfer gibt, ist der, dass Israel Schutzräume für seine Zivilisten baut wohingegen die Hamas Schutzräume nur für Terroristen baut und damit absichtlich die Anzahl der Zivilopfer in die Höhe treibt.

Die Regeln sind klar: Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu benutzen –etwas, das das Hamas-Handbuch für Kampfhandlungen anordnet− ist ein Kriegsverbrechen. Es gibt keine Ausnahmen oder Abstufungen, vor allem dann nicht, wenn Alternativen vorhanden sind. Der Beschuss von legitimen militärischen Zielen wie Raketen oder Terrortunnel ist jedoch erlaubt, es sei denn, die Zahl der anzunehmenden Zivilopfer steht nicht im Verhältnis zur militärischen Wichtigkeit des Ziels. Das ist eine Frage des Ausmaßes und des Ermessens, die inmitten des Krieges oft schwer abzuschätzen ist.

Die Regeln sagen auch eindeutig: Wenn ein Krimineller eine Geisel nimmt und sie als Schutzschild benutzt, um auf Zivilisten oder die Polizei zu schießen und die Geisel dann bei einem Schusswechsel von der Polizei getötet wird, dann ist der Kriminelle des Mordes schuldig, nicht die Polizei. Das gilt auch für die Hamas: Wenn sie menschliche Schutzschilde benutzt und die israelische Armee das Feuer auf die Hamas erwidert und dabei einige der menschlichen Schutzschilde trifft, dann ist die Hamas verantwortlich für die Toten.

Die 3. moralische Frage lautet: Warum versuchen die Vereinten Nationen den palästinensischen Zivilisten in den Gegenden Schutz zu bieten, aus denen die Hamas Raketen abschießt? Die Hamas hat sich entschieden, nicht die dünn besiedelten Gebiete für das Abschießen von Raketen und das Graben von Tunneln zu nutzen. Aus diesem Grund sollten die Vereinten Nationen diese Gebiete als Zufluchtsort für die Zivilbevölkerung verwenden. Da der Gazastreifen relativ klein ist, wäre es einfach, Zivilisten in diese sichereren Gebiete zu bringen. Die Vereinten Nationen sollten diese Gegenden zur kampffreien Zone erklären und dort vorübergehende Schutzräume –auch Zelte, wenn nötig− aufbauen, um Einwohnern dicht besiedelter Städte Unterkunft zu bieten. Die Vereinten Nationen sollten jeden Hamas-Kämpfer und Tunnelbauer daran hindern, diese geschützten Gebiete zu betreten. Auf diese Weise könnte man der Hamas verwehren, menschliche Schutzschilde zu gebrauchen. Und Israel hätte keinen Grund, seine Raketen irgendwo in die Nähe dieser Schutzräume der Vereinten Nationen zu schießen. Das Ergebnis wäre, dass viele Leben gerettet werden könnten.

Doch anstatt dies zu tun, spielen die Vereinten Nationen direkt in die Hände der Hamas, indem sie Zivilisten gleich neben Hamas-Kämpfern, Hamas-Waffen und Hamas-Tunneln unterbringen. Und dann beschuldigen die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft Israel genau für das, was von der Hamas beabsichtigt ist: dass Israel auf Terroristen feuert und dabei Zivilisten, die von der UNO geschützt werden, tötet. Es ist ein zynisches Spiel der Hamas. Doch ohne die Mithilfe der UNO hätte die Hamas nicht so viel Erfolg in diesem Spiel.

Es gibt eine Möglichkeit, die Hamas daran zu hindern, ihre Strategie der Nutzung von menschlichen Schutzschilden zur Erhöhung der Zahl der Zivilopfer ständig zu wiederholen: Die internationale Gemeinschaft und besonders die Vereinten Nationen dürfen diese Vorgehensweise der Hamas nicht länger ermutigen und ermöglichen, wie sie es gegenwärtig tun. Völkerrecht muss gegenüber der Hamas angesichts der zweifachen Kriegsverbrechen –Zivilisten als menschliche Schutzschilde gebrauchen und auf zivile israelische Ziele feuern− umgesetzt werden. Wenn diese Taktik gestoppt werden würde, bestünde für Israel nicht die Notwendigkeit der Selbstverteidigung. Die Kriegsregeln nur auf Israel anzuwenden, hilft nicht weiter. Denn jedes Land, das Raketen und Tunneln, die seine Zivilisten gefährden, gegenüber steht, muss aus Gründen der Selbstverteidigung reagieren. Wenn sich die Kämpfer und Tunnelbauer hinter menschlichen Schutzschilden verstecken, wird es unweigerliche zivile Opfer geben –unbeabsichtigt von Israel, beabsichtigt von der Hamas−, wie vorsichtig auch immer diejenigen sind, die in Selbstverteidigung reagieren. Israel hat sein Bestes getan, um Zivilopfer gering zu halten. Die Hamas hat ihr Bestes getan, um Zivilopfer in die Höhe zu treiben. Nun müssen die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft ihr Bestes tun, um ein Teil der Lösung des Problems zu werden anstatt Teil des Problems zu sein.