Antisemitismus-Skandal im deutschen Fußball

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Als „Schande“ und „Skandal für den ganzen deutschen Fußball“ bezeichnete Dieter Graumann, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, den Vorfall vom vergangenen Sonntag, bei dem eine Gruppe von Hooligans den israelischen Stürmer Itay Shechter des Erstligisten 1. FC Kaiserslautern während des Trainings als „Drecksjuden“ beschimpften und den Hitlergruß zeigten…

„Gerade als begeisterter Fußballfan bin ich total schockiert“, so Graumann und forderte deutliche Konsequenzen. „Wer bei uns Antisemitismus und Hitlergruß ausleben will, gehört ins Gefängnis und auf keinen Fußballplatz. Der DFB muss sich hier schneller und lauter äußern. Und beim 1.FC Kaiserslautern muss jetzt sofort viel klarer und energischer gehandelt werden“. Wer solche Fans habe, sei gestraft. Wer solche Fans dulde, gehöre bestraft.

Die DFB-Spitze reagierte prompt auf den Vorstoß Graumanns. Der designierte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach verurteilte die Tat deutlich und forderte eine Bestrafung. „Wir müssen uns mit allen Mitteln, die dem Fußball zur Verfügung stehen, dagegen wehren. Und wir wünschen uns, dass die Behörden den Fall mit aller Konsequenz verfolgen.“

Die Polizei ermittelt nach zahlreichen Hinweisen auf die Täter, konnte jedoch noch niemanden identifizieren.

Auch der israelische Gesandte Emmanuel Nahshon äußerte sich entsetzt über „die antisemitischen und rassistischen Ausfälle gegenüber Itay Shechter“, betonte aber auch, dass man „volles Vertrauen in die deutschen Autoritäten“ habe und sicher sei, „dass sie die oder den Täter schnellstmöglich zur Rechenschaft ziehen werden.“ Der Sport in Deutschland werde zweifelslos „auch weiterhin an der Spitze des Kampfes gegen Antisemitismus und Rassismus stehen“, so Nahshon. Itay Shechter selbst sagte zu dem Vorfall: „Ich habe gehört, dass jemand im Stadion etwas gerufen hat. Aber ich wollte gar nicht hören, was gerufen wurde. Wichtig ist für mich, dass ich bald wieder spielen kann.“

Die offizielle FCK-Fanvertretung hat sich unterdessen im Namen der gesamten Anhänger entschuldigt und versichert, dass sie sich „von rassistischen, diskriminierenden und antisemitischen Äußerungen in jeglicher Form“ distanziere.

Auch Charlotte Knobloch, bis November 2010 Präsidentin des Zentralrats, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses, ist entsetzt über die antisemitischen Anfeindungen gegen Itay Shechter: „Dieser abscheuliche Vorfall ist schockierend und traurig. Angesichts der breiten Empörung seitens der Verantwortlichen in Sport und Politik bin ich jedoch sicher, dass die Täter schnell gefunden und gerecht bestraft werden.
Entscheidend ist über den konkreten Fall hinaus eine ehrliche Auseinandersetzung mit der Problematik des Rechtsradikalismus und Antisemitismus im Fußball. Trotz erheblicher Gegenmaßnahmen etwa seitens des DFB sind rassistische, rechtsextreme und antisemitische Parolen auf deutschen Fußballplätzen immer noch an der Tagesordnung. Beschimpfungen der sportlichen Gegner als „Juden“ sowie Beleidigungen gegenüber jüdischen Spielen und Angehörigen jüdischer Mannschaften gehören in Deutschland zum Fußballalltag.
Laut des jüngsten Antisemitismusberichts hat sich das Geschehen in den letzten Jahren auf das Umfeld der Stadien und auf die unteren Ligen verschoben. Der öffentliche Aufschrei, den wir anhand des aktuellen Falls erleben, muss in positive präventive Energie umgewandelt werden. Die tabufreie und offene sozialpsychologische Ausein andersetzung mit rechtsextremistischen Phänomenen in allen Teilen unserer Gesellschaft greift bislang zu kurz.
Itay Shechter gilt mein tiefes Mitgefühl. Anfeindungen dieser Art sind unerträglich und verletzen den Spieler und seine Familie. Trotz dieses traurigen Ereignisses bin ich überzeugt – und sicherlich auch Itay Shechter – dass jeder wahre Fan weiß und dafür einsteht, dass antisemitische, rassistische, nationalistische oder sonstige Gewalt verherrlichende Parolen im Sport nichts verloren haben.“

11 Kommentare

  1. „Was ist an einem ““Juden”-Banner” eigentlich “antisemitisch? Darf man Dinge nicht mehr beim Namen nennen? Darf man einen Juden nicht mehr als das bezeichnen, was er ist?“

    Wie sach ich det jetzt blos ..

    @ „lieber“ Uli,

    auch bei Tatsachenbeschreibungen kommt es immer darauf an, in welchem Kontext sie genannt werden. Wenn ich hier jetzt sagen täte, dass Du einen winzigen P_mm_l hast, kann mensch dass einerseits als Tatsachenbeschreibung auffassen, andererseits – auch diese Tatsache hat hier nun wirklich weder etwas mit dem Thema Fussball noch mit dem Thema Diskriminierung und hier speziell mit Antisemitismus zu tun – du wärest doch beleidigt und würdest gegen diesen Tatsachenbericht protestieren. 

    Kein mensch käme auf den Gedanken, bei irgend einem Fussballspieler ein „Katholenbanner“, ein „Evangelenbanner“ oder ein „Atheistenbanner“ zu flaggen. Wenn denn nun bei einem jüdischen Spieler das „Judenbanner“ gehisst wird, gibt es offensichtlich nur zwei Möglichkeiten ..

    a) es sind enge, jüdische Freunde des Spielers, die ihn so anfeuern wollen (ear hier wohl nicht der Fall)

    b) oder es sind rassistische Arschlö__er, die ihre rechtsradikale Gesinnung rausbrüllen, um ihre eigene kleine Erbärmlichkeit für den kurzen Moment der Endrophinausschüttung beim Rummbölken vergessen möchten.

    und bevor du dich jetzt über mich Judenlümmel echauffierst .. nein – meine arisch-germanische Katholenabstammung ist sicher länger nachweisbar als deine .. und sie ist mir nicht annähernd so wichtig wie die humanistische Bildung jenseits jeder Erblehre, die meine Eltern mir ermöglicht haben. Wer gar nichts kann und gar nichts hat, beruft sich auf seine Abstammung.  

    Du siehst also, deine krude Logik verfängt nicht mal bei deinen .. und jetzt schäm ICH mich .. „Volksgenossen“. Am besten gehst du zurück zu deiner PI-Ursuppe.  

  2. „Was ist an einem ““Juden”-Banner” eigentlich “antisemitisch?“
     
    Das man das fragt, erstaunt doch sehr. Erstens ist dort im Stadion die gegnererische Manschaft keine Juden, also werden sie als etwas bezeichnet was sie nicht sind, daher ist Ihr Vorwurf (Darf man einen Juden nicht mehr als das bezeichnen, was er ist?) völliger Blödsinn. Und zweitens das dort das Banner mit der Aufschrift Jude nicht als Kompliment, sondern als Metapher für den die antisemitische Sicht auf Juden allgemein gemeint ist, hätte man schon lange mitkommen müssen. Man hat den Eindruch, dass Sie gar nicht wissen, worauf Sie reagieren.

  3. Was ist an einem „“Juden”-Banner“ eigentlich „antisemitisch? Darf man Dinge nicht mehr beim Namen nennen? Darf man einen Juden nicht mehr als das bezeichnen, was er ist?
    Langsam wirds lächerlich, dieses stetige Fuchteln mit der „Nazi- Keule“.
    Wo bleibt der mediale Aufschrei, wenn Linksextreme die Bombenpfer von Dresden mit „Bomber Harries- do it again“ verhöhnen?
    DAS ist menschenverachtend und gehört (in einem normalen Staat) bestraft!
     
    Es ist schon mehr als aufdringlich, penetrant und widerwärtig, das sich die kleinste Glaubensgruppe in Deutschland stets so in den Mittelpunkt rücken will.
    „Wir fordern…wir protestieren…wir wollen…wir erwarten…“
    Außer einigen Politikern, welche noch eine finanzielle Zukunft gesichert haben wollen, nimmt doch schon absichtlich kein deutscher Bürger mehr Notiz davon.

  4. An erster Stelle liegt die Verantwortung bei den Vereinen. Sie koennen im Rahmen von sozialpaedagogisch betreuten Fan-Projekten Einfluss nehmen, manche tun das auch mit einigem Erfolg, z.B. Werder Bremen. Es wird im Fussballgeschaeft so viel Geld verdient. Da muss das einfach ‚drin‘ sein. 

  5. Leider ist Antisemitismus im deutschen Fußball durchaus verbreitet – man denke an „Juden-Jena“-Rufe oder auch an das „Juden“-Banner bei einem Spiel Cottbus gegen Dresden im letzten Jahr. Aber Fifa-Präsident Sepp Blatter meinte ja, Rassismus könnte im Eifer des Gefechts eben mal passieren…

  6. Da frag ich mich immer wieder:warum reagieren Verantwortliche erst auf „Zuruf“ ; das gibt auch zu denken  ….. Und, welche Signalwirkung dies hat!

    MDT

  7. „…dass jeder wahre Fan weiß und dafür einsteht, dass antisemitische, rassistische, nationalistische oder sonstige Gewalt verherrlichende Parolen im Sport nichts verloren haben.“

    Die Unterscheidung in wahre Fans und unechte(?) Fans, ist mit Verlaub wenig zielführend. Im Gegenteil, sie erleichtert Vereinsverantwortlichen zu behaupten, solche Vorfälle hätten mit ihnen nichts zu tun – schließlich stünden sie für das Wahre. Natürlich kann ein Antisemit, Rassist, Nationalist oder Gewaltverherrlicher auch Fußballfan sein. Erst wenn man das verstanden hat, versetzt man sich in die Lage Maßnahmen gegen diesen Personenkreis zu ergreifen, die über hilflose Appelle hinausreichen.

    • Doch, ich denke die Unterscheidung ist möglich und legitim. Es gibt in der Tat einige die nur zum Fußball gehen, um Randale zu machen. Da gibt es sogar Sprechchöre die man zu Weilen hört:

      „Wir sind keine Fußball-Fans, wir sind deutsche Hooligans!“

      Hooligans sind meistens rassistisch und überhaupt gewaltverherrlichend und Menschen verachtend. Sie mögen Boxen, aber gehen zum Fußball, typische Idioten eben! 

  8. Auch ich erkläre mich solidarisch mit Itay Shechter. 
     
    Mögen nicht nur Strafen verhängt werden, möge das Volk endlich die volle Wahrheit über sich erfahren, mögen sämtliche Facetten deutschen Antisemitismus‘, nicht nur die 12 Jahre Hitler, sondern die ganzen 1000 Jahre christlich-deutschen Judenhasses in allen deutschen Schul- und Geschichtsbüchern Einzug halten, mögen Museen und Ausstellungen nicht nur Prunk und technische Innovation zeigen, sondern auch das Elend der eigenen deutschen Intoleranz, möge es deutsches kulturgeschichtliches Allgemeingut werden, dass es nicht 12 sondern 1000 Jahre des Hasses waren, mögen wir alle daraus lernen für eine bessere Zukunft!

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