Psychoanalytischer Pädagoge, Autismusforscher, Philosoph

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Als ich im Jahre 1981 als junge Studentin Rudolf Ekstein im Rahmen eines Seminars zur Kinderpsychotherapie an der Wiener Universität kennenlernte, war ich beeindruckt von seiner psychoanalytischen Kompetenz und von seinem offensichtlichen Einfühlungsvermögen in psychisch schwer kranke Kinder, aber auch von seiner Fähigkeit, dieses therapeutische Wissen und Können uns StudentInnen im Seminar auf eine sehr lebendige und „unakademische“ Art zu vermitteln. Rudolf Ekstein wechselte in seinem Vortrag immer wieder die Ebenen: Sein Vortrag war wie ein kunstvolles Jonglieren mit Fallvignetten, Tagespolitik, Erinnerungen an das Wien der Zwischenkriegszeit, und psychoanalytischer Theorie, wobei er “Bälle” aus dem Auditorium geschickt aufzunehmen und zu verwerten verstand…

Von Dorothea Steinlechner-Oberläuter

Sich so teilweise dem „Paradies der freien Assoziation“ (Ekstein) überlassend, wurde seine Vorlesung zu einem dichten Gewebe von psychoanalytischer Theorie, therapeutischem Know-How, Erinnerungen an die Frühzeit der Psychoanalyse, von philosophischen und politischen Reflexionen und persönlichen Bekenntnissen. Ekstein ließ sich von seinem Thema berühren und berührte dadurch auch uns. Viele von uns verließen seine Vorlesung tief beeindruckt und mit viel Stoff zum Nachdenken und Nachlesen.

Nun, nach seinem Tod im März 2005, haben sich viele ehemalige Schüler und Kollegen in Erinnerungsveranstaltungen und Gedenkschreiben an ihn erinnert. Überblickt man die Nachrufe ((R. Kaufhold (2005), D. J. Fisher (2005) Dr. M. Friedrich, Dr. Ernst Berger, Dr. Wilfried Datler, Richard Felsleitner, Annelotte Barta und Dr. Jörg Wiesse bei der Gedenkfeier des Stadtschulrats Wien am 6. 6. 2005.))so fällt auf, dass es neben Eksteins wissenschaftlichen Leistungen eben diese unmittelbare, unkomplizierte Art seines Kontaktes und seiner Gesprächsführung war, die ganz besonders in Erinnerung geblieben ist. Er war der berühmte Professor aus Amerika, aber auch der Rudi Ekstein aus der Nußgasse; er war die gefeierte Kapazität auf dem Gebiet der Kinderpsychotherapie, aber auch der aus Wien vertriebene Mensch, (der mit dem Trauma der Vertreibung ringende Mensch), der unermüdlich bemüht war, Brücken zwischen alter und neuer Heimat zu schlagen, und zwar auf fachlich-wissenschaftlicher als auch auf menschlicher Ebene.

Rudolf Ekstein gilt heute als ein bedeutender Vertreter der Psychoanalytischen Pädagogen der zweiten Generation und als ein Pionier auf dem Gebiet der psychoanalytischen Therapie von Grenzfall- und autistischen Kindern. ((Vollständiges Publikationsverzeichnis bis 1985 in: Oberläuter (1985); spätere Publikationen in: Kaufhold (2001).))

Seine Biographie ist zudem ein Beispiel für ein österreichisch-jüdisches Emigrantenschicksal im Zuge des 2. Weltkriegs.

Zur Biographie von Rudolf Eksteins

Rudolf Ekstein wurde am 9. 2.1912 als Kind jüdischer Eltern in Wien geboren. Seine Mutter starb bald nach seiner Geburt, so dass er von einer von ihm als sehr liebevoll erinnerten katholischen Pflegemutter betreut wurde. „Sein“ Bezirk war der 9., wo er in der Nußgasse 12 wohnte und die Grund- und Mittelschule besuchte und später in der Berggasse 9 den Mittelpunkt seines beruflichen Leben finden sollte.

Bereits als Untermittelschüler engagierte sich Ekstein im „Verein Sozialistischer Mittelschüler“, später auch bei den „Kinderfreunden“ und den „Roten Falken“. Auf emotionaler Ebene war das Gemeinschaftsgefühl für den als Einzelkind aufgewachsenen Rudolf das prägende Element, politisch orientierte er sich an dem Austromarxisten Max Adler, sowie Rudolf Carnap und dem Philosophen und Soziologen der Linken, Otto Neurath. Nach den Februarkämpfen des Jahres 1934 und dem Verbot der Arbeiterpartei agierte er in einem Kreis von gleichgesinnten jungen Menschen in der Illegalität gegen die damals schon spürbare faschistische Bedrohung. Wegen des ihm zugeschriebenen Judentums und seines sozialistischen Engagements war Ekstein mit sehr konkreten existentiellen Bedrohungen konfrontiert, die sein politisches Bewusstsein schärften und radikalisierten.

Ab seinem 14. Lebensjahr war Ekstein als Nachhilfelehrer, Horterzieher und in der Jugendarbeit der Roten Falken tätig. Er wollten Lehrer werden, und zwar ein besserer Lehrer als es seine eigenen gewesen waren, die ihm in einer psychischen Krise nach einer schweren Ohrenerkrankung mit Unverständnis und Abwertung begegnet waren.

Nach der Matura begann Rudolf Ekstein Psychologie zu studieren. Die damals dominierende „Wiener Psychologische Schule“ von Karl und Charlotte Bühler beschäftigte sich zwar mit entwicklungspsychologischen Themen, jedoch auf eine Weise, die den jungen Rudolf Ekstein nicht zufrieden stellte: „Die Universität dieser Zeit interessierte sich nicht für die innere, tiefere und unbewußte Welt der Kinder… und konnte daher keine Antworten geben auf die Fragen, die in mir auftauchten“ (Ekstein 1972d, S.268. Übersetzung durch die Autorin).

Angeregt durch die Lektüre von Siegfried Bernfelds „Sisyphos oder die Grenzen der Erziehung“ (1925) wandte sich Ekstein der Psychoanalyse zu. Zunächst absolvierte er den psychoanalytischen Lehrgang für Pädagogen, an den er eine reguläre psychoanalytische Ausbildung anschloss. Noch 50 Jahre später berichtete Ekstein mit großer Begeisterung von seinen damalige Lehrern, unter anderem Anna Freud, Margret Mahler, Richard Sterba und Robert und Jenny Waelder. „The revolutionary nutriment of Berggasse“ wurde zum Inhalt seines Lebens.

In seinen universitären Bemühungen konzentrierte sich Ekstein zunehmend auf die Philosophie, und er reichte bei Moritz Schlick seine Dissertation „Zur Philosophie der Psychologie“ ein. Der von ihm sehr verehrte Professor gab ihm die Arbeit jedoch zurück mit den Worten: „Sie haben meine Gedanken sehr gut wiedergegeben. Nun schmeißen Sie das Ganze weg und schreiben Sie Ihre eigenen Gedanken“ (Ekstein 1982, unveröffentlichtes Interview). Die überarbeitete Arbeit konnte Moritz Schlick jedoch nicht mehr begutachten: er wurde 1936 auf den Stufen der Universität das Opfer eines Attentats, sodass Ekstein seine Dissertation letztendlich doch bei Karl Bühler einreichte.

Philosophie, Psychologie, Psychoanalyse, politische Arbeit: auf institutioneller Ebene schlossen sich diese Bereiche oft aus. Dennoch Verbindungen zu finden und Brücken zwischen den verschiedenen Wissenschaften und Ideologien zu bauen – dies wurde Eksteins maßgebliche Aufgabe im Hinblick auf seine Identitätsfindung in jungen Jahren und sollte ihm bis ins hohe Alter ein vorrangiges Anliegen bleiben.

Der März 1938 brachte den großen Bruch in Eksteins Biographie: die erzwungene Emigration. Als Jude, als Psychoanalytiker und als Sozialist bot er ein dreifaches Motiv für Verhaftung und Deportation, weshalb Ekstein unmittelbar nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten im März 1938 Wien verließ. Ekstein lebte einige Monate in England, von wo er per Schiff nach Amerika fuhr.

Er ließ sich in New York nieder und bekam durch die Hilfe von Flüchtlingsorganisationen eine Stelle als Lehrer und setzte seine psychoanalytische Ausbildung fort. In Boston machte er eine Ausbildung zum Sozialarbeiter, die er 1941 abschloss. 1942 heiratete er seine in Amerika geborene, griechischstämmige Frau Ruth. Es war ihm schon 1939 gelungen, seinen Vater auch nach Amerika zu bringen, die meisten seiner Verwandten waren jedoch umgekommen.

Von 1947 bis 1958 fand Ekstein an der renommierten Menninger Clinic in Topeka einen neuen Wirkungsbereich. Er arbeitete als Therapeut, Lehranalytiker und Supervisor. Er forschte und publizierte dort vor allem zur psychoanalytischen Therapie von autistischen und Borderline-Kindern. In einer Fülle von klinischen Studien und Fallberichten zeigt sich sein außerordentliches Einfühlungsvermögen in die innere Welt schwerkranker Kinder und seine unkonventionelle Herangehensweise in der Therapie dieser „Grenzfallkinder“, die nur eine brüchige Verbindung zur Realität haben und lediglich auf Inseln der Normalität leben, um dann wie auf einer „Möbius-Schleife“ in ihre innere Welt zu gleiten, die zu erreichen und zu verstehen Ekstein ein großes Anliegen war.

Ebenfalls in Topeka beschäftigte sich Ekstein in Theorie und Praxis mit der psychoanalytischen Ausbildung und der Entwicklung von Supervisionskonzepten, die den Besonderheiten der psychoanalytischen Therapie in einem institutionellen Rahmen angepasst sind.

1958 übersiedelte Rudolf Ekstein mit seiner Frau Ruth und den beiden Kindern Rudi und Jeannie an die Westküste nach Los Angeles, wo er bis zu seinem Tod gelebt hat.

Zwischen 1958 und 1978 leitete er am „Reiss-Davis Child Study Center“ ein „Project on Child Psychosis“, dessen wichtigste Ergebnisse in dem Buch “Children of Time and Space, of Action and Impulse“ (1966; auf deutsch 1973: „Grenzfallkinder“) zusammengefasst sind. Es sind Bemühungen, Pfade zu finden, um in das „Wunderland der schizophrenen Erkrankung“ (Ekstein 1975) eindringen zu können.

Ekstein bemühte sich in jenen Jahren schwerpunktmäßig auch um eine Anwendung der Psychoanalyse in Erziehung und Unterricht und schloss damit an die Tradition der „Psychoanalytischen Pädagogik“ der Wiener Zwischenkriegszeit an. „From learning for love to love of learning“ ist der Titel eines 1969 erschienenen Sammelbandes, in dem Fragen des schulischen Lernens und der Lehrerausbildung unter psychoanalytischer Perspektive behandelt werden.

Spiegel von Eksteins Aktivitäten und Forschungsprojekte jener Jahre ist das von ihm herausgegebene “Reiss-Davis Clinic Bulletin”, das jedoch ebenso wie das Kinderpsychosenprojekt nach 20 Jahren aus finanziellen Gründen eingestellt wurde – was der sonst so versöhnliche Rudolf Ekstein zeitlebens nur mit Bitterkeit kommentieren konnte: “One afternoon the Board got together, the clinic was dissolved and I was out of job. No money – precipitous change, Twenty years of work down the drain” (1978, S. 14).

Ekstein zog sich in die private Praxis zurück und entfaltete eine ausgedehnte Referenten- und Vortragstätigkeit in den USA und auch in Österreich und Deutschland.

1961 reiste Ekstein zum ersten Mal nach der erzwungenen Emigration wieder nach Wien. Er traf alte Freunde und knüpfte neue berufliche Kontakte. Zwischen 1970 und 1996 verbrachte Ekstein beinahe jedes Jahr den Frühling in Wien, immer begleitet von seiner Frau Ruth. Er leitete Seminare zur Kinderpsychotherapie an der „Klinik Spiel“, gab Supervisionen und Ausbildungskurse und hielt im „Freud-Haus“ Fortbildungsveranstaltungen für Pädagogen ab.

Dieses Gerufen-Werden als Gastprofessor, Supervisor oder Lehrer bedeutete ihm, dem einst Vertriebenen, unendlich viel. Das Wissen, die psychoanalytische Kompetenz und die philosophische Weitsicht, die er sich in seinem beruflichen Leben in den USA erworben hatte, wollte er zurückbringen in jene Stadt, wo die Wurzeln für seine Identität zu finden waren.


Rudolf Ekstein, ca. 1982, (c) D. Steinlechner-Oberläuter

Ekstein erlebte zwei große Ehrungen des offiziellen Österreich: Die Einladung zum Kongress „Vertriebene Vernunft“ im Jahre 1987 (“dieses unglaubliche und merkwürdige Erlebnis”) und 1995 das Ehrendoktorat der Universität Wien, welches allerdings im Vorfeld durch antisemitische Äußerungen eines Professors der Medizinischen Fakultät getrübt worden war. 1998 wurde darüber hinaus  ein Sonderpädagogisches Zentrum in Wien in „Rudolf-Ekstein-Zentrum“ umbenannt. ((Das Betreuungsangebot des Rudolf-Ekstein-Zentrums (1200 Wien, Jägerstr.11-13) umfasst ambulante psychagogische Betreuung von Kindern an Pflichtschulen, sowie die Betreuung von Kindern mit besonderen sozial-emotionalen Bedürfnissen in der Schuleingangsphase im Rahmen des „Mosaikklassen-Modells“.))

Wenngleich  Ekstein auch immer wieder betonte, in Los Angeles eine zweite Heimat gefunden zu haben: der Schmerz über den Bruch in seiner Lebensgeschichte und über seine Zerrissenheit wurde dadurch nicht kleiner. Im Gegenteil: manche seiner späteren Auftritte in hohem Alter waren herzzerreißend. Er begann mehr und mehr, im idealisierten Wien seiner Kindheit zu leben. Nach 1997 war es Ekstein aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich, weiterhin nach Wien zu reisen.

Nach langer Krankheit verstarb Rudolf Ekstein am 18. 3. 2005 in Los Angeles. Seine Kinder Jeannie und Rudi wollen dem Wunsch ihres Vaters, in Wien begraben zu sein, nachkommen.

Zum Werk von Rudolf Ekstein: „The Teaching and Learning of Psychotherapy“

Ekstein entwickelte zwischen 1958 und 1975 Konzepte zur Supervision und Pädagogenfortbildung. 1956 wurden „Minimal Standards“ der psychoanalytischen Ausbildung und damit auch die Zwecke und Ziele von Supervision festgelegt. Ekstein schaltete sich in die Debatte mit folgenden Thesen ein:

– Ziel der Supervision ist es, „to integrate the motive for helping and the technique for helping“ (Ekstein 1979,S.156).

– Supervision ist nicht Therapie und nicht technisch-didaktische Anweisung, sondern ein Lern- und Lehrprozess, in dem die Analyse der Gegenübertragungsgefühle des Supervisors und des angehenden Therapeuten als Ausgangspunkt dienen, um zu einem vertieften Verständnis des Patienten und der anstehenden therapeutischen Interventionen zu kommen. Meist stellt sich ein „parallel process“ ein, d. h. zwischen Supervision und Supervisand entwickelt sich eine ähnliche Dynamik wie zwischen Supervisand und Patient.

– Die Ausbildung gibt Standards und Regeln vor. Der Supervisor muss auch beurteilen. Machtaspekte und strukturelle Einflüsse müssen offen reflektiert statt negiert werden mit dem Ziel, einerseits die Supervisionsbeziehung lebendig und kongruent halten zu können und andererseits durch Rückmeldungen an das System in diesem Flexibilität und institutionelle Weiterentwicklung zu fördern.

Aus heutiger Sicht sind Eksteins Überlegungen erstaunlich modern, was die Einbeziehung des systemischen Gesichtspunkts und die technisch-praktischen Empfehlungen für den Supervisor betreffen. Gegenübertragungsreaktionen sind für Ekstein im Rahmen einer Supervision nicht in erster Linie Ausdruck von der individuellen Pathologie des Supervisanden, sondern eine Inszenierung der unbewussten Konflikte des Patienten, die es zu entschlüsseln gilt. Eksteins Gedanken erinnern sehr an Alfred Lorenzers Konzept des “szenischen Verstehens”, das jedoch in einem anderen historischen Zusammenhang und zeitlich etwas später entwickelt wurde. Ekstein vermeidet es konsequent und bewusst, den Ausdruck “Gegenübertragung” außerhalb des therapeutischen Kontexts zu benutzen. Dies führt dazu, dass Eksteins Texte zu Ausbildungsfragen heute etwas mühsam zu lesen sind, da die von ihm entwickelte Terminologie dem heutigen Leser nicht geläufig ist. (“problems about learning”, “learning problems”, “defensive style”, “teaching style”etc.).

1969 erstellte Ekstein (1969a) ein graphisches Modell für die im Rahmen eines psychoanalytischen Ausbildungsinstituts ablaufende Lern- und Lehrprozesse zwischen Student, Lehranalytiker, Seminarleiter, Kontrollanalytiker, Supervisor und Ausbildungsleiter mit dem Ziel, durch die Kenntnis möglicher “blinder”, “tauber” und “stummer” Flecken das Lernen und Lehren von Psychoanalyse als Entwicklungsprozess zwischen Ausbildungsstandards und individuellen Herangehensweisen differenzierter verstehen zu können. Darüber hinaus ist es ihm ein Anliegen, Psychoanalyse nicht nur als Therapiemethode zu vermitteln, sondern das der Psychoanalyse eigentlich grundgelegte Junktim zwischen Heilen und Forschen als Bestandteil der beruflichen Identität von Psychoanalytikern zu fördern.

Seine Empfehlungen sieht er als “Beitrag zur Entwicklung und Stärkung von Ausbildungsinstituten, die sich charakterisieren lassen durch spontane, flexible Kontinuität und durch wohlwollende, kreative und wachstumsförderliche Autorität” (1969b, S. 212; Übersetzung von der Autorin) – eine nützliche Vision, damals wie heute.

Zur Psychologie und Therapie von psychotischen und Grenzfallkindern

Ekstein bezeichnete die äußerst schwierigen Probleme der Psychotherapie von kindlichen Psychotikern als “Hauptanreiz für unsere Arbeit” (1973). Seine Falldarstellungen sind faszinierende Berichte über seine Erkundungen im “Wunderland der schizophrenen Erkrankung” (Ekstein 1975) und lassen uns Ekstein als einen charismatischen, einfühlsamen und – wenn es um die Überwindung von Problemen geht – auch hartnäckigen Begleiter dieser psychisch schwerst gestörten Kinder lebendig werden. Für ihn waren dies wissenschaftliche und menschliche Herausforderungen: Kontakt aufzunehmen mit jenen, die nichts so sehr fürchteten wie diesen Kontakt; den massiven Aggressionen und manifesten Ablehnung zu widerstehen und dahinter die verwundeten und verängstigten Seelen wahrzunehmen; Hoffnung zu vermitteln ohne auf eine vorschnelle Aufgabe des mühsam errungenen, wenn auch psychotischen Gleichgewichts zu drängen. “Außer der Angst und dem Haß, den diese Kinder erregen, verlangen sie außerordentlich viel Liebe, unendliche Geduld, Zartheit, Geschicklichkeit und Hingabe” (Ekstein 1973,196). All dies scheint Eksteins besondere Begabung gewesen sein. Da für Ekstein Therapie und Forschung Hand in Hand gingen, hat er zahlreiche theoretische Texte zur Diagnostik, Entwicklungspsychologie und Therapie schwerst gestörter Kinder verfasst oder herausgegeben.

Einige Konzepte sind:

– das psychotische Spiel “als Königsweg, nicht nur zu den unbewussten Prozessen und Konflikten, sondern auch zu einem Verständnis der primitiven Ich-Organisation und ihren Entwicklungsablauf bei der Psychose im Kindesalter” (Ekstein 1973,101);

– das Konzept des Agierens als Form der Kommunikation und als “call for help or control” (Ekstein 1966a,1747),

– die Entwicklung und Funktion von Sprache und “Sprachraum” im Zusammenhang mit dem Kampf um Individuation

– das Konzept des “Möbiusstreifen”, als Modell für die Struktur der psychischen Organisation von Grenzfallkindern, wo Innen und Außen, Ich und Nicht-Ich ineinander übergeht;

– die “Deutung in der Metapher” als eine regressiven Zuständen angepasste Interventionsform, die Rücksicht auf das Distanzbedürfnis der kindlichen Patienten nimmt und dadurch der Aufrechterhaltung der Kommunikation dient.

– die therapeutischen Strategien von “echo” und “mirror” sowie der “Arbeitspakt mit dem Ungeheuer”.

Die besonderen Gegenübertragungsprobleme in der Arbeit mit psychotischen Kindern fanden Eksteins besondere Aufmerksamkeit.

“ Wenn wir von Gegenübertragung in der Arbeit mit neurotischen oder psychotischen Kindern sprechen, betrachten wir sie nicht nur als ein Hindernis für die Arbeit, wie man früher angenommen hat. … Wird sie als Hilfsmittel verstanden, um den Patienten zu verstehen, dann kann sie auch den Weg für den weiteren Behandlungsverlauf weisen” (Ekstein 1973, S. 269). Heftiger Hass, Liebe, Wut, übertriebener Optimismus oder tiefe Hoffnungslosigkeit und Einsamkeit sind Gefühle, die den Therapeuten aber auch die mit der Betreuung der Kinder befassten Personen wie Eltern, Erzieher, Lehrer, Sozialarbeiter phasenweise überschwemmen können. Durch ein reflektiertes und reflektierendes “total and unified treatment program” (Ekstein 1976, S. 250) soll ein Gegen-Agieren der Institution und eine Aufspaltung der verschiedenen Funktionsträger je nach zugeschriebener Übertragungsrolle verhindert werden. Ekstein plädiert für einen von wechselseitiger Achtung und Respekt getragenen Kooperation der verschiedenen Professionen.

Eine Studie zur Rezeption und Wirkungsgeschichte von Eksteins Autismus- und Borderlinetheorien steht noch aus. Im deutschsprachigen Raum ist sein 1973 auf Deutsch erschienenes, derzeit leider vergriffenes Buch “Grenzfallkinder” mittlerweile ein Klassiker auf dem Gebiet der Borderline- und Autismusforschung. 1994 hat der Nürnberger Psychiater und Psychoanalytiker Jörg Wiesse einige wesentliche Texte Eksteins neu herausgegeben bzw. übersetzt. Es sind dies jedoch nur einige wenige im Vergleich zu den vermutlich über 200 Titeln, die Ekstein im Bereich der Psychosenforschung publiziert hat.

Ich vermute jedoch, dass sich Eksteins Wirksamkeit in Österreich und Deutschland weniger auf Bücher und Texte begründet ist als auf seine persönliche Präsenz, seine Lehr- und Supervisionstätigkeit in Institutionen wie der Wiener Klinik Spiel oder im Verein für Psychoanalytische Sozialarbeit um Stephan Becker, der anläßlich der Verleihung des Ehrendoktorats an Ekstein schreibt: “Alles, was wir heute verstehen über die Behandlung und Begleitung sehr schwieriger, insbesondere psychotischer Kinder und Jugendlicher, ist ohne das, was Du uns gezeigt hast, undenkbar” (unveröffentlicher Brief).

Psychoanalyse und Erziehung

“Nach meiner Einschätzung gibt es keinen emigrierten deutschsprachigen Pädagogen beziehungsweise Psychoanalytiker, der in vergleichbar konsequenter, zeitlich und thematisch kontinuierlicher Weise wie Rudolf Ekstein die durch den Nationalsozialismus nahezu zerstörte Tradition der Psychoanalytischen Pädagogik im amerikanischen Exil fortgeführt hat” (Kaufhold, 2001, S. 114).

Dies geschah durch die Entwicklung theoretischer Konzepte, aber auch durch das Anbieten von Fortbildungsveranstaltungen für Pädagogen: Ab 1961 wurden am Reiss-Davis Child Study Center regelmäßig Kurse für Volksschullehrer angeboten, die schließlich in ein Postgraduiertenprogramm übergingen. Mit der Schließung der Klinik fand ebenso wie das Psychosenprojekt auch dieses Projekt ein Ende. Ekstein hat jedoch nie aufgehört, in den verschiedensten Settings mit interessierten Lehrern zu Fragen der Anwendung der Psychoanalyse in pädagogischen Praxisfeldern zu arbeiten.

Ekstein Konzepte von “learning-readiness” und “teaching-readiness” (1969) sind Ausdruck seiner Bemühung, den Pädagogen psychoanalytische Theorie in praxisrelevanter Form zur Verfügung zu stellen und zu vermitteln. Auf der Basis von Anna Freud psychogenetischen Entwicklungslinien formulierte er die “Entwicklungslinie des Lernens”, eine Systematisierung der psychischen Faktoren von Lernfähigkeit und Lernbereitschaft unter allen metapsychologischen Gesichtspunkten.

Unter “teaching-readiness” verstand er die psychischen Voraussetzung für Lehrmotivation. Die Voraussetzung dafür, die anvertrauten Kinder bestmöglich verstehen und führen zu können, ist nach Ekstein dann gegeben, wenn das “innere Kind” nicht verleugnet und die eigenen biographischen Erfahrungen mit Lernen und Lehren ausreichend reflektiert wurden. Bezüglich der Lehrerausbildung setzte Ekstein deshalb – und damit schloss er an die Tradition der “Pädagogenanalyse” der Psychoanalytischen Bewegung an – neben der Vermittlung von theoretischem Wissen auf umfassende persönliche Analyse der Pädagogen, und “above all” auf Supervision, wo die Integration von Wissen und Können hauptsächlich vor sich gehen soll. In Anlehnung an Bernfeld fordert Ekstein jedoch neben der Betrachtung individueller psychischer Lern- und Lehrvoraussetzungen auch die Analyse der gesellschaftlichen Situation, in der Lernen vor sich geht. Seiner Auffassung nach schärft und entwickelt sich professionelles Handeln erst durch die Reflexion beider „Grenzen der Erziehung“, der unbewussten inneren als auch der gesellschaftlichen.

In vielen Beiträgen bemühte sich Ekstein auch um eine Standortbestimmung der Psychoanalytischen Pädagogik und um eine Klärung möglicher Kooperationsformen von Psychoanalyse und Pädagogik (z. B. Ekstein (1963)) Seine Vorstellung einer “living bridge” sieht einer klare Trennung von Aufgaben und Zielen der jeweiligen Disziplinen vor mit der Option einer engen, von gegenseitigem Respekt getragenen Kooperation. Pädagogen sollten Pädagogen bleiben und ihr berufliches Selbstverständnis nicht in Richtung “Psychotherapeuten” korrigieren, wie es in den USA im Zuge der Medizinalisierung der Psychoanalyse gang und gäbe war. Was die Zusammenarbeit von Pädagogen und Psychoanalytikern betrifft, so hat es Ekstein in seiner konkreten Arbeit in den letzten 60 Jahren immer wieder vermocht, “ein engagiertes, interdisziplinär arbeitendes Team von Psychoanalytikern, Pädagogen und Sozialarbeitern um sich zu versammeln, um besonders für psychisch schwer beeinträchtigte Kinder und Jugendliche ein breit gefächertes Förder- und Behandlungsangebot zu kreieren” (Kaufhold, 2001, S. 114).

Ekstein hielt 1970 den Eröffnungsvortrag der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung in Wien. Sein Thema: “Die Anwendung der Psychoanalyse auf Erziehung und Unterricht”. Die Themenwahl muss für die damalige psychoanalytische Gesellschaft wenn nicht eine kleine Provokation, so doch eine Herausforderung gewesen sein: in weit geringerem Maße als in den USA, aber dennoch unmissverständlich hatte sich im deutschsprachigen Raum die Psychoanalyse hauptsächlich als eine Therapiemethode etabliert. Die pädagogische Anwendung war zu jenem Zeitpunkt aus dem Blickfeld geraten – und wurde gerade von einige Emigranten wie auch Ernst Federn, die ihre Ausbildung im Wien der Zwischenkriegszeit nicht vergessen hatten, wieder an den Ort ihrer Entstehung zurückgebracht.

1970 gab es keine Psychoanalytische Pädagogik im deutschsprachigen Raum. Wie die inzwischen zahlreich erschienen Schriften zur Geschichte der Psychoanalytische Pädagogik deutlich machen, war Füchtners 1978 erschienener Artikel “Über das Verschwinden einer Wissenschaft und die Folgen” so etwas wie eine “Zeitzündung” für eine Rezeption der Geschichte und für die Entwicklung neuer Konzepte. Während es zunächst nur darum ging, die Theorie der Psychoanalyse in theoretische Praxisfelder hineinzutragen, so brachte Hans- Georgs Treschers 1985 vorgelegte Standortbestimmung einen Paradigmenwechsel: er betrachtet die systematische Reflexion von Übertragungs-Gegenübertragungs-Beziehungen, das sogenannte “szenischen Verstehen”, als Kernbereich jeglicher psychoanalytischer Methodik, in welchem Setting auch immer. ((Das Setting der psychoanalytischen Therapie erscheint unter diesem Gesichtspunkt als eine von vielen möglichen Anwendungen, wenn auch die am besten untersuchte und erprobte.))

Diese Auffassung machte den Weg frei für eine Psychoanalytische Pädagogik, deren Zugang zum Klienten also nicht nur über den Intellekt, durch das Wissen über psychoanalytische Theorie, sondern über die wahrgenommene und zu reflektierende Emotionalität die Gegenübertragung des Pädagogen oder der Pädagogin erfolgt. Statt einer Deutung der so verstandenen Beziehungs- und Konfliktdynamik geht es in pädagogischen Settings um einen “fördernder Dialog” (Aloys Leber) mit dem Zögling oder um die Bereitstellung “korrektiver emotionaler Erfahrungen” im konkreten Alltag.

Ekstein konnte sich in diesen Auffassungen sehr gut wiederfinden, bzw. „passten“ diese gut zu den Bemühungen einer jüngeren Generation, die Psychoanalytische Pädagogik wieder zu aktivieren. ((Siehe z.B. Trescher (1985); Kaufhold (2001).))

Eksteins Beitrag zur Stärkung und Institutionalisierung einer „neuen“ Psychoanalytischen Pädagogik in Wien und Deutschland erfolgte einerseits durch die Rezeption seiner Schriften, aber – vergleichbar seinem Einfluss auf die Kinderpsychosentherapie – wahrscheinlich wesentlich nachhaltiger noch direkt durch seine Tätigkeit als Seminarleiter und Supervisor in Wien und Deutschland.

Rudolf Ekstein engagierte sich beispielsweise in der Aus- und Fortbildung der Wiener „PsychagogInnen“, die als tiefenpsychologisch und systemisch ausgebildete Lehrerinnen außerhalb des Klassenverbands mit jenen Kindern arbeiten, deren Persönlichkeitsentwicklung einer besonderen Unterstützung und Förderung bedarf. Seit 1998 trägt das Wiener „Sonderpädagogische Zentrum für Integrative Betreuungsformen“ ((Das Betreuungsangebot des Rudolf-Ekstein-Zentrums (1200 Wien, Jägerstr.11-13) umfasst ambulante psychagogische Betreuung von Kindern an Pflichtschulen sowie die Betreuung von Kindern mit besondern sozial-emotionalen Bedürfnissen in der Schuleingangsphase im Rahmen des „Mosaikklassen-Modells“. Siehe die Beiträge von Eva Posch-Bleyer und Christine Kratochvil in diesem haGalil-Themenschwerpunkt.)) als Ausdruck der Verbundenheit und Wertschätzung des Gedankenguts der Person Rudolf Ekstein die Zusatzbezeichnung „Rudolf Ekstein Zentrum“. Interdisziplinarität, Selbsterfahrung der Pädagoginnen, die Auffassung von Lernen und Lehren als Beziehungsgeschehen, das Wissen um den Faktor „Zeit“ für Entwicklungsprozesse sind einige der Leitbilder dieser Schule, der Rudolf Ekstein deshalb nach gründlicher Prüfung sehr gerne seinen Namen gegeben hat.

Philosophische Schriften

“Von Zeit zu Zeit, während ich meinen psychoanalytischen Interessen nachging, habe ich das Befassen mit rein technischen und klinischen Problemen unterbrochen, um zur Klärung von philosophischen Problemen zurückzukehren und um theoretische psychoanalytische Konzepte klarer zu machen und auf diese Weise auch da Werkzeug der technischen Intervention zu verbessern” (Ekstein 1981b, S. 64).

Als Ekstein als junger Mann die Philosophie zu seinem Hauptstudienfach wählte war dies dem Einfluss von Moritz Schlick – “that great teacher” – zu verdanken. Ekstein erinnert die Begegnung mit dessen radikaler Philosophie als “an inner revolution” und “deeply touching” (Ekstein 1972a,269). Ekstein dissertierte über das Thema “Zur Philosophie der Psychologie “ (1937), von dem er 45 Jahre später sagten sollte :”…ein Thema, das mich seither nicht verlassen hat” (Oberläuter 1983, S. 402).

Die von Schlick propagierte “Wende der Philosophie” bestand darin, dass Philosophie nicht mehr als ein System vom Sätzen aufzufassen sei, sondern als eine Tätigkeit, die in der Klärung von Begriffen und der logischen Analyse von Sätzen der empirischen Wissenschaften zu bestehen habe. ((Das grundsätzliche Programm des “Wiener Kreises” umfasste noch andere wesentliche Themenbereich. Vorliegender Text bezieht sich nur auf jene philosophischen Annahmen, die Ekstein in seinen Schriften aufgenommen und weiterentwickelt hat.))

Der junge Rudolf Ekstein war fasziniert von der Möglichkeit, durch logische Analyse der Sprache existierende, festgefügte und scheinbar ewige metaphysische Systeme kritisieren und sprengen zu können. Hatte er durch die erste Zurückweisung seiner Dissertation durch Schlick wegen der mangelnden Eigenständigkeit seiner Gedanken verstehen können: “Ich darf meine eigenen Gedanken haben!” (Oberläuter 1983:402), so wurde er als Philosoph zum “clarifier of thought” (1972b, S. 8), der sich angewöhnt hatte, nach den Bedeutungen von Handlungen, Gedanken und Sätzen zu fragen. Der Brückenschlag zur Psychoanalyse, der es auch um die Klärung von Bedeutungen und der Hinterfragung von Manifestem geht, ist an dieser Stelle naheliegend und wurde von Ekstein  vor allem für den Prozess der Deutung im psychotherapeutischen Kontext als auch für die “Sprache der Psychotherapie“ in etlichen Schriften formuliert (z. B. Ekstein 1981a, 1981e).

1989 wurden die wichtigsten philosophischen Schriften Eksteins in dem Buch „The language of Psychotherapy“ in der Reihe „Foundations of Semiotics“ von Achim Eschbach neu herausgegeben. Der Bogen spannt sich in diesem Band, den Rudolf Ekstein sowohl Moritz Schlick als auch Karl Bühler gewidmet hat, von frühen, ganz in der Tradition der Wiener Philosophischen Schule stehenden Beiträgen  aus den 40-er Jahren (z. B. 1941, 1942), über eine neuerliche Auseinandersetzung mit Karl Bühlers Sprachtheorie (Ekstein 1966b) zu jenen Arbeiten, wo Ekstein in seiner Auseinandersetzung mit „Sprache“ – auch darin wieder Brückenbauer und auf der Suche nach Integration verschiedener biographisch bedeutsamer Verstehensansätze – den psychoanalytischen Prozess im Hinblick auf das „Sprachspielkonzept“ von Ludwig Wittgenstein untersucht.

Aus Sicht der Psychoanalyse sind Eksteins “Grenzüberschreitungen” in Richtung Philosophie interessante Ausflüge in ein benachbartes Land, die originelle “Außenansichten” von psychoanalytischen Themen ermöglichen. Eksteins Umgang mit Definitionen und Begriffen ist dabei eher spielerischer Natur, stringente Ableitungen sind ihm weniger wichtig als das kunstvolle, oft assoziative Verweben des gedanklichen Materials.

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“In welcher Sprache soll ich zu dir sprechen?” Ich erinnere mich, dass ein Plakat mit diesem Text die Räume der Salzburger “Werkstatt für Gesellschafts- und Psychoanalyse“ ((Siehe. hierzu etwa diese Studie www.ubs.sbg.ac.at/people/WERK.pdf)) schmückte, als Ekstein im 1984 dort als Referent zu Gast war. Ich vermute, dass es dabei die Zweisprachigkeit von Ortstafel ging. Aber Ekstein fand es unglaublich, dass er in den Räumen einer kleinen, studentischen, an Psychoanalyse interessierten Salzburger Gruppe einen Slogan fand, der im wesentlichen all dies enthielt, was sein aktuelles psychologisches und philosophisches Forschen und Denken umfasste. Solche Koinzidenzien konnten ihn begeistern und waren Anlass für ihn, sich gleich ein bisschen daheim zu fühlen und in der ihm eigenen Art wieder einmal Brücken zu schlagen, in dem Fall zwischen den philosophischen Konzepten eines amerikanischen Wissenschafters und den politischen Anliegen einer studentischen Gruppe. Wie Ekstein auf seinem Statement beim Kongress „Vertriebene Vernunft“ erzählt hat (Ekstein 1987, S.457), hat er damals dieses Plakat nach Amerika mitgenommen und in seinem Haus aufgehängt  – als ein weiteres seiner “aufgelesenen Bruchstücke von Utopien” (Koelbl 1989,S.59), die er zeitlebens gesammelt, aber auch immer wieder äußerst großzügig verschenkt hat.

Rudolf Ekstein ist tot. Seine Schriften sind jedoch nach wie vor ein Fundus für Philosophen und Praktiker, für Psychologen und Historiker, für Amerikaner und Europäer und laden die Leserin oder den Leser ein, der ganz persönlichen Utopie des Rudolf Ekstein auf die Spur zu kommen – oder aber der eigenen.

Themenschwerpunkt Rudolf Ekstein


Literaturverzeichnis:

Literatur von Ekstein, Rudolf:

1941: The philosopical Refutation. In: The Journal of Philosophy, vol. xxxiii,no.3:57-67.

1949: The language of psychology and of everyday life. In: Psychological Review 49, 182-190.

1963: Psychoanalyse und Erziehung – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. In: Praxis der Kinderpsychologie und Kinderpsychiatrie, Vo. 12: 213-224.

1966a: Children of Time and Space, of Action and Impulse: Clinical Studies on the Psychoanalytic treatment of severly disturbed children. N.Y., Appelton Crofts.

1966b: Karl Bühler and psychoanalysis. In: Journal of General Psychology, 75: 204-212.

1969: (with R.L. Motto) From learning for love to love of learning.       N.Y., Brunner-Mazel Inc.

1969a: Concerning the Teaching.

1969b: Thoughts Concerning the Appointment and Election Procedure for Training Analysts  and Other Faculty Members. In: J. of Nervous and Mental Disease, 149(2): 208-212.

1972a: In Quest of the Professional Self. In:A. Burton: Twelve Therapists. San Francisco, Jossey Bass.

1972b: Brief Psychotherapy and Crisis Intervention Versus Intensive Psychotherapy. In: Reiss-Davis Clinic Bull. 9(2): 69-74.

1973: Grenzfallkinder. München, Reinhard.

1975 Schizophrene Jugendliche im Kampf um Trennung und Individuation. In: Psyche 5/75: 445-469.

1976: In Search of Love and Competence N.Y., Brunner/Mazel Inc.

1978: Precipitous Change and Its Effects. In: Bulletin of the So.Calif. Psa. Institute. Fall.

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Sekundärliteratur:

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Koelbl, H.: Rudolf Ekstein. In: Jüdische Portraits. Frankfurt/M.,1989, S. 61-66 sowie in Kaufhold, R. (Hg.) (1994): Annäherung an Bruno Bettelheim (Nur noch beim Autor für 12 Euro plus Porto erhältlich: roland.kaufhold (at) netcologne.de).

Oberläuter, Dorothea (1983): Rudolf Ekstein – Leben und Werk. Dissertation, 1983.

Oberläuter, Dorothea (1985): Rudolf Ekstein – Leben und Werk. Kontinuität und Wandel in der Lebensgeschichte eines Psychoanalytikers. Geyer-Edition, Wien 1985.

Trescher, Hans.Georg (1985): Theorie und Praxis der Psychoanalytischen Pädagogik. Frankfurt, 1985.

Wiesse, Jörg (1994): Ekstein und die Psychoanalyse. Göttingen 1994.

 

Diese Studie ist zuvor in der österreichischen Zeitschrift Werkblatt, Zeitschrift für Psychoanalyse und Gesellschaftskritik, Nr. 55, Heft 2/22. Jg., 2005 erschienen.  Wir danken den Herausgebern Albert Ellensohn & Prof. Dr. Karl Fallend sowie der Autorin für die freundlich erteilte Nachdruckgenehmigung und empfehlen eine Lektüre dieses bemerkenswerten Periodikums. Bestellung über: albert.ellensohn (at) salzburg.at