„Wir sind die neuen Juden“

4
24

Am 27.1., dem Holocaust-Gedenktag, fand in Wien der WKR-Ball in der Wiener Hofburg statt, der von rechtsextreme Burschenschaften mitgetragen wird. Rund 10.000 Menschen haben dagegen demonstriert. Die Skandale folgten im Nachgang: Rechtsextreme sehen sich als die „neuen Juden“ und ein vorm. Nationalratsabgeordneter wird vor den Augen der Polizei von einem mutmaßlich Rechtsextremen verprügelt…

Der Glocalist

Wie schon mehrfach berichtet fand am Holocaust-Gedenktag in der Wiener Hofburg der WKR-Ball der Burschenschaften statt, wo sich zahlreiche rechtsextreme Organisationen im Ball-Komitee finden.

Schon im Vorfeld kam es zu dramatischen Appellen an die Bundesregierung und an die Wiener Hofburg, diesen Ball absagen zu lassen, so von der Israelitischen Kultusgemeinde bin hin zur Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek. Ein breites Bündnis, organisiert von SOS-Mitmensch, rief zu einer Kundgebung gegen den Ball sowie vielen weiteren Aktionen gegen Rechtsextremismus auf, so eine Gedenkveranstaltung am Wiener Heldenplatz mit rund 2.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Wenige Tage vor dem Ball leistete sich schließlich die Österreichische UNESCO-Kommission noch den Skandal, diesen Ball zum immateriellen Kulturerbe Österreichs zu erklären.

Der Ball fand statt, es kamen rund 3.000 Besucherinnen und Besucher, darunter die Tochter von LePen, Marine LePen, und andere rechte bis rechtsextreme Prominenz aus Europa. Die FPÖ zeigte sich wieder als Gastgeber des europäischen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Der Balleröffnung standen rund 10.000 Menschen gegenüber. Es kam zu 20 Festnahmen und rund 10 Verletzten. Die Polizei ging, wie man auf zahlreichen Videos auf YouTube sehen kann, stramm gegen die Demonstranten vor.

Polizei sieht Prügelorgie eines mutmaßlich Rechtsextremen zu

Dieses „Blind-auf-dem-Rechten-Auge-Sein“ eskalierte schließlich. Vor den Augen von 6 Polizisten wurde der ehemalige EU-Abgeordente, Nationalratsmitglied und vormaliges Bundesratsmitglied sowie Träger des Goldenen Ehrenzeichen für die Verdienste der Republik, Albrecht Konecny (SPÖ), mit einem Schlagring von einem mutmaßlich Rechtsextremen niedergeschlagen, wie DER STANDRAD berichtet. Die daneben stehende Polizei unterließ jegliche Hilfestellung noch schritt sie ein. Dies wird ohne Zweifel ein massives juristisches Nachspiel haben. Die nachfolgende Täterbeschreibung wie Augenzeugenberichte lassen darauf schließen, dass es sich um einen Rechtsextremen gehandelt habe.

Dieses sehr einseitige Vorgehen wird auch durch empörte Stellungnahmen der Österreichischen Hochschülerschaft und SOS-Mitmensch zu weitere Vorfällen unterstrichen.

„Die Polizei schlägt sich eindeutig auf die Seite der Burschenschafter. Dass ein erleichterter Zugang zur Hofburg wichtiger gewertet wird als ein legitimer Protest, ist empörend.“, so die Österreichische Hochschülerschaft in ihrer Pressemitteilung. SOS Mitmensch berichtete in ihrer Presseaussendung, dass Aktivistinnen gegen den WKR-Ball von einem Ballbesucher mit Pfefferspray attackiert worden seien, ohne Einschreiten der Polizei. SOS Mitmensch zeigt sich über „das Nichteinschreiten“ der Polizei „befremdet“.

Klage gegen die Israelitische Kultusgemeinde

Die Israelische Kultusgemeinde formulierte dies scharf und der 3. Nationalratspräsident, Graf (FPÖ), droht mit Klage. Dazu die Israelitische Kultusgemeinde: „Die Israelitische Kultusgemeinde sieht den aktuellen Klagsdrohungen des Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (F) “mit Gelassenheit entgegen”. Man sei davon überzeugt, dass ein solches Unterfangen nur mit einer blamablen Niederlage für den freiheitlichen Politiker enden könne. Die Querverbindungen der Burschenschaften des Wiener Korporationsrings, insbesondere von Grafs Verbindung Olympia mit Rechtsextremismus und Geschichtsrevisionismus seien eindeutig. Graf hatte heute erklärt, Anzeigen unter anderem gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, zu prüfen. Für den Freiheitlichen ist in Aufrufen zur Gegendemonstrationen zum WKR-Ball der Tatbestand der Verhetzung erfüllt.“.

„Wir sind die neuen Juden“ – Klage wegen Verbotsgesetz?

Nach Berichten u.a. vom DER STANDARD wird Heinz-Christian Strache, Obmann der Freiheitlichen Partei, die als Hauptgastgeber am WKR auftritt, zitiert, dass sie, die FPÖ und die Rechten, die „neuen Juden seien“ und verglich angebliche Angriffe auf Korporationshäuser in Wien mit der Reichspogromnacht, Klaus Nittmann, Chef der FPÖ-Bidlungseinrichtung, wird zitiert, dass nun wohl Unternehmen, die den WKR-Ball unterstützt haben, den Judenstern „aufgeklebt bekommen“.

Aktuell wird geprüft, ob hier Verharmlosung nach §3 des NSDAP-Verbotsgesetz vorliegt, welches da lautet:

„§ 3h. Nach § 3g wird auch bestraft, wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.“

In Summe dürften sich in Österreich ungarische Verhältnisse entwickeln.

4 Kommentare

  1. Wenn man Objektiv berichten will sollte man schon dazu schreiben das der Ball immer an diesem Tag/Wochenende statt findet.Die SPÖ an diesem Tag auch einen Tanz veranstaltete und sich Moslems andauernd als die neuen Juden bezeichnen und das noch nie zu einem Aufschrei geführt hat.
    Auf dem Weg dorthin wurde sogar eine Blinde Frau angegriffen-natürlich kann man das nicht mit dem 3.Reich vergleichen aber wie fing es dort an?
     
     
     

  2. Einige Verlinkungen zum Thema:
    .
    Tagesschau zu Treff der Burschis:
    .
    http://www.tagesschau.de/ausland/burschenschaftsball106.html
    .
    Viele Bilder besonders von den berufsmäßig uniformierten Beschützern der freiwillig uniformierten Ballbesucher;
    .
    http://www.flickr.com/photos/agfreiburg/sets/72157629080367653/
    .
    Bericht in Indymedia – auch die von der Moderation als zu versteckend betrachteten Kommentare lesen (unten unter „Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen“, vor Allem den von 15:17 Uhr!
    .
    http://de.indymedia.org/2012/01/324006.shtml?c=on#c750763

  3. In Summe dürften sich in Österreich ungarische Verhältnisse entwickeln.
     
    Hoffentlich nicht!
     
    Wenngleich natürlich die Voraussetzungen leider sehr ähnlich sind. Die jeweilige Mentalität wird immer noch stark vom vorherrschenden Katholizismus bestimmt. In beiden Ländern sind etwa zwei Drittel der Bevölkerung katholisch.
     
    Leider stellen Katholiken grundsätzlich nicht genug in Frage, sie glauben in ihrer Mehrheit an, und vertrauen auf, ihren Gott, und das war’s dann auch schon.
     
    Wenn Katholiken etwas kritischer wären, gäbe es längst auch kircheneigene Bücher, in denen man alles ungeschminkt über die eigene Religion nachlesen könnte, nicht nur über die Highlights, die guten Taten, sondern auch über die so zahlreichen Kirchenverbrechen, über die Massenmorde, über die Hasspropaganda mit Langzeitwirkung, über die Verfolgungen mit religiösem Hintergrund von diversen Minderheiten, die sich noch bis ins 20. Jh. hinzogen.
     
    Weil aber Katholiken nicht fragen und keine Forderungen nach Aufklärung über die ganze katholische (Un-)Heilsgeschichte stellen, verharren sie weiter in Unwissen und halten sie fest an den alten Aversionen gegen Juden und andere vermeintliche Feinde ihrer Kirche.
     
    Abhilfe schaffte nur eine ständige Konfrontation dieser Katholiken mit den zweitausendjährigen Verbrechen ihrer Institution, ein ständiges Daranerinnern und Mahnen.
    Viele Katholiken sind nämlich keinesfalls so verbohrt wie ihre Kirche und oft sind es ganz kleine Argumente, die zum Nachdenken anregen und dazu führen, dass Katholiken auch Bücher nichtkatholischer Autoren zur Hand nehmen und beginnen ihr Weltbild aktiv zu verändern.
     
    Österreich bräuchte, ebenso wie Ungarn, sein eigenes haGalil!

Kommentarfunktion ist geschlossen.