Dämonisierung statt Aufklärung und Toleranz: Ausgerechnet von Juristen

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Wenn es um das Thema „Schächten“ geht, sehen viele Antisemiten und Fremdenfeinde eine willkommene Gelegenheit zu Propaganda und Hetze. Unter dem Mantel der Tierliebe werden Ressentiments gegen Menschen geschürt…

Eine Stellungnahme von Hanna Rheinz

Leider hat sich der Verband der Juristen für Tierrechte (www.pro-iure-animalis.de) zur Kooperation mit den Schächtgegnern des „Arbeitskreises humaner Tierschutz“ (www.arbeitskreis-tierschutz.de) entschieden, die – wie andere – seit je in manipulativer Weise mit Feindbildern arbeiten, um Fremdenhaß zu erzeugen, anstatt ausgewogen zu informieren.

Anstatt sich mit den nie aufgearbeiteten populistischen und fremdenfeindlichen Bewegungen in der deutschen Tierschutz- und Tierrechts-Szene auseinanderzusetzen, um in konstruktiver und nicht diskriminierender und ausgrenzender Weise die jüdische u.a. Tierschutzethik anzuerkennen, und diese nicht zu dämonisieren (als „barbarisches, grausames Blutritual einer archaischen Stammesgemeinschaft“) oder – nach Bedarf – zu vereinnahmen, wird die blutrünstige und menschenverachtende Ideologie und ihre Rhetorik nun sogar von Juristen verbreitet.

Die Veröffentlichungen zum Schächten zeigen, daß der unselige Stil der „Kleinen Guides“ gegen das Schächten in gewohnter Weise fortgesetzt wird, wobei völlig ausgeblendet wird, daß jedes Schlachten Entbluten ist und Schmerzen, Leiden und Todesangst auslöst.

Die Initiative Jüdischer Tierschutz und der Verein Trialog 4 Animals e.V. weist darauf hin, daß sich durch die Kooperation der Juristen mit diesem Segment der deutschen Tierschutzszene unüberbrückbare Differenzen mit noch nicht absehbaren Folgen auftun.

Die positive Bewertung von „pro-iure-animalis“, die ich in der Buchveröffentlichung „Zwischen Streichelzoo und Schlachthof“ (2011) zum Ausdruck gebracht habe, entbehrt somit inzwischen der Grundlage.

Angesichts von Oslo, mein Appell an die deutschen Tierschützer und Tierrechtler: Verschließen Sie nicht länger die Augen vor dieser Haß-Rhetorik und diesen einäugigen Schlacht-Beurteilungen!

Dr. Hanna Rheinz ist Vorsitzende des Gemeinnützigen Vereins Trialog 4 Animals e.V. und Gründerin der Stiftungsinitiative Jüdischer Tierschutz

Hintergrund:

Das Schächten:
Zur jüdischen Schlachtmethode
Eine wissenschaftliche Abhandlung von Rabbiner I.M. Levinger…
Die religiösen Grundlagen Vorbereitung und Methode Durchführung Ruhe nach dem Schnitt Reflektorische Bewegungen Zusammenfassung

Rabbiner Pinchas Paul Biberfeld zum Schächtgebot:
Gedanken über die g’ttliche Schechita

Chaim Frank zum Speisegesetz:
Eine knappe Erklärung zur Kaschruth

Tierquaelerei oder tiergerechtes Schlachten:
Das Bundesverwaltungsgericht befasst sich mit rituellem Schlachten

Kommentar: Am Deutschen Wesen…

15 Kommentare

  1. **Wenn es um das Thema “Schächten” geht, sehen viele Antisemiten und Fremdenfeinde eine willkommene Gelegenheit zu Propaganda und Hetze. Unter dem Mantel der Tierliebe werden Ressentiments gegen Menschen geschürt…***
    Verband der Juristen für Tierrechte (http://www.pro-iure-animalis.de)
    ___
    Da geht aber gerade etwas in dieser Diskussion sehr schief.
    Pro-jure-animalis pauschal als Antisemitisch hinzustellen, vermag ich mit keinem Gedankengut nachvollziehen.
    Gerade ein Verband, der sich in der letzten Zeit gegen den Importantisemitismus in Europa öffentlich stellt. Gegen plumpe Hetze gegen Juden öffentlich angeht und sich gerade intensiv bemüht, mit den hier lebenden Zionisten über diese Problematik zu diskutieren.
    Gerade ein Verband, dessen Mitglieder gegen den Film Tal der Wölfe Palästina in der Öffentlichkeit protestiert haben, als Antisemiten zu bezeichnen, ist nahezu skandalös.
    Wäre es nicht sinnvoller gewesen, mit diesem Verband einen Dialog zu führen, das für und wider auszuloten, anstatt ihn sofort pauschal zu verurteilen.
    Ein riesen Thema, dass wir ausdiskutieren sollten, unsere Sichtweite vortragen, anstatt gleich einen Scherbenhaufen zu hinterlassen.
    Ich kann mich noch sehr gut an die heißen Diskussionen zur Brit Mila erinnern, die Rufe ihr Kinderschänder, heute ist eine Sedierung und Lidocainsalbe erlaubt was früher unvorstellbar war.
    Wenn wir uns mit den Gegnern nicht mehr unterhalten, so befürchte ich, werden wir einerseits mit einer anderen Kulturgruppe in einen Topf geworfen und haben geleichzeitig in der Öffentlichkeit verloren.
    Shavua tov C. Braun  

  2. Mal zurück zum Thema .. 🙂 ..

    Mensch muss das Thema zweischichtig betrachten ..

    1) der persönliche Angang:
    Wer persönlich optimalen Tierschutz betreiben will, muss Vegetarier sein. Tiere zum Verzehr zu züchten und dann zu töten? .. Oder er ist nur die Kadaver verstorbener Tiere .. Aasfresser sozusagen ..

    2) der gesellschaftliche Angang:
    Wer akzeptiert, dass Tiere zum Verzehr gehalten werden, aber nichtdesdotrotz ihr Leiden minimieren will, muss sicherstellen, dass das einzelne Individuum
    – von der Geburt
    – über die Aufzucht
    Рdie Selektion zur Țtung
    – den Transport zur Schlachtstelle
    Рund letztlich bei der Țtung
    als Summe ein Minimum an Stress, an Angst an Schmerz erleiden muss.

    Wenn ich mir die mir bekannten Informationsquellen zu dem Thema vor Augen halte, liegt das Schächten hinter dem muslimischen Schächten mit Kurzzeitelektrobetäubung.

    Aber es liegt gleichzeitig durchaus vor dem „normalen“ deutschen Schlachtbetrieb. Leider eieren die Verteidiger des Schächtens nicht mit wissenschaftlichen Argumenten sondern mit angeblichem „Antisemitismus“ herum. Statt Tiershützer zu überzeugen ist es besser, sie zu beleidigen???

    Oki – Marketing ist schwierig ..

  3. Eine Frage an jene, die bereits sowohl geschächtetes als auch ´normales´ Fleisch gegessen haben: Gibt es einen geschmacklichen Unterschied? Schmeckt geschächtetes Fleisch nun besser, schlechter oder gleich?
     
    Zumindest die Technik des Wässerns um auch allerletzte Blutreste aus dem Fleisch zu lösen, wirkt für einen Gourmand doch sehr befremdlich bzw. geschmacksmindernd…

  4. Wenn Sie dem Link folgen, dann sehen Sie, dass es um den 8.Oktober geht.
    Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt:…ANALOG zum [..], zum 8. März …. am 8. Oktober ein weltweiter Tag gegen die Grausamkeit gegenüber Tieren.

    • Unter dem Gesichtspunkt, dass manches Tier auch wegen weiblichen Mode- und Kosmetikinteresses leiden muss oder musste, wäre – zumindest in den „reicheren“ Ländern – der 8. März auch ein passender Tag gegen Tierversuche…

  5. Auch ich finde häufig den Ton und die Ausdrucksweise von Tierschützern, zu denen ich mich, wenn auch unorganisiert zähle, menschenfeindlich und rassistisch und ich habe auch  dagegen protestiert, wenn mir solche Rundschreiben weiter geleitet wurden.
    Die Ausdrucksweise der Empörung, die sich auf der Seite pro iure animalis findet, ist auch in meinem Empfinden grenzwertig.
    Allerdings geht es um das Urteil zum BETÄUBUNGSLOSEN Schächten und die fürchterliche Tatsache, dass Tieren überall auf der Welt Schreckliches angetan wird, macht das unbetäubte Sterben durch Schächten nicht weniger fürchterlich und entschuldigt es nicht.
    Auf der Seite findet sich dieser Brief, den ich in seiner Argumentation weder ressentimentgeladen noch rassistisch finde.
    http://www.pro-iure-animalis.de/dokumente/heybrock_schaechten.pdf
    Auch ich fragte mich, nachdem ich in der SZ las, dass der Metzger mögliche Sengspuren durch eine Betäubung als Unreinheit interpretierte, ob nicht mit der selben Begründung solcher Fundamentalisten der angeblichen Unreinheit einer z.B. sexuell aktiven jungen Frau dann Verprügeln oder gar mehr erlaubt werden könne. Es handelt sich ja offensichtlich nur um die Meinung einer kleinen Minderheit der muslimischen Gemeinschaft.
    Die Frage ist einfach, ob die Reinheitsgebote von geradezu fundamentalistischen Gläubigen über den Gesetzen für die Allgemeinheit stehen. Und da ist Tierschutz ein StaatsZIEL, von dem wir zwar überall Meilen entfernt sind, für dessen Erreichen wir aber an allen Fronten kämpfen müssen.
     

  6. Es mag ja sein, dass die „deutsche Tierschutz- und Tierrechts-Szene“ solche „nie aufgearbeiteten populistischen und fremdenfeindlichen Bewegungen“ im Rücken hat; aber ist die Aufarbeitung dessen ein Kriterium für die Richtigkeit oder Falschheit heutiger Argumente?
    Welche Argumente bringt die so heftig angegriffene pro iure animalis überhaupt vor? Das bleibt im Dunkeln. Ebenso im Dunkeln bleiben die Gegenargumente. Was sind die „Kleinen Guides“?
    In Summa: Dieser Artikel oder was auch immer er sein soll trägt zur Aufklärung nichts bei. Bei bleibt der Eindruck, dass hier jemand mit Schaum vor dem Mund eher polemisiert und herumtobt als argumentiert und aufklärt. Wohlgemerkt: Ich bin gegen ein Verbot des Schächtens, aber was ich hier gelesen habe, hat mir nicht ein einziges Argument für meine Haltung geliefert.
    Und weil die Autorin sich mit Behauptungen und unsachlichen Beschimpfungen – Ich bin überzeugt, dass es sachliche und gerechtfertigte Beschimpfungen gibt – begnügt, ist dieser Artikel leider alles andere als hilfreich.

    • Vor dem Hintergrund, dass der erste Kommentar von Leuten, die an oder mit Schlachthöfen zu tun hatten, zu diesem Thema war, dass auch dort bei weitem nicht jedes Tier betäubt oder beim eigentlichen Schlachten gleich tot ist, liegt das quantitative Problem beim „Schlacht-Tierschutz“ vielleicht eher bei den hiesigen Standardmethoden und nicht beim Schächten….
      Es macht schon die Masse – wer will Schweine panikfrei buchtenweise auf LKW verfrachten, transportieren und im Schlachthof an den Ort des Geschehens bringen können, ohne dass sich ihr Önkel-Önkel-Grunzen immer wieder phasenweise in Angst-Quietschen umwandelt? Das ist die Quadratur des Kreise, zumal sich die Panik ja bei eng „zwischengelagerten“ Schweinen ganz schnell ausbreitet. So fies zu Schweinen sind wohl weder Juden noch Moslems, obwohl sie sie nicht so gerne mögen, wie unsereiner…
      Insofern würde mich ein Schächten-Schwerpunkt beim Tierschutz, so eine Organisation ihn hat, sehr misstrauisch machen.

  7. Wie Frau Rheinz ist mir sowohl das Judentum – auch aufgrund seiner Tierschutz-Ethik – sympathisch als auch die Tierschutz/Tierrechtsbewegung, die leider bitter nötig ist, um Veränderungen im massenhaften quälererischen Umgang von Menschen – gleich welcher Religion – mit Tieren zu bewirken, ich nenne hier nur die Auswüchse der Massentierhaltung, der Tiertransporte und der Versuchstierindustrie.
    Gerade die jüdische Ethik, die ja auch eigentlich Grundlage des Christentums ist, bietet hier gute Ansätze, da ja die „Sorge für das Leben“ aller Lebewesen eine wichtige Regel darstellt, wie mir  ein Rabbiner erklärte und ich auch in den Büchern von Frau Rheinz lesen konnte.
    Ich versuche in meinem Umfeld, allen aufkeimenden rassistischen und nationalsozialistischen Tendenzen klar entgegenzutreten, was mir auch gelingt. Bei dem von Hanna Rheinz – die ich sehr schätze- hier kritisierten Verein arbeite ich nicht mit, ich bin auch kein Jurist, er ist mir gedoch bislang nicht durch rassistische Tendenzen aufgefallen und ich warne davor, jeden Verein, der das betäubungslose Schlachten kritisiert, gleich als rassistisch einzuordnen, wenn auch die Historie schrecklich ist und wenn es auch tatsächlich immer noch Neonazis gibt, denen wir die „rote Karte zeigen“ sollten – was in den Tierschutzvereinen, die ich kenne (und ich kenne viele) auch geschieht.
    Ebenso sollten aber auch wir Christen uns schämen, wie in unseren Schlachthöfen mit Tieren umgegangen wird. Ich denke, es gibt hier sehr viel zu tun, um Tiere so zu behandelt, dass es wirklich Gott gefällt – bei Juden wie bei Christen!
    Polarisierung und Polemisierung ist daher fehl am Platz, auch wenn jeglicher Judenfeindlichkeit scharf entgegengetreten werden muss! Ich wende mich daher auch in unserem Verein (siehe unten) gegen eine übermäßige Thematisierung der Schächtthematik. Wie kann man andere Religionen kritisieren, wenn man selbst sündigt?
    Dennoch: Verbesserungen muss es geben, beim Schlachten der  Christen, Agnostiker und Atheisten in industrialisierten Schlachthöfen, wie auch bei den Juden und Muslimen, von denen sich etliche von selbst gegen die derzeitige Praxis wenden. Es gäbe hier durchaus Möglichkeiten, das Leid der Tiere zu mindern und man könnte sie herausfinden, ganz sachlich und ohne jede Polemik. Um der Tiere willen, um Gottes willen, der auch das Leid der Tiere sieht.
    Ich wünsche mir von Herzen einen ernsten, sachlichen und freundlichen, an konstruktiven Lösungen orientierten interreligiösen Dialog, wie ihn Hanna Rheinz ja auch in ihrem Verein „trialog for animals“ anregt. Die Grundlage unseres Glaubens, die Thora und auch die rabbinische Lehre, der auch ich als „Christin“ mich gern unterordne, weil ich sie für weise halte und respektiere, kann uns dabei helfen – und alle gutwilligen Menschen!

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