Holocaust-Gedenktag in Israel

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Der jährliche Holocaustgedenktag wird in Israel nicht wie anderswo am 27. Januar begangen, dem Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch sowjetische Truppen, sondern gemäß dem hebräischen Kalender an dem Tag, als das Warschauer Ghetto nach dem Aufstand der dort eingepferchten Juden gefallen ist…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 1. Mai 2011 

Außer in Warschau hat es sonst nur wenige Fälle von Aufständen oder bewaffneten Widertand gegeben, als sich insgesamt 6 Millionen Juden „wie die Lämmer zur Schlachtbank“ führen ließen. Und weil im Warschauer Ghetto eben doch bewiesen worden ist, dass wenigstens ein paar Juden Widerstand geleistet haben, wird der Gedenktag in Israel „Tag der Schoah und des Heldentums“ genannt.

In diesem Jahr steht der Tag im Zeichen des Beschlusses zur „Endlösung“ vor 70 Jahren und des Prozesses gegen Adolf Eichmann vor 50 Jahren.

Der israelische Historiker Tom Segev nutzt die Gelegenheit, erneut die israelischen wie deutschen Behörden aufzurufen, immer noch geheim gehaltene Dokumente zur europäischen  Judenvernichtung für die Forschung freizugeben. Am Freitag veröffentlichte die Zeitung Haaretz erstmals die Polizeiakte zu Eichmann. Dabei stellte sich heraus, dass der israelische Geheimdienst 1960 neben dem Organisator des Holocaust, Obersturmbannführer Adolf Eichmann, auch den damals ebenfalls in Argentinien versteckt lebenden Arzt Joseph Mengele im Visier hatte. Mengele hatte auf der Rampe von Auschwitz mit Handzeichen die „Selektion“ ausgeführt, also entschieden, wer sofort in die Gaskammern geschickt wurde, und wer durch Fronarbeit noch einen Aufschub bekam. Um die Entführung Eichmanns nach Israel nicht zu gefährden, habe der israelische Geheimdienst beschlossen, Mengele zunächst unbehelligt zu lassen. Der Geheimdienst habe nicht „ausreichende Kapazitäten“ gehabt, gleich zwei Naziverbrecher nach Jerusalem zu bringen, um sie vor Gericht zu stellen.

Ein Jahr später machten die Israelis einen erneuten Versuch, Mengele zu fangen, doch der war in der Zwischenzeit nach Paraguay geflüchtet. Der damalige Ministerpräsident David Ben Gurion beschloss, Mengele nicht zu fassen, weil Paraguay positive Beziehungen mit Israel pflegte. Die sollten nicht durch eine Entführung aufs Spiel gesetzt werden. Nachdem Mengele bei einem Badeunfall 1979 in Brasilien ums Leben gekommen war, konnte die Abteilung der israelischen Polizei für die Jagd auf ex-Nazis auch diese Akte schließen. Segev behauptet, dass der Mossad wie auch der BND noch Tausende Dokumente unter Verschluss halten, mutmaßlich, um die bis heute andauernde Kooperation der Geheimdienste nicht aufzudecken. Die Geheimhaltung solle vielleicht auch verhüllen, dass Israel nichts oder nur sehr wenig getan habe, die Mörder des jüdischen Volkes dingfest zu machen und zur Rechenschaft zu ziehen, argwöhnt die Zeitung Haaretz in einem namentlich nicht gezeichneten Kommentar.

Neben Eichmann wurde lediglich der von den USA ausgelieferte ukrainische Iwan Demjanjuk vor ein israelisches Gericht gestellt, zum Tode verurteilt und in einem Berufungsverfahren mangels Beweisen freigesprochen. Heute wird Demjanjuk in München erneut der Prozess gemacht.

Obgleich die letzten Überlebenden des Holocaust mit eigenen Erinnerungen an das Erlebte entweder ein sehr hohes Alter erreicht haben oder schon gestorben sind, ist die Schoa bis heute im täglichen Leben in Israel sehr präsent. So gibt es im Rundfunk eine tägliche Sendung, die Überlebenden oder deren Kindern eine Bühne bietet, nach verschollenen Verwandten zu suchen. Dank dem Zeitalter des Internet und nachdem die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem in Jerusalem die rund drei Millionen bekannten Namen von  ermordeten Juden ins Internet hochgeladen hat, landen erstaunlich viele Überlebende oder deren Kinder einen Treffer.

Manche haben ihr Leben lang geglaubt, ihre gesamte Familie verloren zu haben, nachdem sie mit Kindertransporten ins Ausland gerettet worden waren. Dank der „Namensblätter“, in die Überlebende die Namen der ihnen bekannten getöteten Juden eingetragen haben, erfahren die Suchenden, dass doch ein Onkel oder eine Tante überlebt hätten und irgendwo in der Welt eine Familie gegründet haben. „Ich wollte es zunächst nicht glauben, als ein gewisser Benzion anrief und behauptete, er sei mein Cousin, der Sohn meiner tot geglaubten Tante“, erzählt Jehuda Jadvad, 79 Jahre alt. „Ich fragte ihn, ob sein Vater Malermeister im Warschauer Ghetto und rothaarig war. Erst als er das bejahte, konnte ich glauben, nach 70 Jahren doch noch einen Verwandten auf Erden gefunden zu haben.“ In diesem Fall war die Suche erfolgreich, weil der Cousin statt des Familiennamens Fuks auch Fiks eingegeben hatte. 

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com

2 Kommentare

  1. Und um diese verdammten Täter ein wenig zu ärgern, wird es nun wohl Frieden in der gesamten Region geben. Ãœbrigens, Geheimdienste werden abgeschafft. Entspricht  „nicht“ dem Wesen der Demokratie. Ein absolut sicher zu identifizierendes Symptom einer Scheindemokratie ist die Lüge, Geheimdienste zu benötigen. Viel besser ist es, diese Aktivitäten offenzulegen und die Bevölkerung an den Entscheidungen zu beteilligen. – Israel ist jetzt wichtigster Handelspartner der arabischen Region, da in Israel ökologische Innovation in ausgezeichneter Weise innitiiert wurde. Gaza wird demokratisch, die gesamte arabische Region hat die Nase voll von Kriegstreibern, ist halt doch ein friedliches Volk. Nur „Germany“ mit seiner „Xenophobie“ Strategie, also mit anderen Worten „Politically Incorrect“, sorgt wieder für neue Agression, aber die sind ja wohl entlarvt !

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