Im Portrait: Israels neuer Oberbefehlshaber

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Der neue Chef des Generalstabschefs, Benjamin „Benny“ Gantz ist 1959 in Kfar Achim geboren. Der Vater von vier Kindern betonte bei seiner Einführungszeremonie, Sohn von Holocaustüberlebenden zu sein…

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem, 14. Februar 2011

Gantz wurde mit 18 zum Militär eingezogen. Er volontierte bei den Fallschirmspringern und trat 1979 die Offizierslaufbahn an. Er studierte Geschichte in Tel Aviv, Politikwissenschaften in Haifa  und das Management nationaler Resourcen an der National Defence University in den USA. Im Laufe seiner Militärkarriere befehligte er die „Königsfischer-Einheit“, eine geheime Elitetruppe der Luftwaffe. Er war Befehlshaber der Reserveeinheiten im Nordkommando entlang der Grenzen zu Libanon und Syrien und leitete das Verbindungsbüro zur libanesischen Armee. Während der Zweiten Intifada, ab 2000, war er Kommandeur der Truppen in „Judäa und Samarien“, also im Westjordanland. 2001 übernahm er das Nordkommando, wechselte aber 2005 als Militärattaché nach Washington, ehe 2006 der Libanonkrieg ausbrach.

Dank dem diplomatischen Posten in der amerikanischen Hauptstadt knüpfte er enge und sogar freundschaftliche Beziehungen zur Spitze des US-Militärs. Die Anwesenheit des amerikanischen Oberbefehlshabers, Admiral Michael G. Mullen, war nicht nur ein hochpolitisches amerikanisches Signal in turbulenten Zeiten im Nahen Osten, sondern eben auch ein Zeichen der persönlichen Freundschaft zwischen den Männern, die die stärkste Armee in der Welt und im Nahen Osten anführen.

Der 2 Meter große Gantz überragt den Generalstab um einen Kopf und gilt als einer der fähigsten Generale Israels. Kriegserfahrung sammelte er 1982 im Libanon und bei den kriegerischen Auseinandersetzungen im Libanon bis zum Rückzug 2000. Bei den militärischen Auseinandersetzungen mit Palästinensern während der beiden „Intifada“-Aufstände wurde ihm ein schweres Versagen angehängt. Am 1. Oktober 2000 stürmten bewaffnete palästinensische Kämpfer die israelische Enklave des Josefsgrabs in der Stadt Nablus. Dabei wurde der drusische Grenzschützer Madhat Yusuf von einem palästinensischen Scharfschützen an der Schlagader verletzt. Gantz war Kommandeur der Truppen im Westjordanland. Anstatt Verstärkung zu schicken, um den verblutenden Yusuf zu evakuieren, entschied der damalige Ministerpräsident und Verteidigungsminister Ehud Barak, die palästinensische Autonomiebehörde unter Jassir Arafat zu bitten, den Verletzten in Sicherheit zu bringen. Doch Arafats Truppen  kamen nicht, zumal sie selber an dem Angriff auf die Heilige Stätte beteiligt waren. Der 19 Jahre alte Yusuf verblutete nach vier Stunden und wurde zu einem Symbol gescheiterter Operationen der israelischen Armee.

Die Familie des toten Korporals versuchte vor Gericht, in letzter Minute die Ernennung von Gantz zum Oberbefehlshaber zu verhindern. Doch Oberrichter Jakob Turkel (der auch die Vorgänge auf der blockadebrechenden türkischen „Mavi Marmara“ untersucht hatte), entschied, dass Gantz damals nicht der ranghöchste Offizier vor Ort war. Es gab militärische wie politische Erwägungen außerhalb des Verantwortungsbereichs von Gantz, zum Josefsgrab keine Hilfe zu entsenden, um Yusuf zu retten. So wurde die Klage der Yusuf-Familie wegen unterlassener Hilfe für einen Verletzten zurückgewiesen.

(C) Ulrich W. Sahm / haGalil.com, Foto: IDF