Binyamin Netanyahu: Zur aktuellen Situation im Nahen Osten

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Israels Ministerpräsident Binyamin Netanyahu hat am Dienstag in Jerusalem eine lange Rede auf der Konferenz der European Friends of Israel gehalten. Neben der historischen Verbundenheit seines Landes mit Europa ging er darin ausführlich auf die gegenwärtige Situation im Nahen Osten, vor allem die Vorgänge in Ägypten ein…

Die Sandfläche zwischen Pakistan und Gibraltar verschiebt sich. Vor wenigen Wochen bewegte sich der Boden in Tunesien, dann traf das Erdbeben Ägypten, und wir wissen immer noch nicht, wie weit und wie tief die Erschütterungen sind, und wie weit sie reichen werden; aber ich denke, eine Sache ist durch die Ereignisse in den vergangenen Wochen sehr deutlich geworden: Israel ist eine Insel der Stabilität in einer sehr instabilen Region. Innerhalb der großen Landmasse zwischen Indien und dem Atlantischen Ozean, die sich von Nordafrika über den Nahen Osten, durch Afghanistan und Pakistan und all das weite Land dazwischen erstreckt, ist Israel der einzig wirklich sichere Ort der Stabilität.

Warum? Wir sind stabil, da wir eine lebendige Demokratie haben, die in robusten demokratischen Werten verankert ist. Selbstverständlich besteht kein Widerspruch zwischen einem jüdischen Nationalstaat und einem demokratischen Staat.“

„Im 20. Jahrhundert ist der große Teil der Menschheit in das moderne Zeitalter mit einer beispiellosen Ausweitung von politischer und wirtschaftlicher Freiheit eingetreten. Aber an Vielen im Nahen Osten ist das 20. Jahrhundert vorbeigegangen. Die Technologie des 21. Jahrhunderts erinnert sie an das, was sie verpasst haben. Wir haben Sympathie für all die, die auf eine Reform ihrer Gesellschaften hinarbeiten, um diese in die moderne Welt zu führen.

Viele von Ihnen kommen aus Ost- und Mitteleuropa. Ich erinnere mich daran, was wir während der großartigen Ereignisse von 1989 fühlten. Ich erinnere mich an den Jubel in Berlin und den Hauptstädten Osteuropas. Wir alle spürten das Versprechen eines neuen Tages. Und dieser Tag ist gekommen. Sie alle sind gekommen. Sie sind heute aus Polen, der Tschechischen Republik, aus Ungarn, aus Rumänien, aus den baltischen Staaten und vielen anderen Ländern nach Israel gekommen. Sie sind ein Zeugnis der Möglichkeit von Fortschritt und Freiheit. Niemand anders kann dieses Versprechen besser beschreiben als Sie.

Gleichzeitig rät die Geschichte aber auch Vorsicht, wenn es um Revolutionen geht; selbst bei Revolutionen, die im Namen der Freiheit beginnen. Wir kennen viele Beispiele von antidemokratischen Kräften, die das wirkliche Verlangen eines Volkes nach Freiheit für sich vereinnahmten und dann stattdessen brutale Regime errichteten, die die Freiheit erstickten und alle Menschenrechte mit Füßen traten. Ein Beispiel ist Ihnen bestens bekannt; es ereignete sich 1917. Wenige Monate nach dem russischen Frühling unter Kerensky setzte ein 70 Jahre langer bolschewistischer Winter ein. Und dies geschah abermals 1979 in unserer Region. Die Hoffnung des iranischen Volkes auf eine neue demokratische Morgendämmerung wurde in die Finsternis von dreißig Jahren brutaler Unterdrückung getaucht.

Während wir also alle hoffen, dass jedes Land den Pfad der Reform beschreiten wird, lehrt uns die Geschichte, nicht davon auszugehen, dass jedes Ziel unvermeidlich ist. Im Falle Ägyptens gibt es viele mögliche Resultate jenseits des liberal-demokratischen Modells, das wir in unseren eigenen Ländern für selbstverständlich nehmen.

Zum einen könnten die Ägypter sich für das Modell eines säkular-reformistischen Staates mit einer starken Rolle des Militärs entscheiden. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Islamisten ihren Einfluss ausnutzen, um das Land schrittweise in die entgegengesetzte Richtung zu führen – nicht in Richtung Moderne und Reform, sondern rückwarts. Und es gibt noch eine dritte Möglichkeit: Ägypten könnte den Weg des Iran gehen, wo die Rufe nach Fortschritt von einem finsteren und brutalen Despotismus unterdrückt werden, der sein eigenes Volk knechtet und jedes andere bedroht. Man erinnere sich nur an das brutale Durchgreifen im Iran vor 18 Monaten. In Teheran hat es keinen Dialog gegeben, keine Reform, keine Zurückhaltung, nichts. Auf den Plätzen Kairos – bei aller Turbulenz und auch einigen Tragödien – lesen die Ägypter Zeitungen auf den Panzern ihrer Soldaten. Auf den Plätzen Teherans wurden Iraner systematisch niedergeschossen und blutwürgend auf den Gehsteigen liegengelassen.

Ich weiß nicht, was in Ägypten passieren wird. Aber aus Israels Perspektive ist unser Interesse klar. Unser Interesse besteht darin, den Frieden, den wir seit drei Jahrzehnten genießen, aufrecht zu erhalten. Dieser Frieden hat uns Ruhe an unserer Südgrenze gebracht, er hat den strategischen Interessen beider Länder gedient und der Region, tatsächlich dem ganzen Nahen Osten, Stabilität gebracht.

Wir erwarten von der internationalen Gemeinschaft, klar zu machen, dass auch sie von jeder ägyptischen Regierung erwartet, den Frieden zu wahren. Auch der Frieden mit Jordanien ist für uns von entscheidender Wichtigkeit. Seit 1970 haben wir an unserer Ostgrenze einen de-facto-Frieden mit dem Königreich Jordanien genossen. Sowohl der verstorbene König Hussein als auch König Abdullah haben sich als wirkliche Partner für den Frieden erwiesen. Und dieser Frieden hat auch den strategischen Interessen beider Länder gedient und die Stabilität in der Region erhöht. Einige von uns sind alt genug, um sich daran zu erinnern, wie es war, bevor wir Frieden hatten.“

Die vollständige Rede gibt es hier

(Außenministerium des Staates Israel, 07.02.11, übersetzt f.d. Newsletter der Botschaft Israels)