Allen Widerständen zum Trotz: Dialog!

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„because the pronouciation of our names is no barrier for friendship“ lautet das Motto eines österreichischen Vereins, der sich zum Ziel gesetzt hat, junge Juden und junge Muslime zu einem Dialog zusammen zu bringen: der Muslim-Jewish-Conference. Neben einer einmal jährlich stattfindenden Konferenz tauschen sich die Mitglieder über die neuen Medien, insbesondere skype und facebook aus…

Mit Ilja Sichrovsky, dem Generalsekretär der MJC sprach Ramona Ambs.

Ilja, Eure Webseite – http://www.mjconference.org – ist nur in englischer Sprache. Erzähle doch mal kurz, wie die Initiative MJC entstand und wie Ihr Euch entwickelt habt bis zur ersten Konferenz in Wien im letzten Jahr?

Die Idee zur MJC kam mir zum ersten mal 2007 im Rahmen der „Harvad world model United Nations“ Konferenz. Die Universität Wien wurde durch mich 2005/07/08 als Delegierter auf dieser jährlichen Konferenz vertreten. Immer wieder musste ich feststellen, dass Vorurteile zwischen jungen Juden und Muslimen Realität sind. Diese entstehen vor allem durch einen Mangel an Möglichkeiten der direkten Kommunikation und der persönlichen Konfrontation. Nachdem ich selbst diesen Schatten durch persönliche Konfrontation übersprungen hatte und eine nachhaltige und ehrliche Freundschaft mit Studierenden aus Pakistan entwickeln konnte, kam uns die Idee dieses persönliche Erlebnis auf akademischer Ebene zu multiplizieren. Die Vorarbeiten beanspruchten für ein Jahr die Teamarbeit von 15 Studenten aus acht Ländern, darunter Pakistan, Libanon oder Saudi Arabien, aber auch Israel, die USA und viele Staaten Europas.

Nach welchen Kriterien wählt Ihr die Teilnehmer aus? Wieviele Menschen nahmen an der letzten Konferenz teil?

Es besteht eine allgemeine Anmeldemöglichkeit, wobei ein Fragebogen und ein Anmeldebogen auszufüllen sind, die in Folge als Grundlage für die Auswahl der Teilnehmer dienten. Die Teilnehmerzahl musste aufgrund der finanziellen Ressourcen auf 65 beschränkt werden. Anmeldungen gab es über 190. Nachdem die MJC keine Konferenzgebühr von ihren Teilnehmern verlangt, die Hotelkosten zu 80% übernommen hat, sowie den Transport innerhalb Wiens komplett finanziert hat und subventionierte Mahlzeiten angeboten hat, konnten mit den verfügbaren Mitteln maximal 65 Teilnehmer betreut werden.

Es gibt ja schon seit einigen Jahren die JCM-Konferenz in Deutschland. Was – außer der Tatsache, dass man bei Eurer Konferenz nicht auf eine Überzahl an Christen trifft-, unterscheidet Euch von diesen Treffen? Worin liegt der Vorteil, wenn sich „nur“ Juden und Muslime der jüngeren Generation treffen?

Für mich persönlich ist im kleinen Rahmen bewiesen, dass persönlicher Kontakt gemischt mit den neuen Kommunikkationsformen der Jugend, wie Facebook und skype zur Konfliktbewältigung beitragen können. Gemessen an den Vorurteilen, die sich durch Medien und falsche Narrative festgesetzt haben, repräsentieren die Teilnehmer eine gesamte Generation junger Juden und Muslime. Sie konnten niemals miteinander sondern immer nur übereinander reden. Es fehlte die empirische Erfahrung mit dem „anderen“.

Diese jungen Studierenden haben bewiesen wie wichtig ihnen der Dialog tatsächlich ist, in dem sie den Zorn der Extremisten im eigenen Land in kauf nehmen und trotzdem an dem Traum von gegenseitigem Verständnis festhalten. In drei Komitees erarbeiteten die Teilnehmer einstimmig eine Deklaration mit Vorschlägen zu Antisemitismus/Islamophobie, Bildung und Medien und präsentierten sie der UNO. Sie richtet sich an alle „die gewillt sind zuzuhören und zur Kenntnis zu nehmen, dass die neue Generation von Juden und Muslimen in der Welt es leid ist, eine Realität des Konflikts zu erben. Sie will den Dialog mit der „anderen“ Seite nicht nur suchen, sondern gutheißen und unterstützen. Insofern ist die MJC einerseits ein Projekt für Dialog aber andererseits auch um die muslimischen und jüdischen Führungspersönlichkeiten von Morgen darauf aufmerksam zu machen, wie viel sie von dem so genanten „anderen“ lernen können anstatt ihm prinzipiell nicht zuzuhören.

Bei der ersten Konferenz wurde das Nahostproblem ausgeklammert. Warum habt Ihr Euch dazu entschlossen und hat das funktioniert ?

Der Nahostkonflikt wurde nicht ausgeklammert, war aber nun mal , bewusst, keines der offiziellen Komitee Themen und es wurde auch immer wieder darauf hingewiesen, dass jüdisch-muslimische Beziehungen in einer globalen Perspektive besprochen wurden. Der Nahostkonflikt ist ein Thema für uns, kann aber unserer Meinung nach nicht diskutiert werden, ohne vorher eine gemeinsame Sprache entwickelt zu haben, mit der man sich mit Respekt und auf Augenhöhe begegnen kann. Themen zu finden auf die man sich innerhalb einer Woche einigen kann, und die unserer Meinung nach essenziell sind für die jüdische-muslimische Zusammenarbeit in der Zukunft, war wichtig und setzt einen positiven Präzedenzfall.

Wie wollt Ihr diese Thematik bei künftigen Konferenzen halten? Habt Ihr keine Angst, dass es Euch den Vorwurf einbringt, sich den möglicherweise größten Hindernissen einer Annäherung nicht zu stellen?

Im Gegenteil, meiner Ansicht nach ist es gerade die richtige Herangehensweise an die zwei Konfliktparteien. Muslime und Juden, vor allem der nächsten Generation, haben oft eine starke persönliche Meinung zu dem Thema. Dies sollte aber kein Grund dafür sein, dass der Konflikt im Nahen Osten oder andere Konflikte die Themenherrschaft einer sechstägigen Konferenz übernehmen. Es wurden bewusst an den Abenden „social events“ organisiert, die den Teilnehmern die Möglichkeit boten ganz privat über jedes Thema, inklusive dem Nahostkonflikt nach Lust und Laune zu diskutieren. Dadurch, das man bereits tagelang konstruktiv gemeinsam zu anderen Themen gearbeitet hatte, waren auch diese Diskussionen an denen schlussendlich viele der Meinung waren, nicht einer Meinung zu sein, respektvoll und konstruktiv.

Wann ist die nächste Konferenz und wer kann sich anmelden?

Die nächste Konferenz wird in der letzten Juli Woche 2011, in Genf (Schweiz) stattfinden, wobei das genaue Datum noch fixiert werden muss. Der Plan war an und für sich 2011 nach Berlin zu kommen, die äußerst zurückhaltende und an einer Kooperation uninterressierte Reaktion des Zentralrats der Juden in Deutschland hat uns jedoch dazu bewogen doch in die Schweiz zu gehen, wohin uns der ehemalige Oberrabiner aus Genf herzlich eingeladen hat. Wir möchten eine Situation vermeiden, wie in Wien im letzten jahr, wo das Projekt, gegen den Willen der jüdischen Gemeinde durchgeführt wurde, und erst „trotz“ und nicht „mit Hilfe“ dieser zum Erfolg wurde. Es wird wie im letzten Jahr eine allgemeine Anmeldungsmöglichkeit auf unserer Webseite zu finden sein, die ab März oder April zugreifbar ist. Anmelden kann sich jeder, wobei wir unseren Fokus auf Studierende richten, beziehungsweise Personen die vor kurzem mit dem Arbeitsleben begonnen haben oder kürzlich das Studium beendet haben. Zusätzlich zu akademischen Workshops wie im letzten Jahr, wird es diesmal vor allem Projektbezogene Arbeitsgruppen geben, die eine Woche lang ein Projekt konzipieren und zusammen erarbeiten, um es im kommenden Jahr, gemeinsam und mit Hilfe des MJC Alumni-Netzwerkes umzusetzen. Wir hoffen heuer um die 100 Personen begrüßen zu können.

Wie finanziert Ihr diese Konferenzen?

Die Konferenz wird vollkommen durch Spenden finanziert, nachdem die Muslim Jewish Conference ein eingetragener NON-Profit Verein ist. Wir haben uns für das letzte Jahr vor allem bei der Karl Kahane Foundation zu bedanken, die die Konferenz 2010 erst möglich gemacht hat, und wollen uns für 2011 neben der KKF auch beim Ministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend und ihrem Beitrag für die MJC 2011 in Genf bedanken. Leider sind wir derzeit bei erst etwa 40% des benötigten Budgets angelangt und würden uns über weitere Kooperationen sehr freuen! Die MJC wird zukünftig ganzjährig als Forum für alle zur Verfügung stehen, die für einen konstruktiven Dialog zwischen jungen Muslimen und Juden in der Welt arbeiten und sucht hierfür sowie für die Konferenz in Genf noch dringend um finanzielle Unterstützung.

Vielen Dank für das Gespräch.