Eine beunruhigende Schändung jüdischer Werte

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Es gibt guten Grund darüber beunruhigt zu sein, dass ein paar Dutzend Rabbiner in Israel der Initiative des Rabbi Shmuel Eliahu von Safed, der Juden vorschreiben wollte, an Nichtjuden Wohnungen weder zu verkaufen noch zu vermieten, unterstützt haben…

von David Rosen, 23. Dezember 2010

JERUSALEM – Eliahu behauptet, er habe „Beweise“, dass islamistische Kräfte Arabern Geld anbieten, um in jüdische Wohngegenden einzudringen, um so die demographische Übernahme des Landes zu fördern. Einige seiner Kollegen gingen wohl von dringendem Handlungsbedarf aus. Es ist natürlich tröstlich, dass die Mehrheit der Rabbiner, die Eliahu ansprach, seine Initiative nicht unterstützen wollten. Auch der Oberrabbiner hat sich davon distanziert, viele weitere namhafte Rabbiner haben den Vorstoß Eliahus öffentlich verurteilt.

Die Tatsache jedoch, dass ein paar Dutzend dazu bereit waren, ihren Namen unter diesen beklagenswerten Brief zu setzen, weist nicht nur auf ein bedrohliches Ausmaß von Angst und Paranoia in weiten Teilen unserer Gesellschaft hin, sondern auch auf eine beunruhigende Tendenz des Rabbinats zur „Abgeschiedenheit“.

Eliahus halachische Argumente weisen nicht nur auf seine Boshaftigkeit hin, sondern auch auf eine engstirnige und beschränkte Ansicht jüdischen Rechts, die die aufgeklärten Interpretationen früherer Oberrabbiner völlig ausblendet.

Eliahus Argumentation stützt sich auf die Annahme, Muslime und Christen seien Götzendiener und als kollektive Bedrohung zu betrachten. Dabei hat (Israels erster) Oberrabbiner Avraham Yitzhak haKohen Kook eine solche Klassifizierung kategorisch abgelehnt. Er stütze sich dabei auf die Position des großen mittelalterlichen Rabbi Menachem Hameiri, einer Koryphäe rabbinischer Rechtsprechung. Das jüdische Gesetz verlangt von einem jüdischen Gemeinwesen allen Bürgern, jüdischen wie nicht-jüdischen, volle Bürgerrechte zu garantieren. Kooks Nachfolger, der Oberrabbiner Isaac haLevy Herzog , bestätigte diesen Rechtspruch.

Im Sommer 1939, nach drei Jahren voller Gewalt, in deren Folge Hunderte von Juden durch Terrorakte ihr Leben verloren hatten, forderten und verübten einige Extremisten blutige Rache. Der sephardische Oberrabbiner des britischen Mandats über Palästina, Raw Ben Zion Uziel, und der aschkenasische Oberrabbiner von Tel Aviv, Rabbi Moshe Amiel, erliessen einen Aufruf, der überall verbreitet wurde. Sie verurteilten diese Taten: Das Judentum lehnt jede Kollektivschuld ab, Unschuldige dürfen niemals, schon garnicht als Gemeinwesen, in Haftung genommen werden, für die Taten Schuldiger.

Die dritte aschkenasischen Oberrabbiner des Staates Israel, Isser Jehuda Unterman, gab eine gelehrte Erklärung ab, um das jüdische Grundkonzept „der Wege des Friedens“ zu betonen und klarzustellen, dass hier höchste Ansprüche an die Ethik im Umgang mit Nichtjuden gefordert seien. Dabei gehe es nicht einfach um einen Weg zur Eindämmung gesellschaftlicher Konflikte, sondern um das erhabenste Streben jüdischer Lehre.

Leider sieht es so aus, als hätten viele der heutigen Rabbiner von all diesen halchischen Positionen und Entscheidungen, im besten Fall, nicht die geringste Ahnung. Im schlimmsten Fall müssen wir von einer abgeschotteten Geisteshaltung ausgehen, die in der finsteren Vorstellung gefangen ist, es könne überall, rings umher, nur Feindschaft und Ablehnung geben.

Während die israelische Führung dieses rassistische Auftreten verurteilt hat, wurden bislang keine rechtlichen Schritte gegen diese Rabbiner unternommen, obwohl die meisten immerhin Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sind und somit auch gegen Bedingungen ihres Arbeitsvertrags verstoßen haben. Allzu überraschend ist dies jedoch nicht, da Israels Justizbehörden es noch nie eilig hatten, wenn es um die Auseinandersetzung mit rassistischer Hetze ging, wenn sie von Rabbinern kam.

Wie dem auch sei, eine zunehmende Anzahl gesellschaftlicher Initiativen, darunter vieler Rabbiner, demonstriert ihre Bereitschaft auch weiterhin an den hohen ethischen Werten jüdischer Lehre festzuhalten.

Vom Generalstaatsanwalt wurde gefordert, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Immerhin hat er nun begonnen rechtliche Schritte in Erwägung zu ziehen.

Eine solche zivile Reaktion ist authentischer Ausdruck jüdischer Ethik. Sie steht im Einklang mit den erwähnten Positionen jüdischer Geistesgrößen aus der Anfangsgeschichte des heutigen Staates Israel.

Rabbi Eliahu und seine Kollegen stehen nicht nur für halachische Regression und Kapitulation vor Panikmache. Sie sind schuldig für nicht weniger als Chilul haSchem, die Entweihung des g’ttlichen Namens. Sie sind eine Schande für die jüdische Tradition.

Rabbiner David Rosen ist internationaler Direktor für interreligiöse Angelegenheiten beim American Jewish Committee und interreligiöser Berater des Oberrabbinats von Israel.
Quelle: Jerusalem Post, 12. Dezember 2010, www.jpost.com, cgn.