„Gnadenbild“- Propaganda und Ritualmord-Kolportage

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Die aktuelle Furtmeyr-Ausstellung im Regensburger Historischen Museum hat schon vor ihrer Eröffnung für Unmut und Kritik gesorgt. So spricht etwa der Künstler und Grünen-Stadtrat Jürgen Huber von einem „konservativen, rückwärtsgewandten und klerikal orientierten“ Kunstverständnis, für das obendrein eine überteuerte Ausstellungsarchitektur eingekauft worden sei…

Von J. B. Müller

Klemens Unger, der Regensburger Kulturreferent und Ideengeber für die Schau, schwärmte hingegen bislang von der Furmeyr-Schau. Sie trägt den irreführenden Titel Berthold Furtmeyr. Meisterwerke der Buchmalerei. Aufbruch zur Renaissance in Regensburg und war als Höhepunkt des kulturellen Jahresmottos „…-10 Aufbruch“ – Erinnerung, Orientierung, Zukunft gedacht. Für Idee und Konzeption zeichnet zudem Christoph Wagner, der Lehrstuhlinhaber für Kunstgeschichte Uni Regensburger, verantwortlich. Hauptsächlich Wagner organisiert darüber hinaus ein eindrucksvolles Begleitprogramm mit zwei wissenschaftlichen Fachtagungen und einer umfangreichen Reihe von Abendveranstaltungen, auf denen der Buchmaler Furtmeyr kunstgeschichtlich und bildwissenschaftlich Interessierten vorgestellt werden soll.

Hochpreisige Technik ersetzt kein stimmiges Ausstellungskonzept

Berthold Furtmeyr, der nach 1466 bis 1501 als Bürger in Regensburg ansässig war, gilt als einer der erfolgreichsten Illuministen seiner Zeit, seine Aufträge bezog er vorwiegend von Bischöfen und Adeligen. Die Ausstellung zeigt neben zeitgenössischen Handschriften und frühen Drucken hochwertige Buchmalerei Furtmeyrs in Missalen, Schicksalsbüchern und Bibelausgaben. Darüber hinaus wird mit fast zwei Dritteln der Exponate allerlei religiöses Kunstwerk um 1500 – wie etwa hauseigene Tafelbilder, Rentablen, Messkelche, Kreuze, Skulpturen und Reliquiaren – dargeboten, was unter dem genannten Ausstellungstitel so nicht zu erwarten war. Vermutlich reichte das sehenswerte Furtmeyr-Material allein nicht aus für einen kulturellen Höhepunkt unter der Schirmherrschaft des bayrischen Kunst-Staatsministers Wolfgang Heubisch.

Die überreiche Fülle an Schaulust-Objekten kann aber nicht über handwerkliche Mängel bei Auszeichnung und Kontextualisierung der Exponate und ihrer Künstler hinwegtäuschen. Auch eine Kunstausstellung bedarf eines Mindestmaßes an Hinführung, Erklärungen und Hinweisen zu dem Gegenstand ihrer Schau und den jeweiligen Ausstellungsstücken. Die Kuratoren der „ersten monographischen Buchmalerschau“ (Wagner) machten es sich sehr einfach, da sie außer einem kurzen Begleittext pro Raum für jedes Objekt nur ein kleines, schwer leserliches Schildchen an die Wand klebten, das bloß über Alter und die jeweilige Provenienz Auskunft gibt. Nach scharfen Protesten im Gästebuch tauschte man die Hinweise aus Papier gegen gleich kleine aus Plastik mit etwas mehr Text aus: das strukturelle Dilemma bleibt bestehen, wobei auch die hochpreisige Architektur nicht weiterhilft, da sie alleine noch lange kein stimmiges Ausstellungskonzept garantiert.

Den Werken des Regensburger Künstler Albrecht Altdorfer, der in der kunstgeschichtlichen Debatte seit vielen Jahren spekulativ als „wohl ein Schüler Furtmeyrs“ angesprochen wird, hat man neben denen Furtmeyrs am meisten Platz in der Schau eingeräumt. Einer knapp gehaltenen Informationstafel kann man entnehmen, dass von einer „Donauschule“ mit Altdorfer als Meister nur als „historisches Konstrukt“ gesprochen werden könne. Betont wird darüber hinaus, dass Altdorfer, seit 1505 Bürger der Stadt, einer der erfolgreichsten Kunstunternehmer seiner Zeit gewesen sei. Woraus sich dieser Erfolg speiste, bleibt unbeantwortet. Dass Albrecht Altdorfer ein Mitglied jener Ratsdelegation war, die den Regensburger Juden 1519 den Vertreibungsbefehl überbrachten, erfährt man in der Ausstellung nicht.

Die „Schöne Maria“ von Regensburg

Auch im dazugehörenden Hochglanz-Katalog wird kaum versucht, die historische Person Altdorfer und sein zeitgenössisch-judenfeindliches Umfeld zu thematisieren. Gefiel den Kuratoren etwa der geschichtswissenschaftliche Befund nicht, dass Altdorfer ein mit städtischen Privilegien ausgestatteter Synagogen- und Judenfriedhofs-Schänder war, der seinen Reichtum aus monopolartigen Kunstgeschäften während dem judenfeindlichen Geschehen nach der Vertreibung gewann?

Um Altdorfers Tafelbild von der „Schönen Maria“, das nicht wenige als das „echte Gnadenbild“ der judenfeindlichen Wallfahrtsbewegung nach 1519 sehen wollen, dreht sich ein Hauptstrom des Regensburger Hypes um Altdorfer. So wird verständlich, warum dieses Tafelbild – trotz seiner Präsenz in der Dauerausstellung des Diözesanmuseums – von den Kuratoren in die Schau aufgenommen wurde und einen exklusiven Raum mit religiöser Aura zugewiesen bekam. Aber auch hier sucht man lange nach einer korrekten geschichtlichen Einführung, bzw. nach einer museumspädagogisch sinnvollen Aufbereitung des Objekts.

Das Tafelbild der „Schönen Maria“ wird in Regensburg seit der großen Münchener Altdorfer-Schau (1938) in einer Art Altarrahmen präsentiert, den man seinerzeit eigens dafür erbaute. Dies geschah nach Vorlage des „Altars“ aus Altdorfers berühmten mehrfarbigen „Schönen Maria“-Holzschnitt, dessen Druck der Künstler seinerzeit, neben anderen Wallfahrts-Andenken, tausendfach verkaufte.

Dass es sich bei der ausgestellten „Schönen-Maria“ im „historisierenden“ Altarrahmen um eine historisch nicht belegbare, manipulative Inszenierung des sogenannten „Gnadenbildes“ von 1519 handelt, dürfte nur ausgemachten Fachleuten bekannt sein.

Hinweise darauf fehlen gänzlich. Mit dem zwischenzeitlich überarbeiteten Plastikschildchen gibt man sogar vor zu wissen, dass das Gemälde „für die auf den Ruinen des jüdischen Viertels errichtete Wallfahrtkapelle“ entstanden sei. Bewusste Irreführung oder schlampige Recherche – wer weiß das schon?

„Altdeutsche Kunst“ und ihre Verehrer

Die „Schöne Maria“ im Altarrahmen präsentierte man in der 1938er Altdorfer-Schau als die kürzlich wiederentdeckte Sensation „altdeutscher“ Tafelmalerei, die anlässlich der Ausstellung in der damaligen Hauptstadt der NS-Bewegung restauriert und in der Folge schwärmerisch abgefeiert wurde. So war beispielsweise der Nazi-Historiker Wilhelm Grau von Altdorfers Arbeiten so begeistert, dass er in der zweiten Auflage seines antisemitischen Machwerks manche der Bilder mit Hackennasen und hässlichen Fratzen abdrucken ließ. Bezeichnenderweise sah Grau in Figuren der Tafelbilder Altdorfers „hie Christus und die Seinen, hell rassisch von unserer Art. Dort der Gegner dieser Welt des Guten und Lichten, in Dunkel getaucht und rassisch von der anderen Art“. Vielen Gestalten dieser anderen Art habe „Altdorfer die Fratze von Juden des Regensburger Ghettos gegeben.“ (W. Grau, Antisemitismus im späten Mittelalter, 1939, S. 203).

Im amtlichen Katalog der „Gedächtnisausstellung zum 400. Todesjahr Altdorfers“ (1938) machte man die Hintergründe der Altar-Inszenierung noch offen, verbreitete aber nebenbei eine antisemitische Vertreibungslegende: die Regensburger Juden wären 1519 wegen eines sogenannten Marien-Bild-Frevel vertrieben und die Wallfahrtskapelle deshalb erbaut worden. Im Katalog der Regensburger Ausstellung geht man anders vor.

Kolportage der Ritualmordbeschuldigungen

Dem Katalogbeitrag von Dr. Heinrich Wanderwitz kann man eine weitere antisemitische Vertreibungslegende entnehmen: die von den religiös motivierten Ritualmorden, die angeblich von Regensburger Juden an vier bis sechs Christenknaben begangen wurden (Heinrich Wanderwitz, Berthold Furtmeyr – sein Leben im sozialhistorischen Kontext, in: Klemens Unger und Christoph Wagner (Hg.), Furtmeyr, 2010, Schnell und Steiner Verlag, Ausstellungs-katalog für 39 €).

Wanderwitz, einer der Kuratoren der Schau und Direktor des Regensburger Stadtarchivs, kolportiert in seinem Aufsatz die Ritualmordbeschuldigungen von 1476. Er handelt die vorgeblichen Ritualmorde als historisches Faktum mit dem irrwitzigen Konstrukt ab, ein unter Folter preisgegebenes Täterwissen inhaftierter Juden hätte am „bezeichneten Platz“ zu einem „tatsächlichen“ Fund von Kindergebeinen geführt (nebenbei bemerkt, dabei geht er zudem plagiatorisch vor). Meines Erachtens sind die Ausführungen von Wanderwitz in eine weit verbreitete, traditionsreiche judenfeindliche Geschichtsschreibung einzureihen. In diesen Zusammenhang gehört auch das nationalsozialistische Hetzblatt „Der Stürmer“, das eben diese Ritualmordvorwürfe im Mai 1939 erneut erhob und im Titel mit einem Stich aus der Heiligensammlung „Bavaria Sancta“ aus dem 17. Jahrhundert bildlich geschickt unterlegte.

Als Belegstelle für seine Behauptungen gibt Wanderwitz mit Peter Herde einen ausgewiesenen Fachmann und Kenner für die damaligen Ereignisse an. Wer sich jedoch mit dessen Arbeiten zur christlich-jüdischen Geschichte Regensburgs beschäftigt hat, der weiß, dass für Herde an der Unschuld der angeklagten Juden „kein Zweifel bestehen kann“. Angesichts der historischen Tatsache, dass in diesem Zusammenhang auch kein einziges Christenkind vermisst wurde, spricht er von „Ritualmordpsychose“. Als ein Ergebnis seiner Forschungen, die mittlerweile zum wissenschaftlichen Kanon gehören, schlussfolgert Herde: „Was die herbeigeschafften Skelette an-betrifft, so ist es sehr wahrscheinlich, daß sich einige Ratsherren eines offenkundigen Betruges schuldig gemacht haben.“ (Herde 1959, in ZBLG, S. 382).

Auf die Ausführungen von Wanderwitz angesprochen befand der emeritierte Würzburger Historiker Herde, wer solche Beschuldigungen kolportiere, mache sich lächerlich, dergleichen sei „völliger Unfug“.

Auf den Archivdirektor Wanderwitz wurden manche Beobachter bereits vor Jahren aufmerksam, als er eine wirtschaft-geschichtliche Arbeit von Klaus Fischer erneut publizierte (Klaus Fischer, Regensburger Hochfinanz, herausgegeben von den Museen und dem Archiv der Stadt Regensburg, 2003). Die affirmative Bezugnahme Fischers auf den oben genannten Nazi-Historikers Wilhelm Grau und die unter dem Kapitel „Juden“ versuchte Pseudo-Entnazifizierung Graus stieß damals nicht nur in einem Beitrag der Süddeutschen Zeitung (Alexander Kissler, 24.6.2004) auf Kritik. Doch erst Jahre später, nach Recherchen des Internet-Mediums Regensburg-Digital.de, erfolgte eine praktische Konsequenz aus den zwischendurch eingeräumten Fehlern, als das von Wanderwitz protegierte Buch im Frühjahr 2010 aus dem Verkehr gezogen wurde. Der Geschäftsführer des renommierten Regensburger Kunstverlags „Schnell + Steiner“, in dessen Verantwortungsbereich die Publikation zwischenzeitlich durch einen Verlagsaufkauf gefallen war, wollte reinen Tisch machen und ließ die Restauflage der „Regensburger Hochfinanz“ makulieren.

Derzeit hat die Geschäftsführung des kirchennahen Kunstverlags erneut ein vergangenheitspolitisches Problem vorliegen, da der Hochglanz-Furtmeyr-Katalog mit der Wanderwitzschen Kolportage der Ritualmordbeschuldigungen wiederum von „Schnell + Steiner“ verlegt wird.

Bis zum 13.2.2011 im Historischen Museum Regensburg: Berthold Furtmeyr. Meisterwerke der Buchmalerei.

9 Kommentare

  1. Antisemitische Stereotypen als WELTERBE
    In der Nominierung zur Eintragung in die Welterbeliste der UNESCO der Stadt Regensburg, 2004, Klemens Unger (Hg.), bearbeitet vom Amt für Archiv und Denkmalpflege (H. Wanderwitz) heißt es auf S. 22 unter:
    „7.1. Der Regensburger Fernhandel
    … Unter den Karolingern wurde von Regensburg aus Sklavenhandel im großen Stil betrieben. Vor allem durch Regensburger Juden wurden die Gefangenen aus den zahlreichen Auseinandersetzungen mit slawischen Völkern an arabische und maurische Völker verkauft. Der Weg führte über Augsburg, Chur und Pavia zur Verschiffung in die arabischen Herrschaftsgebiete oder nach Verdun, einem weiteren Mittelpunkt des Sklavenhandels.“

    Und weiter auf S. 25 unter:

    „8.1.3. Innere Unruhen, Vertreibung der Juden und Wallfahrt zur Schönen Maria:

    … Fünf Jahre später richtete sich der Zorn des Volkes gegen die von Kaiser Maximilian I unter seinen besonderen Schutz gestellte jüdische Gemeinde. Diese war als eine der ältesten und traditionsreichsten Judengemeinden im deutschen Raum ein fester Bestandteil der Regensburger Einwohnerschaft geworden. Wenn auch exakte Belege fehlen, so reichen die Anfänge jüdischen Lebens in Regensburg wahrscheinlich schon in die karolingische Epoche zurück. Wichtigstes Indiz hierfür ist die Lage des Judenviertels auf einem Areal, auf welchem die ältesten kirchlichen Institutionen der Stadt – St. Emmeram, der Dom sowie Ober- und Niedermünster – als Grundzinsempfänger genannt sind. Das früheste literarische Zeugnis für die Anwesenheit von Juden in Regensburg stammt hingegen erst aus dem 3. Viertel des 10. Jahrhunderts und berichtet über einen Disput, den Christen und Juden zur Zeit des Bischofs Michael (942-972) über Wunderheilungen im Kloster St. Emmeram geführt haben. Den ältesten urkundlichen Beleg für die Existenz von Juden in der Donaustadt bildet ein Diplom aus dem Jahre 981, mit welchem Kaiser Otto II. (955-983; seit 961 Kg., seit 967 Ks.) den Verkauf eines Gutes in „Schierstadt“, dem heutigen Stadtamhof, durch den Juden Samuel an St. Emmeram bestätigt.“
     
    Herr Wanderwitz nutzt anscheinend jede Gelegenheit um judenfeindliche Stereotypen zu verbreiten. Hierbei scheut er nicht davor zurück für die Karolinger Zeit einerseits einen von „Regensburger Juden“ kontrollierten internationalen Sklavenhandel herbei zu reden.
    Andererseits muss er aber einräumen, dass es für diesen Zeitraum gar keinen Beleg für jüdisches Leben in Regensburg gibt!
     
    Vergangenheitspolitik nach Regensburger Art.

  2. Auszug aus Wikipedia zu Straus:
    Raphael Straus (* 25. Februar 1887 in Karlsruhe; † 3. Mai 1947 in New York City) war ein deutscher Historiker und Verleger jüdischen Glaubens. Sein Lebenswerk war die Erforschung der Geschichte der bedeutenden jüdischen Gemeinde Regensburg.
    Sein Spezialgebiet war die Geschichte und wirtschaftliche Lage des Judentums im Mittelalter.Straus studierte Geschichte in Freiburg, Berlin und Heidelberg. 1910 wurde er mit Die Juden im Königreich Sizilien unter Normannen und Staufern promoviert. 1913 kaufte er den Holbein Verlag, den er bis in die späten 1920er Jahre behielt. Er zeigte Interesse am Kauf der Zeitschrift Der Jude, doch zerschlug sich der Kauf, als er Ende 1915 zum Militärdienst einberufen wurde. 1927 beauftragte ihn der Verband Bayrischer Israelitischer Gemeinden mit der Erforschung der Geschichte des Judentums in Bayern. Seine Arbeiten wurden von den Nationalsozialisten missbraucht. Der NS-Historiker Wilhelm Grau veröffentlichte 1934 das antisemitische Buch Antisemitismus im Mittelalter. Das Ende der Regensburger Judengemeinde 1450−1519. Straus hatte Grau, der damals noch Student war, seine Quellen in dem Glauben zur Verfügung gestellt, dieser sei ein Demokrat.
    Von 1929 bis 1932 war Straus Redakteur der Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland. 1932 stellte Straus sein Werk Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte der Juden in Regensburg im Mittelalter fertig. Die gesamte Auflage wurde Opfer der Bücherverbrennung, doch fand sich nach seinem Tod eine Korrekturausgabe, die 1960 veröffentlicht wurde.
    1933 emigrierte er nach Palästina, wo er seine Arbeit in Jerusalem unter schwierigen Bedingungen fortsetzte. Sein Wunsch, in die USA überzusiedeln, erfüllte sich erst 1945.
     
    Ergänzung zu Prof.Dr. Peter Herde.
    Herde war an  Herausgabe und Korrektur der o.g. Akten- und Urkundensammlung von Straus beteiligt. Nur ein Korrekturdruck hatte die Bücherverbrennung zufällig überstanden.
    Die Sammlung, Grundlage für alle die zu der christlich-jüdischen Geschichte Regensburgs arbeiten, wurde erst nach dessen Tod 1960 publiziert.
    Urkunden und Aktenstücke zur Geschichte der Juden in Regensburg 1453-1738. Bearbeitet von Raphael Straus, 1960, Hrsg. von der Kommision für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.
    Peter Herde ist Verfasser des Ortsartikels zu Regensburg in der
    Germania Judaica Bd.3, 2. Teilband, hg. von Arye Maimon, Mordechai Breuer und Yacov Gugggenheim, 1995, S. 1178-1230.
    Zudem arbeite Herde zu:
    Von  der mittelalterlichen Judenfeindschaft zum modernen Antisemitismus

    in: Geschichte und Kultur des Judentums. Hg. Karlheinz Müller – Klaus Wittstadt, Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstift Würzburg, 1988.
     

  3. Peter Herde:
    Herde arbeitet auf dem Gebiet der mittelalterlichen und neueren Geschichte, besonders zur Reichs- und Papstgeschichte des späteren Mittelalters, zur Sozial– und Geistesgeschichte des italienischen Humanismus und zur Geistesgeschichte des Risorgimento. Seine weiteren Forschungsinteressen betreffen die historischen Hilfswissenschaften, die bayerische Landesgeschichte und die Geschichte des Zweiten Weltkrieges. Er ist gewähltes Mitglied vieler wissenschaftlicher Gesellschaften, Akademien und Kommissionen, unter anderem der Frankfurter Wissenschaftlichen Gesellschaft, der Gesellschaft für fränkische Geschichte, der Medieval Academy of America, der Royal Historical Society London und der Commission internationale de diplomatique.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Herde

  4.  
    Wilhelm Grau (* 4. August 1910 in Straubing; † 9. Oktober 2000 in Alzey) war ein deutscher Historiker und Ethnologe.
    1934 promovierte Wilhelm Grau mit einer Arbeit über Antisemitismus im Mittelalter bei dem Münchner Neuhistoriker Karl Alexander von Müller.[2] Er konnte sich dabei im wesentlichen auf Quellen stützen, die der jüdische Historiker Raphael Straus aus Augsburg gesammelt und 1932 dem jungen, vorgeblich demokratisch gesinnten, Wissenschaftler in großzügiger Weise zur Verfügung gestellt hatte. Am 27. Juni 1937 wurde er mit dem bereits vorliegenden Buch über Wilhelm von Humboldt habilitiert, obwohl selbst Gesinnungsfreunde Zweifel an seiner Qualifikation äußerten.
    Grau trat am 1. Mai 1937 in die NSDAP ein (Mitglieds-Nr. 5951121).[3] Er wurde Geschäftsführer der „Forschungsabteilung Judenfrage“ des 1935 in München gegründeten, von Walter Frank geleiteten nationalsozialistischen „Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands“. Im Gegensatz zu seinen wissenschaftlichen Fähigkeiten wurde seine konkrete Arbeit durchaus anerkannt. Eine der ersten Aufgaben des Instituts war die Sammlung von Unterlagen zur Personen- und Familiengeschichte der Juden. So erstellte z.B. ab Februar 1937 Franz Stanglica für Grau Regesten in Österreich und beschäftigte dabei illegal die Nationalsozialisten Kurt Zeilinger und Walter Messing. Es wurde auch mit dem Aufbau einer Spezialbibliothek begonnen, die bei Kriegsende etwa 35.000 Titel umfasste.[4]
    Sein Ehrgeiz brachte ihn in Konflikt mit Walter Frank. Als dieser auch noch mit seinem Projekt in der Auseinandersetzung gegen Alfred Rosenberg mit dem Projekt einer Schule des Außenpolitischen Amtes der NSDAP unterlag, wechselte Grau am 26. März 1941 nach Frankfurt als Leiter des „Instituts zur Erforschung der Judenfrage“.[5] Im Oktober 1942 wurde Grau in diesem Institut auf Druck von Martin Bormann entlassen,[6] danach war er bei der Wehrmacht.

    Nach Kriegsende war Grau Eigentümer einer Verlagsdruckerei in Alzey. Graus Schriften Wilhelm von Humboldt und das Problem des Juden (Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1935), Die Judenfrage als Aufgabe der neuen Geschichtsforschung (Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1937), Antisemitismus im späten Mittelalter (Duncker & Humblot, Berlin 1939), Die Judenfrage in der deutschen Geschichte (Teubner, Leipzig 1942), Die Erforschung der Judenfrage. Aufgabe und Organisation (Hoheneichen-Verlag, München 1943) und Die geschichtlichen Lösungsversuche der Judenfrage (Hoheneichen-Verlag, München 1943) wurden in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[7]
    http://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Grau
     
    ======================================================
     
    Resümee: Wanderwitz schöpft aus einer nationalsozialistischen Hetzschrift!
     

    Ansprechpartner in Fragen der Denkmalpflege:

    Stadt Regensburg – Amt für Archiv und Denkmalpflege

    Leiter Dr. Heinrich Wanderwitz
    Keplerstr. 1
    93047 Regensburg
    Tel. 0941 / 507-1450
    Fax 0941/ 507-4458
    Email: Wanderwitz.Heinrich@regensburg.de

     
     
    Books by Mr. Wanderwitz:

    1.) 1806 – das Ende des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation
    Kulturreferat d. Stadt Regensburg (Herausgeber/-in), Klemens Unger (Vorwort), Petra Riedl (Autorin), Heinrich Wanderwitz (Autor)
    Stadt Regensburg; 2004
    Taschenbuch
    2.) 40 Jahre Altstadtsanierung in Regensburg
    Wilhelm Brand, Rudolf Fröschl, Harald Giess, Siegfried Körmer, Günter Schiessl, Günter Stöberl, Heinrich Wanderwitz, Stadt Regensburg – Planungs- u. Baureferat (Herausgeber/-in), Günther Beckstein (Vorwort), Christa Meier (Vorwort)
    Taschenbuch
    3.) Das Älteste Bürgeraufnahmebuch der Reichsstadt Regensburg
    Ingo H. Kropac (Redaktion), Heinrich Wanderwitz (Redaktion), Susanne Kropac (Autorin)
    Stadt Regensburg; 1997
    Unbekannter Einband
    4.) Das mittelalterliche Judenviertel. Eine multimediale Präsentation zu einem Projekt von europäischem Rang
    Silvia Codreanu-Windauer, Martin Schaich, Heinrich Wanderwitz, Amt für Archiv und Denkmalpflege (Herausgeber/-in), Bayerisches Landesamt f. Denkmalpflege (Herausgeber/-in), Sandro P. Herbrand (Erzähler/-in)
    Unbekannter Einband
    5.) Der Goldschatz vom Neupfarrplatz
    Museen d. Stadt Regensburg (Herausgeber/-in), Silvia Codreanu-Windauer (Autorin), Gerd Stumpf (Autor), Heinrich Wanderwitz (Autor)
    Stadt Regensburg; 1997
    Taschenbuch



    6.) Die Geburt Österreichs. 850 Jahre Privilegium minus
    Peter Schmid (Autor), Heinrich Wanderwitz (Autor)
    Schnell & Steiner; 2007
    gebunden
    7.) Lappersdorf 1185-1985
    Heinrich Wanderwitz (Bearbeiter), Alfred Desper (Autor), Klaus Karl (Autor), Erwin Probst (Autor), Franz Zollner (Autor)
    Manzsche Regensb.; 1985
    gebunden
    8.) Regensburg im Mittelalter I. Beiträge zur Stadtgeschichte vom frühen Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit
    Martin Angerer (Herausgeber), Heinrich Wanderwitz (Herausgeber), Eugen Trapp (Autor)
    Universitaetsverlag Regensb; 1995
    broschiert
    9.) Stadt und Salz
    Wilhelm Rausch (Vorwort), Wieland Held (Autor/-in), Jean C. Hocquet (Autor), Franz H. Hye (Autor), Herbert Knittler (Autor), András Kubinyi (Autor), Rudolf Palme (Autor), Zdenek Simecek (Autor), Franz Stadler (Autor), Kurt Thomanek (Autor), Heinrich Wanderwitz (Autor), Harald Witthöft (Autor), Gerd Wunder (Autor)
    Österreichischer Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung; 1988
    gebunden
    10.) Studien zum mittelalterlichen Salzwesen in Bayern
    Heinrich Wanderwitz (Autor)
    C. H. Beck; 1996
    broschiert


    11.) Sulzbach und das Land zwischen Naab und Vils im frühen Mittelalter
    Silvia Codreanu-Windauer (Vorwort), Götz Alper (Autor), Jürgen Dendorfer (Autor), Sveva Gai (Autor/-in), Mathias Hensch (Autor), Hans Losert (Autor), Dietrich J. Manske (Autor), Dr. Cornelia Oelwein (Autorin), Kerstin Pasda (Autorin), Alois Schmid (Autor), Hubertus Seibert (Autor), Heinrich Wanderwitz (Autor)
    Stadt Sulzbach-Rosenberg; 2003
    Taschenbuch
    12.) Zu Gast im alten Regensburg
    Rudolf Angerer (Autor), Heinrich Wanderwitz (Autor)
    Irisiana; 1992
    gebunden


  5. Zu Wanderwitz und seinen Quellen.
    Bei J.B.Müller heißt es, Wanderwitz würde die Arbeiten von Peter Herde (1959) als Beleg missbrauchen.
    Dem ist nur noch hinzuzufügen, aus welchen Quellen Wanderwitz, der sich ja bekanntlich von eigenständigen Forschungen zur christlich-jüdischen Geschichte Regensburgs soweit als möglich fernhielt, sein „Insider“-Wissen tatsächlich schöpfte.
    In seinem Aufsatz ( Regensburg um 1500, in: Museen der Stadt Regensburg (Hg.), 450 Jahre Evang. Kirche in Regensburg, 1992, S. 33) nennt Wanderwitz in den Anmerkungen auch den o.g. Nazi-Historiker Wilhelm Grau, Antisemitismus im späten Mittelalter, 1934/1939.
    Grau, für den “Antisemitismus“ etwas Ehrenwertes und Befreiendes darstellt, erörtert tatsächlich die Frage nach der „Schuld oder Unschuld“ der 1476 aufgrund von Ritualmordbeschuldigungen inhaftierten Juden, lässt die Beantwortung jedoch, geschickt lavierend, offen. Er verweist allerdings darauf, dass „im Bewußtsein des christlichen Volkes“ der Ritualmord eine unumstößliche Wahrheit gewesen sei.
    Grau weiter mit Hetze  und hier sind wir endlich bei Wanderwitz 1992-2010:
    „Die Aussagen auf der Folter wurden durch den Fund von Gebeinen, die sachverständige Ärzte zu vier Kinderkörpern zusammenstellten und die zu weiteren Kindern gehörten, bestätigt.“ (S.218, 1939).
    Resümee: Wanderwitz schöpft aus einer nationalsozialistischen Hetzschrift!

  6. Regensburg/Donau (Bayern)
    Die Anfänge jüdischen Lebens in der Stadt Regensburg reichen bis in die Zeit der Karolinger zurück; die jüdische Gemeinde von Regensburg zählt damit zu den ältesten jüdischen Gemeinden in Deutschland und zu den bedeutendsten im mittelalterlichen Europa…

    Aber erst Ende des 18. Jahrhunderts entstand eine neue jüdische Gemeinde in Regensburg. 1841 wurde nach Umbau eines Bürgerhauses eine Synagoge in der Unteren Bachgasse eingeweiht; ihr war eine israelitische Elemantarschule angebunden.
    Der 1822 angelegte Friedhof der Regensburger Juden befand sich an der Schillerstraße in der Nähe des Stadtparks.
    Ein Synagogenneubau erfolgte 1911/1912 am Brixener Hof in der Schäffnerstraße; die bisher genutzte Synagoge in der Unteren Bachgasse war baufällig geworden und entsprach nicht mehr den Ansprüchen der Gemeinde.
    Über den ovalen Grundriss der neuen Synagoge wölbte sich ein monumentaler Kuppelbau; in ihr fanden etwa 290 Männer und 180 Frauen Platz; für Frauen und Männer gab es zwei getrennte Eingänge.
    Im angrenzenden Gemeindehaus war die jüdische Volksschule untergebracht; ein Raum diente als Wochentagssynagoge; andere Räume waren als Wohnungen für kantor und Hausmeister ausgelegt.
    Im Keller befand sich das Frauenbad.

    Juden in Regensburg:
    um 1410 — ca. 300 Juden
    um 1510 — ca. 700
    1811 ——- 127
    1861 ——- ca. 130
    1866 ——- 318
    1875 ——- 559
    1880 ——- 675 (ca. 2% d. Bevölk.)
    1903 ——- 540
    1925 ——- 478
    1933 ——- 427
    1935 (Juli) – 364
    1939 (Mai) – 226
    1942 (Nov.)  18
    1945 (Feb.)  17
    1950 ——– ca. 290
    1970 ——– 140
    1996 ——– ca. 190
     
    Im Wirtschaftsleben Regensburgs spielten jüdische Geschäftsleute um 1900 eine wichtige Rolle; so war z.B. die Hälfte der 14 Privatbanken der Stadt in jüdischem Besitz.
    Bereits in den 1920er-Jahren war der jüdische Friedhof von Nationalsozialisten geschändet worden; auch antisemitische Veranstaltungen wurden in Regensburg abgehalten. Mit Beginn der NS-Herrschaft wurden die antisemitischen Attacken stärker; hinzu kam der wirtschaftliche Boykott jüdischer Unternehmen und Geschäfte, der auch gewaltsam durchgesetzt wurde; so wurden Juden verprügelt, als sie auf dem Markt ihre Stände aufbauen wollten.
    Ende März 1933 wurden mehr als 100 Regensburger Juden, fast ausnahmslos Geschäftsleute, von der SA für einen Tag „in Schutzhaft“ genommen und wurden in der Lokalpresse namentlich an den Pranger gestellt.
    Am 31. März 1933 zog ein von der NSDAP organisierter Demonstrationszug durch die Innenstadt; dabei wurden Transparente antijüdischen Inhalts mitgeführt; am Schluss stand eine Ansprache, die „die Machenschaften der internationalen Börsen- und Bankjuden“ geißelte.
    Am 1. April 1933 wurde dann auch in Regensburg der Boykott jüdischer Geschäfte durchgeführt; wie fast überall in Deutschland standen auch in Regensburg SA-Posten vor jüdischen Geschäften. Infolge der Abwanderung vor allem jüngerer jüdischer Bürger aus Regensburg – zwischen 1933 und 1938 verließen fast 270 Gemeindemitglieder die Stadt, meist in Richtung Palästina – war der verbliebene Bevölkerungsanteil überaltert; um sie zu versorgen, richtete die Gemeinde in der Weißenburger Straße ein Altersheim ein, das später als ein Sammelpunkt für die Deportationen nach Theresienstadt diente.
    Im Sommer 1938 wurden sämtliche Schaufenster der jüdischen Geschäfte Regensburgs mit roter Farbe beschmiert, um die „Arisierung“ voranzutreiben.
    Anfang November 1938 – kurz vor dem Novemberpogrom – hielten sich noch etwa 350 Juden in Regensburg auf.
    Wie in anderen Städten wurden auch in Regensburg jüdische Wohnungen und Geschäfte beschädigt und geplündert, die Synagoge verwüstet und niedergebrannt; verantwortlich dafür waren etwa 300 junge Männer des NSKK, die unter Führung des Leiters der Motorsportschule das jüdische Gotteshaus zerstören sollten.
    Dabei waren Rivalitäten zwischen den lokalen NS-Gruppierungen deutlich geworden; SA und SS fühlten sich übergangen und waren erbost darüber, dass die Brandsetzung nicht ihnen übertragen worden war!
    Die herbeigeeilte Feuerwehr beschränkte sich darauf, angrenzende Gebäude vor den Flammen zu schützen. Die schwer beschädigte Synagoge wurde anschließend abgebrochen.
    Jüdische Bürger, auch Frauen und Kinder, wurden in der NSKK-Motorschule inhaftiert und mussten zum Gespött der Schaulustigen „sportliche Ãœbungen“ ausführen; anschließend mussten die Festgenommenen unter dem Plakat „Auszug der Juden“ zum Bahnhof marschieren, wo man ca. 30 von ihnen auf einen LKW verlud, der sie ins KZ Dachau brachte.
    Im Monatsbericht für November des Regierungspräsidenten Niederbayern/Oberpfalz hieß es:
    … Bei der vom 9./10. November nachts durchgeführten Aktion wurden die 5 im Regierungsbezirk vorhandenen Synagogen  in Regensburg, Amberg, Straubing und Sulzbürg bei Neumarkt … zerstört. Die männlichen Juden, teilweise auch weibliche, wurden in der Nacht festgenommen; im ganzen kamen in der Folgezeit 224 Männer aus dem Regierungsbezirk in das Konzentrationslager Dachau. Ein Teil von ihnen ist unterdessen wieder freigelassen worden. In Regensburg wurden alle Männer am Vormittag des 10.11. vor dem Abtransport in geschlossenem Zug durch die Stadt geführt. Sie mußten ein großes Plakat „Auszug der Juden“ tragen…
    Wem bis 1941 nicht die Emigration gelang, der wurde im Frühjahr 1942 nach München gebracht und dort zusammen mit anderen Juden der Oberpfalz nach Piaski bei Lublin deportiert; mehr als 100 Juden aus Regensburg traf dieses Schicksal.
    117 Regensburger Juden wurden in einem anderen Transport nach Theresienstadt verschleppt; sie hatten zuvor meist in den beiden „Judenhäusern“ in der Weißenburger Straße 31 und in der Schäffnerstraße 2 gelebt.
    Die letzten zehn „in Mischehe“ verheirateten Juden wurden noch Mitte Februar 1945 nach Theresienstadt deportiert.
    Etwa 200 bis 250 Regensburger Juden wurden Opfer der Shoa.
    Im März 1944 wurde im Regensburger Hotel Colosseum ein Außenkommando des KZ Flossenbürg errichtet; in einem großen Saal waren hier etwa 400 Häftlinge, darunter etwa 150 Juden – vor allem aus Polen -, untergebracht. Eingesetzt wurden die Männer bei Ausbesserungsarbeiten von Reichsbahnanlagen.
    Das Außenkommando wurde im April 1945 evakuiert; zusammen mit KZ-Häftlingen aus den beiden Außenkommandos Ganacker und Plattling wurden sie Anfang Mai 1945 von US-Truppen befreit.
    In zwei Nachkriegsprozessen standen Verantwortliche der während des Novemberpogroms verübten Gewalttätigkeiten vor Gericht.
    Nach Kriegsende fanden zahlreiche jüdische Flüchtlinge aus befreiten Konzentrationslagern und osteuropäische Flüchtlinge Unterkunft in der Stadt Regensburg; insgesamt mehr als 18 000 jüdische Displaced Persons liefen die zentrale Hilfsstelle für die jüdischen Überlebenden in Regensburg an.
    Anfang 1948 hielten sich noch etwa 16 000 Juden in zahlreichen Lagern Regensburgs und der nahen Umgebung auf.
    Die amerikanische Armee und die UNRRA (=Internationale Organisation für Flüchtlinge) versorgte die Flüchtlinge mit Lebensmitteln und Bekleidung.
    Sehr schnell formierten sich in Regensburg mehrere gemeindeähnliche Organisationen, die sich – wenngleich nur provisorisch – um die religiösen und seelsorgerischen Belange der DP’s kümmerten. Bereits Mitte Oktober 1945 berichtete die Zeitung der US-Militärregierung von der Gründung einer „Jewish Community“ in Regensburg mit einem „Jewish Chaplain’s Office Regensburg„. Der Sitz der etwa 350 Mitglieder starken Organisation befand sich damals im Zentralcafe in der Pfauengasse. Als Rabbiner fungierte ab Sommer 1945 bis Ende 1949 Dr. Josef Glatzer.
    Am 1. August 1950 wurde die Jüdische Gemeinde Regensburg gegründet. 1970 zählte diese etwa 140 Mitglieder; 1998 waren es fast 400 Personen; 2005 gehörten der Gemeinde mehr als 900 Angehörige an.
    Eine Gedenktafel an der Außenwand des Jüdischen Gemeindehauses „Am Brixener Hof“ erinnert heute an die ehemalige jüdische Gemeinde Regensburgs und ihre Angehörigen.
     
    Hier stand die Synagoge
    Das Gotteshaus der jüdischen Gemeinde Regensburg
    Erbaut 1912, zerstört am 9. November 1938 durch die Nationalsozialisten.
    Am 10. November 1938 wurden jüdische Bürger
    in einem beispiellosen Schandmarsch durch die Stadt getrieben.
    Am 2. April 1942 wurden hier auf dem Platz der abgebrannten Synagoge
    106 jüdische Bürger zusammengetrieben und in die Konzentrationslager
    deportiert. Am 15. Juli und 23. September 1942 folgten weitere Opfer
    dem Leidensweg von Millionen Juden, die wegen ihres Glaubens litten und
    starben. Noch in den letzten Kriegstagen fanden Deportationen von

    Regensburg aus statt.
     
    In den 1990er-Jahren brachten Ausgrabungen auf dem Neupfarrplatz Reste des einstigen jüdischen Viertels zum Vorschein; herausragender Fund waren Relikte der frühgotischen Synagoge.
    Auf den Ruinen der mittelalterlichen Synagoge Regensburgs am Neupfarrplatz wurde im Juli 2005 ein großflächiges Werk des israelischen Künstlers Dani Karavan enthüllt; das Bodenrelief soll nicht nur an die Zerstörung des einstigen jüdischen Viertels im 16. Jahrhundert erinnern, sondern zugleich auch Ort der Kommunikation sein.
    Vom großen mittelalterlichen Regensburger Judenfriedhof haben mehrere Grabsteine die Jahrhunderte überdauert; in Regensburg selbst findet man diese Steine aber nicht mehr an ihrem einstigen Standort, sondern z.B. im Städtischen Museum, im Dom-Kreuzgang und anderswo. Auch in Ortschaten der Umgebung, u.a. in Riegeldorf, Kelheim und Mangolding, sind alte Grabsteine des Regensburger Friedhofs noch auffindbar.
    Der neuzeitliche jüdische Friedhof Regensburgs an der Schillerstraße hat die NS-Zeit überdauert…
     
    (Klaus-Dieter Alicke, Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum, Gütersloh 2008)
     

  7. Regensburg, Stadt in Bayern mit 77 000 Einwohnern, darunter ca. 500 Juden (1925). Die älteste sichere Nachricht von J. in R., dessen Gemeinde im MA sehr berühmt war, stammt aus dem 10. Jhdt., während das J.-viertel, das älteste in Deutschland, erst im 11. Jhdt. erwähnt wird. Im ersten Kreuzzug 1096 von schweren Verfolgungen heimgesucht, erholte sich die Gemeinde bald und entwickelte sich zu einem angesehenen Gemeinwesen mit eigener, durch kaiserliche Privilegien geschützter Verfassung und eigenem Siegel. An ihrer Spitze stand der Rabbiner, welcher den Titel Hochmeister führte. Die J. hatten sowohl dem Kaiser wie der Stadt Schutzgeld zu bezahlen und nahmen an allen bürgerlichen Pflichten teil. Bes. berühmt war der Prunkbau der Synagoge, von dem noch Abbildungen von der Hand des R.-er Künstlers Altdorfer erhalten sind. Der Friedhof wurde 1210 angelegt, nachdem bis dahin die Toten auswärts bestattet worden waren. Sehr bedeutend waren die Handelsbeziehungen der J. in R., da sich damals der Handel nach dem Orient auf der Donau abwickelte. Unter den Hochmeistern waren mehrere von Weltruf. So Rabbi Juda ben Samuel, gen. hechassid (der Fromme), der Vf. des „Sefer chassidim“, der auch die Reiseberichte des berühmten Weltreisenden Petachja aus R. sammelte; ferner Rabbi Israel Bruna u.a. 1348/49, während der großen J.-metzeleien in Deutschland, auch in Bayern, schützten Rat und Bürgerschaft die J., nachdem die Herzöge von Bayern ihnen gestattet hatten, „mit den J. zu handeln mit und ohne Recht“. Im 15. Jhdt. erreichte die Blüte der Gemeinde ihren Höhepunkt. Der wirtschaftliche Niedergang der Stadt, die mit der Entdeckung neuer Seewege aufhörte, führende Handelsstadt zu sein, erzeugte bald darauf eine gereizte Stimmung gegen die J., die schließlich dazu führte, daß 1519, im Febr., alle J. aus der Stadt ausgewiesen wurden. Ihre Synagoge hatten sie selbst kurz vorher niederreißen müssen; der Friedhof wurde bald darauf demoliert, an 5000 Grabsteine fanden als Grund- und Bausteine in der Stadt Verwendung. Die jetzte im Ulrichsmuseum gesammelten Grabsteine und der sog. „J.-stein“ in der Stadt, ein das Datum 8. Kislew 5135 tragender Grabstein, sind die letzten Zeugen der einst berühmten Gemeinde des MA’s. Die Zahl der J. in R. soll damals 500 betragen haben. Auf dem Platze der ehemaligen Synagoge steht heute die Neupfarrkirche.
     
    Die dauernde Wiederansiedlung von J. in R. und damit der Anfang zur heutigen Gemeinde knüpft sich an den in der Freien Reichsstadt 1669-1805 tagenden „dauernden“ Reichstag. Der Reichserbmarschall, der jeweils regierende Graf v. Pappenheim, hatte die Bedürfnisse für den Reichstag herbeizuschaffen und nahm zu dem Behufe Schutzjuden in der Stadt auf, für deren Rechte er tatkräftig eintrat, und deren Zahl sich bald vermehrte. Ihre Rechtsstellung unter Pappenheimerischer Regierung regelte der Erbmarschall 1733 durch ein besonderes Reglement. Eine Synagoge konnte erst am Anfang des 18. Jhdts. in einem Privathause eingerichtet werden. Die Toten wurden auswärts, zumeist in Pappenheim begraben. Der erste Rabbiner der neuerstandenen Gemeinde, Rabbi Isaak Alexander, war ein Zeitgenosse Moses Mendelssohns, der philosophische Schriften in deutscher Sprache veröffentlichte. Sehr verdient um die Gemeinde machte sich deren Vorsteher Hofagent Philipp Reichenberger, der sich auch bei der Reichsdeputation 1802 um die Abschaffung des Leibzolles bemühte. 1803 hörte R. auf, Freie Reichsstadt zu sein, und fiel an den Fürsten von Dalberg. Am 1. Juli 1805 kamen auch die J. in R. unter Dalbergsche Herrschaft, nachdem Graf von Pappenheim eine Geldentschädigung erhalten hatte. Dalberg gewährte den J.  auf Pappenheimsche Empfehlung mehrere Vergünstigungen, u.a. auch die Erlaubnis zum Erwerb von Grundstücken. Die von den J. in R. angestrebte Bürgerrechtserteilung kam unter Dalberg nicht mehr zur Ausführung, weil die Stadt 1810 an Bayern fiel. Auf Grund des bayer. Edikts von 1813 wurde für R. die Normalzahl auf 17 j. Familien festgesetzt. 1822 legte die Gemeinde in R. einen j. Friedhof an. 1841 folgte die Einweihung einer neuen Synagoge. 1860-1882 gehörte die Gemeinde dem Distriktsrabbinate Sulzbürg an. 1881 wurde Dr. S. Meyer, Herausgeber der „Deutsch-Israelitischen Zeitung“, zum Rabb. in R. gewählt. 1897 erfolgte die Erweiterung zum Distriktsrabbinate. 1912 wurde die neue Synagoge eingeweiht.
     
    (Jüdisches Lexikon, Berlin 1927)

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