Immer wieder zu Ostern: Ritualmordlegenden und Talmudlügen

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Ostern steht vor der Tür – seit eh und je keine gute Zeit für uns Juden, denn es ist die Hochzeit des christlichen Judenhasses, der sich seit Jahrhunderten in Pogromen gegen Juden äußert. Vor allem Ritualmordlegenden waren oft Vorwand für Übergriffe…

Von Ramona Ambs

Christlich motivierte Pogrome gegen Juden gibt es heutzutage zum Glück eher selten. Dennoch ist die alte Ritualmordlegende in unterschiedlicher Weise noch immer präsent. Vor drei Jahren erst debattierte man in Italien ernsthaft darüber, dass es die jüdischen Ritualmorde eventuell doch gegeben habe. In seinem Buch „Blutpessach“ verbreitete der israelische Historiker Ariel Toaff diese abstrusen Thesen. Zwar widersprachen ihm die meisten Forscher und auch das Buch wurde zur Überarbeitung vom Markt genommen, dennoch stimmt die Tatsache, dass das Buch im katholischen Italien überhaupt so erscheinen konnte, bedenklich.

Und erst vor wenigen Wochen geisterten dann Organraubgeschichten aus Haiti, quasi als moderne Variante der Ritalmordlegende, durchs weltweite Web. Wieder war es die Mär von Juden, die Kinder stehlen und Organe rauben.

Auf der wohlkklingenden Seite Buchfreund. de kann man derzeit problemlos alte antisemitische Hetzschriften kaufen, wie zum Beispiel „Israels Ritualmord an den Völkern“ von Wilhelm Matthießen. In dem vom Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur herausgegebenen Faksimile der Werkausgabe von 1939 lernt der geneigte Leser dann auch alles, was man so über die blutdürstigen Juden wissen muss.

Aber auch Lesemuffel werden fleißig mit Material versorgt. Vor allem auf youtube kursieren derzeit neue Videoclips, in denen versucht wird, jüdischen Ritualmorde quasi wissenschaftlich zu belegen. Ein Beispiel in englischer Sprache gibt es hier.

Auffällig dabei ist, dass viele der „Anbieter“ dieser Hetzvideos immer wieder versuchen, ihre Darstellungen anhand gefälschter Talmudzitate zu verifizieren. So gibt es teilweise minutenlange Clips- auch in deutscher Sprache-, deren Einleitung spaßigerweise mit folgenden Worten beginnt: „Dies ist keine antisemitische Präsentation. Diese Präsentation basiert auf vertrauliche Quellenangaben. Somit ist ausgeschlossen, dass es sich bei der Präsentation um eine Hetzpräsentation gegen das Judentum handelt“. Na dann ist ja alles prima (bis auf die Grammatik!)! Dummerweise folgt dann natürlich doch der komplette antisemitische Müll.

Erfahrungsgemäß dauert es sehr sehr lange bis derartige Clips entfernt werden – meist dauert es solange, dass bereits drei neue gleicher Art abrufbar sind, bevor der alte Clip verschwunden ist. Deshalb ist es schön, wenn man auch mal auf originelle Videoantworten stößt, die letztlich effektiver sind, als das pure Ausblenden der alten Clips. So wollten wir hier eigentlich auch einen Clip vorstellen, der die scheinbar wissenschaftlichen Argumente des Talmudlügenvideos auseinandernimmt und humorvoll widerlegt. Komischerweise war aber dieses Video wegen „Verstoßes gegen die Nutzungsbedingungen“ schneller verschwunden als man schreiben kann, während die Ritualmordclips noch immer da sind.

Und die Suche nach Videos, die den Talmudlügen etwas entgegensetzen, gestaltet sich schwierig. Ein bißchen wie das Suchen grüner Ostereier im Gras. Man vermutet, es gibt sie – aber man sieht nur grünes Gras. Und so kann man nur hoffen, dass noch mehr kreative Köpfe bunte auffällige Videos gegen diese Lügenvideos produzieren und einstellen werden. Denn orginelle und intelligente Clips in Hülle und Fülle sind langfristig die beste Antwort auf die antisemitsche Propaganda, die bei Youtube ja gegen keine Nutzungsbedingungen verstösst.

8 Kommentare

  1. „Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.“ (Albert Einstein)

    Wie dumm sind wir denn eigentlich, daß wir immer noch im Namen der Religion morden und brandschatzen? Jesus war Jude. Ein höchst unorthodoxer vielleicht, aber wenn er gewußt hätte, was aus seiner Gemeinde einmal entsteht… Und mindestens genauso schlimm finde ich, daß wir immer noch über Toleranz diskutieren müssen. Wobei ich mich doch sehr über die Aussage Idan Raichels gefreut habe, daß die religiösen Fanatiker in der Minderzahl sind, aber leider immer noch lauter schreien als der Rest.
    Ostern sollte ein Fest der Freude und Befreiung sein, wie es auch Pessach ist. (Ritual-) Mord und Totschlagsphantasien dürfen da einfach keinen Platz haben.

  2. Hatte der Fall dieses tschechischen Schuhmachers nicht auch etwas mit Ostern zu tun? Ich glaube in Hagalil wurde darüber berichtet, ich erinnere mich aber nicht mehr an den den Namen des Mannes.

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