Nach 20 Jahren: Endgültiges Aus für den Jüdischen Kulturverein Berlin e.V. (JKV)

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Nach 20 erfolgreichen Jahren beschloss die Mitgliederversammlung des Jüdischen Kulturvereins Berlin e.V. (JKV) am 16. Dezember 2009 mit großem Bedauern dessen Auflösung zum 31.12. 2009. Als Hauptgründe gelten neben einer seit Anbeginn verweigerten institutionellen Förderung durch den Berliner Senat auch die vorwiegend mangelnde Unterstützung durch etablierte jüdische Institutionen in Deutschland, vor allem aber das inzwischen sehr hohe Lebensalter vieler Gründungs- und Vereinsmitglieder sowie der fehlende jüdische Nachwuchs. Der Verein konnte daher nicht mehr angemessen aus eigener Kraft auf die sich verändernden Anforderungen im 21. Jahrhundert reagieren…

Am 11. Dezember 1989 erschien in der DDR-Presse der Gründungsaufruf für einen von der jüdischen Religionsgemeinschaft unabhängigen Jüdischen Kulturverein in Berlin, im Januar 1990 nahm dieser als erste säkulare jüdische Organisation nach dem Holocaust ehrenamtlich die Arbeit auf. Eingangs ging es vor allem um das gemeinsame (wieder)Erleben oder Kennenlernen jüdischer Traditionen und den intensiven Austausch über die Ursachen und Folgen der gesellschaftlichen Wende und das damit verbundene Ende der DDR. Am 12. Februar 1990 initiierte der JKV am Zentralen Runden Tisch der DDR die ab Mai 1990 durch die letzte DDR-Regierung de Maiziere ermöglichte Einwanderung sowjetischer Jüdinnen und Juden und begleitete diese bis zuletzt mit großem Einsatz.

Der JKV beförderte den innerjüdischen Dialog durch politisch linke Positionen, stand gegen Rassismus, Ausländerhass und Islamfeindschaft und setzte sich für das Miteinander unterschiedlicher Kulturen, Religionen und Ethnien in Berlin ein. Er stand kritisch solidarisch zu Israel und unterstützte eine Völkerverständigung im Nahen Osten. Neben den internen Zusammenkünften und jüdischen Festen fanden über 4 000 öffentliche Veranstaltungen zu jüdischen, deutsch-jüdischen, kulturellen, zeithistorischen, innen- und außenpolitischen sowie Migrationsthemen statt.

Nach 20 Jahren hat nun diese in Ostberlin wurzelnde solidarische jüdische Gemeinschaft ihre Aktivitäten eingestellt. Im Rahmen des JKV war die biographische Erfahrung der Mitglieder zwischen 1933 und 1945, deren Verfolgung, Widerstand, Flucht und Überleben als Gründungsidee umgesetzt und in die kontinuierliche Arbeit integriert worden. Auch für Nachgeborene beinhaltete der Verein in einer konkreten historischen Umbruchsituation menschlich und intellektuell einen jüdisch-kulturellen und politischen Zusammenhalt auf Zeit.

20 Jahre hat der JKV die Berliner jüdische Stadt- und Zeitgeschichte auf seine Weise mitgestaltet, inzwischen ist das jüdische Leben bereits um viele, nicht nur um religiöse Facetten, reicher geworden, die im Gründungsjahr des Vereins nicht absehbar waren, aber seine Philosophie bestätigt haben. Mit dem Ende dieser gemeinnützigen jüdischen Organisation verstummt eine prägnante jüdische Stimme, aber dieses
Ende ist zugleich eine Herausforderung für neue jüdische Projekte in Berlin.

Pressemitteilung des Jüdischen Kulturvereins Berlin e.V., 16.12.2009