Die Deggendorfer Gnad: Das verspätete Machtwort eines Bischofs

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Der innerkirchliche und parteipolitische Streit wider antisemitische Grundlagen der Wallfahrt, um Hostien und verworfene Ablässe…

Von S. Michael Westerholz/Deggenau

III. Das verspätete Machtwort eines Bischofs

Es ist höchste Zeit, sich die Fakten der speziell Deggendorfer Variante einer Verehrung von priesterlich geweihten Hostien anzusehen. Wie im I. und II. Teil bereits kurz angedeutet, hat es darüber fortdauernde Verwirrungen gegeben. Nicht einmal nach dem amtskirchlich erzwungenen Ende der unseligen GNAD ließ sich klären, um wieviele Hostien es sich denn überhaupt gehandelt hatte. 1749 ist von „9 heillig consecrirte(n) Hostien“ die Rede, vor 1388 in der steinernen Urkunde an einer der Gabkirchensäulen nur von „GOTS LAICHENAM“ ohne Mengenangaben, 1518 von „damals bei den Juden gefundene(n) Partikel(n)“ des göttlichen Sacraments “ Als der Aldersbacher Abt Marius dies niederschrieb, dürfte er persönlich in Deggendorf Umschau gehalten haben: Denn er sah keine vollständig erhaltene Hostie, wie sie später gezeigt wurden, er hörte auch nichts davon, dass sie helles Licht ausgestrahlt hätte, unter geistlicher Sphärenmusik aus einem Brunnen geflogen und in einem Schmiedspelz gelandet wäre. Er sah aber einen frischen Dorn, der angeblich zum Herumkratzen auf den Hostien verwendet worden war – später gehörte zum GNAD-Schatz ein schwarzverfärbter Zweig in einem kostbaren Reliquienbehälter. Der Brunnen, in den sie geworfen und dessen Wasser angeblich vergiftet worden war gab und gibt es heute noch, der Amboß, auf dem sie behämmert worden waren, wurde gezeigt. 1662 ist es in der Geschichte Bayerns des Kanzlers Johann Adlzreiter eine Hostie.

1787 teilen Pfarrer und Rat der Stadt dem Kurfürstlichen Geistlichen Hofrat in München mit, „zehn“ (Hostien) an der Zahl, werden noch ganz unversehrt aufbehalten, und als ein wahres fortdauerndes Wunder von denn hieher der Menge nach wallenden frommen aus- und einländischen Pilgern verehret und angebethet.“ Zwei Jahrzehnte später berichtet der Historiker Andreas Buchner in seiner GESCHICHTE VON BAYERN aus Raynaldus ANNALES ECCLESIASTICI ad annum 1338 (= aus dem Jahre 1338!) ebenfalls von nur einer Hostie! 1837 schrieben das Regensburger Ordinariat und Deggendorfs Stadtpfarrer in einem Bittbrief an den Papst in Rom um die Gewährung eines Ablasses zur geplanten 500-Jahrfeier der GNAD, „daß einige Partikel des allerheiligsten Sakraments in der Eucharistie durch Juden, in deren Hand sie heimlich gekommen waren, in ungebührlichster Weise behandelt wurden, trotzdem unversehrt und unbeschädigt von Christen auf wundersame Weise wiedererlangt, wurden sie voller Gottesfurcht in die Kirche der Heiligen Petrus und Paulus zurückgetragen.“ R. von Liliencron zitiert in seiner Sammlung historischer Volkslieder der Deutschen 1865 eines zu den Deggendorfer Ereignissen, dass erstmals zu Beginn des 16. Jahrhunderts gedruckt worden sein könnte: Es nennt ainlif Stuck = elf (Stuck Hostien)! 1876 spricht der Redakteur der PASSAUER ZEITUNG, George Morin, von sieben Hostien in Deggendorf.

Welch wundersame Ausschmückung einer großen Lüge offenbarte sich da in einer Zeit, da Aufklärer, auch solche innerhalb der katholischen Kirche, schon mitten in ihren Bemühungen waren, die Kirche, den Glauben, auch die Institutionen auf ihren wahren Kern zurückzuführen. Die sogenannte 500-Jahrfeier, zu der angeblich 100.000 Gläubige – in Wahrheit: armselige Verführte! – in die Donaustadt kamen, war verfrüht angesetzt: 1337/38 waren ja die Juden ermordet worden, die Hostiengeschichte aber frühestens vier- bis fünf Jahrzehnte später in der Welt. Und wenn Hostien geschändet worden waren, wie den Wallfahrern versichert wurde, wie erklärte sich dann die vorgebliche „Unversehrtheit“ von Hostien, die angeblich auch unbeschädigt, aber trotzdem nur Partikel waren? Keineswegs waren sie in die Kirche der Heiligen St. Petrus und Paul „zurückgetragen“ worden – der Kirchenbau hatte doch erst begonnen, NACHDEM die Juden ermordet und die Hostien(Partikel!) gefunden worden waren.

1623 wimmelte Deggendorf einen Ratgeber des Kurfürsten und den Bischof von Regensburg ab, als die die „Wunderhostien“ sehen wollten: Öffne man das Schutzglas, könnte der Sauerstoff sie zu Staub verfallen lassen. Regensburgs Weihbischof Otto Heinrich Pachmayr entschied diplomatisch: Wenn eine solche Ungelegenheit passiere, sehe sich Deggendorf des hochheiligen Schatzes beraubt, wovon freilich Regensburg auch nichts habe. Er rate dazu, an das Wunder einfach zu glauben. 1669 waren die Wunderhostien zwar schimmelig, aber wundersamer Weise waren es jetzt „ailff = ELF“! 1688 fabelt Tobias Franz Wischlburger, „daß dise H. Hostien gantz recent und frisch waren“, gleich danach spricht er von „zehn Particul“. Sie rochen angeblich nach „frischem Fleisch“, doch krümmte sich auch ein Seidenwurm mit Schimmel im Glasl. 1866 zerbröselten die Hostien, an denen sich Motten und Läuse gütlich getan hatten. 1868 zerfielen sie bei einer neuerlichen Nachschau zu Staub! Da 1870 nun auch noch die roten Punkte einer bekannten Brotbazille sichtbar wurden (vergl. I. Teil!), verfügte der Regensburger Bischof Senestréy, „dass die Hostien weder gezeigt noch bei Prozessionen mitgetragen werden dürfen, da sonst beim Volk sich die Legende bildet, ´die hl. Hostien fangen an zu bluten.`“ Genau dies, nämlich ein Blutwunder, wollte dann ein Jahrhundert später der Deggendorfer Stadtpfarrer Ludwig Maier, Vorgänger des letzten Verteidigers der unseligen GNAD-Geschichte Josef Pommer, der Öffentlichkeit auftischen. Diesmal widersprachen Deggendorfs Bäckermeister unisono: „Dieses angebliche Wunder beweist in Wahrheit nur, dass uns keineswegs originale Hostien von 1337 zur Verehrung gezeigt werden. Vielmehr wurden zu frische oder der Raumfeuchtigkeit ausgesetzte Hostien in die Monstranz eingesetzt!“

Schon 1793 aber hatte der kurfürstlich-bayerische Revisionsrat Quirin Maria von Käppler nach Gesprächen mit Deggendorfern seinem Fürsten mitgeteilt, dass man dem Pfarrer Golling unter anderem vorwerfe, von den wunderbaren Hl. Hostien zu Deggendorf redet er ärgerlich und spöttisch, er nennt sie nur einen Stein und Batzen, von dem man nicht wisse, wo man sie gefunden habe, und daß´man nicht glauben solle, daß hierin Gott gegenwärtig sey.“ Deutlich seiner Zeit voraus gewesen war dieser Pfarrer: Als ein Lehrer sich beschwerte, Buben und Mädchen badeten mitsammen, da habe der Pfarrer ihn persönlich an den (Bogen-) Bach geführt und gesagt, „man lasse sie gehen, sie schauen nur Natur und sich selbst an und wenn eines ertrinke, so bekommen wir eine Leiche!“

Ungeachtet all dieser Erkenntnise, die in Akten im Pfarrhaus Deggendorf einsehbar und nachvollziehbar waren, beteuerte Stadtpfarrer Pommer bis zuletzt, dass „die Hostien von 1337 sich unversehrt erhalten“ hätten. Und er präsentierte den Gläubigen, darunter bei den alljährlichen Eröffnungsveranstaltungen, bei Prozessionen und Lichterprozessionen Bischöfe, Äbte, Pröbste und zahlreiche Priester, die allesamt die Wahrheit kannten, gleichzeitig jene Prachtmonstranz mit den zehn Hostien, die nicht selten im Beisein der mitfeiernden Priester regelmäßig ausgewechselt worden waren. Und die dennoch als Wunderhostien, als das vorgeblich mirakulose höchste Gut bezeichnet wurden: Und bei diesen Priestern legten zahlreiche Wallfahrer die in längst widerrufenen Ablässen ebenfalls als obligatorisch bezeichneten Beichten ab, ohne die der GROßE GNADABLASS (Stadtpfarrer Ludwig Maier:“Er ist nur jenem in St. Markus zu Venedig vergleichbar!“) nicht gewonnen werden konnte – den es freilich auch längst nicht mehr gab.

Auf diesen Ablass ging aber auch die Kurzbezeichnung GNAD für die alljährliche Wallfahrt zurück: Weil der Ablass Sünder sozusagen begnadigte, kam bald das Wort GNAD als Synonym für das Ereignis in Deggendorf auf. Nicht der Ablass, sondern „die GNAD“ wurde eingebracht.

Professor Dr. Manfred Eder in seiner Doktorarbeit DIE „DEGGENDORFER GNAD“ ENTSTEHUNG UND ENTWICKLUNG EINER HOSTIENWALLFAHRT IM KONTEXT VON THEOLOGIE UND GESCHICHTE (Hrsg. Stadt Deggendorf, Passavia-Verlag Passau, 1992) : „Obgleich es nach allem bisher Ausgeführten keinem Zweifel mehr unterliegen kann, daß die als unschätzbare Beweisstücke und Reliquien aufbewahrten Hostien nicht das geringste mit einem eucharistischen Frevel (Anm.: durch Juden!) zu tun haben, erscheint es nicht völlig unangebracht, ihre Geschichte durch die Jahrhunderte zu verfolgen, wurde doch bis in die jüngste Gegenwart hinein von verantwortlicher Seite (Anm.: u. a. von Stadtpfarrer Josef Pommer auf der von ihm 1984 zur GNAD herausgegebenen Schallplatte mit GEISTLICHER MUSIK ZUR GNAD!) behauptet, diese Hostien seien seit nunmehr sechshundertfünfzig Jahren stets dieselben geblieben und hätten sich in Fortsetzung der bei der Hostienschändung geschehenen Zeichen wundersamerweise völlig unversehrt bis heute erhalten Überdies wurden die Hostien oder vielmehr die Reste derselben bis 1990 – zusammen mit einer neukonsekrierten Spezies – in der sogenannten Gnadenmonstranz zur Anbetung ausgesetzt.“

„Wunderhostien“ und Ablässe bildeten die vorgeblich religiöse, in Wahrheit materielle Basis der GNAD. Im Laufe der Zeit hatten sich immer mehr Reliquien angesammelt. GNAD-Jubler und -Fantast Sartorius (vergl. II. Teil) nannte 1604
> Überreste der Krippe, in die das neugeborene Jesusbaby gelegt worden war,
> seines Kleides,
> Brot- und Fischreste von Jesu letzten Abendmahl mit seinen Jüngern,
> „Von Dörnern der Kron Christi“,
> viele Partikel von Christi Kreuz,
> von seinem Grab,
> von jenem Ort, von dem aus er zum Himmel aufgefahren sei,
> vom Schweißtuch, das ihm die hl. Veronika gereicht habe.
Auch Reliquien der Mutter Jesu, Maria, wurden verwahrt und verehrt:
> Teile ihrer Kleidung „vnnd in sonderheit ein Stuck von ihrem Schleir“,
ferner gab es einen Brocken vom Stein, den Moses während des 40 Jahre andauernden Marsches seines jüdischen Volkes durch die Wüste ins gelobte Land angeschlagen hatte, worauf sich eine Quelle darin eröffnet hatte.
Es gab etwas Asche vom Gebein Johannes des Täufers.
Unter den überaus vielen Reliquien „heiliger Männer und Frauen“ befanden sich ferner
> Reste der Apostel Petrus und Paulus,
> des hl. Andreas und des Kreuzes, an dem dieser gestorben war,
> von Johannes dem Evangelisten und Philipp und Jakob,
> vom ungläubigen Thomas, Bartholomäus, Simon, Juda, Matthias und dem Evangelisten und Arzt Lukas.
Außerdem gab es Stückchen der sterblichen Überreste von 46 „Außerwöhlten Martyrern und Blutzeugen Christi“, darunter solche von den unschuldigen Kindern, die König Herodes angeblich hatte töten lassen, weil er seine Herrschaft durch die Geburt des Jesuskindes als dem KÖNIG DER JUDEN gefährdet glaubte: Hatten doch die heiligen Drei Könige, ehe sie dem Neugeborenen in seiner Krippe in Bethlehem huldigten, die künftige Bedeutung dieses Kindes in der Zukunft der Menschheit unmissverständlich vorhergesagt.
Zu den „heiligen Leibern“ gehörten noch Erzmärtyrer Stephan,
> die Heiligen Dionys, Laurentius, Fabian, Sebastian, Cosmas und Damian, Vinzenz, Clemenz, Georg, Christopher, Achaz, Pantaleon, Mauritius („Moritz“), Gereon, Erasmus, Cyrius, Viktor, Alexander, Sabinus, Pankraz, Vito, Vergil, Alban, Julius, Magnus, Wenzel, Lambert, Theodor, Jodok, Emmeram,
> und die heiligen Frauen Katharina, Agatha, Agnes, Apollonia, Cäzilia, Barbara, Ursula, Dorothea, Margareta.

Es fällt auf, dass einige dieser Heiligen eigene, in der Christenheit bekannte Wallfahrten hatten. So belebt sich jene zum hl. Jakob in Santiago di Compostela neuerdings wieder, auch, seit der Komiker und Kabarettist Hape Kerkeling seinen Millionenseller ICH BIN DANN MAL WEG über seine Wallfahrt dorthin veröffentlichte. Und es gehört zur Tradition der Kirche, dass Wallfahrten dorthin, wo die Reliquien bekannter Heiliger aufbewahrt wurden, die Weitestmärsche ersetzen konnten: Es gab päpstliche Basiliken, die angesteuert werden durften, wenn eine Wallfahrt nach Rom aus gesundheitlichen Gründen schlichtweg ausgeschlossen und unzumutbar war. Wer aber im tiefen Glauben und Vertrauen auf den Beistand des Apostels Jakob soeben noch dessen Reliquie in Deggendorf erreichen konnte, wurde der großen Gnadengaben seiner Kirche und ihres Heiligenhimmels teilhaftig. Die Namen der Heiligen im Deggendorfer Kirchenschatz waren und sind in der Region zahlreich verbreitet, obwohl nicht wenige der angeblichen Heiligen nach dem II. Vatikanischen Konzil aus den Heiligenbüchern getilgt wurden, z. B. Laurentius („Lorenz“), Christoph und weitere. Einen Kreuzpartikel ausgenommen gab es seit dem 18. Jahrhundert keine Hinweise mehr auf dieses „liebe Heiligthumb“ , die Sartorius noch so heftig gegen „naseweise“ Zweifler verteidigt hattre, indem er zahlreiche weltbekannte und angesehene, durchweg kirchlich-theologische Zeugen für die Echtheit benannte. Pater Dr. Wilhelm Fink OSB (vergl. I. Kapitel) nannte den Grund: Sie waren „vor Alters verkommen“!

Die Ablässe der GNAD hatten im naiven Denken vieler Wallfahrer eine besondere Werthaltigkeit. Aus der Sicht von Theologen in den frühen Zeiten der Kirche vielleicht wirklich religiös bedeutsam, wandelten sie sich zu Macht- und Finanzinstrumenten par exzellence. Sie wurden schließlich in ihrer Handhabung durch Priester wie den Mönch Texel und als wohlfeiles Handelsgut mit steigenden Gewinnaussichten zu einem derartigen Ärgernis, dass Martin Luther seine dagegen gerichteten Reformvorschläge bis zur eigentlich ungewollten Kirchenspaltung durchfechten musste.

Aus der Sicht eines Handwerkers gab es folgende Wirkung von Ablässen: Wer – wie auch immer – gesündigt hatte, konnte vom Beichtiger gezwungen werden, sich auf eine Wallfahrt zu begeben, von der eine Bestätigung mitgebracht werden musste. Er konnte aber auch aus Gottesdiensten ausgeschlossen sein, 20, 40 oder mehr Tage oder total. Dabei gab es noch Abstufungen, dass es den Sündern etwa erlaubt war, bis zum Ende der Predigt im Kirchenraum zu bleiben oder im Kirchenvorraum am Gottesdienst teilzunehmen. Das alles war weit mehr als eine öffentliche Bestrafung samt allen Peinlichkeiten – hier konnte es um die bürgerlich-soziale Existenz gehen.

Denn eben um die Zeit im frühen 15. Jahrhundert, als die GNAD in Deggendorf in Schwung kam, weil 1401 von Papst Bonifaz IX. ein Vollkommener Ablass gewährt worden war, setzte auch zögerlich die handwerkliche Organisation ein. Aus ursprünglich religiösen Bruderschaften entwickelten sich auch in Deggendorf Zünfte mit staatlichen oder lokalamtlichen Genehmigungen und zumeist sehr umfangreichen Pflichten. Zu denen gehörten die Teilnahme an Bittgängen fast an jedem Donnerstag, an Jahrtagen und Gottesdiensten – ausnahmslos jeder Meister, Geselle und Lehrling war da gefordert. Wer jedoch die Kirche nicht betreten durfte, wer nicht am Gottesdienst und Prozessionen teilnehmen durfte, war erledigt: Die Handwerksausübung musste für die bestimmte Zeit eingestellt werden. Es war der Ruin von Meistern und ihren Familien!

Ablässe also waren keine Lossprechung von Sünden, sondern die Lösung aus Sündenstrafen. Die in Deggendorf einzubringenden Ablässe verbanden keine angeblich vorgeschriebene Gottesdienst-Teilnahmen in der Pfarr- u n d in der „Grabkirche“, wie stets behauptet wurde, wohl aber Beichte und Empfang der Eucharistie. Nicht eine der vielen Ablassurkunden spricht vom Judenmord und Wunderhostien. Pfarr- und „Grabkirche“ sind auch laut Ablassgewährung von 1968 gleichbedeutsam. Die Stadtpfarrei aber nahm sich das Recht heraus, abweichend vom päpstlichen Schreiben zu verlangen, die Eucharistie in der Pfarr- UND „Grabkirche“ anzubeten UND Geld zu spenden. Dabei waren ab 1378 ausgestellte Ablässe 1425 eben darum vom Papst aufgehoben worden, weil sie Gebet UND Gaben gleichsetzten. Und der sogenannte „Große, nämlich Vollkommene Ablass“ war nach 21 Monaten bereits am 22. Dezember 1402 aufgehoben. Selbst wenn dies in Deggendorf nicht bekannt geworden sein sollte, war ein päpstlicher Widerruf von 1527, der sämtliche Deggendorfer Ablässe aufhob, nicht mehr zu überhören: Trotzdem brachte Stadtpfarrer Johannes Sartorius in seinem die Wallfahrt prägenden Büchlein die Ablässe in einen Zusammenhang mit angeblichen Hostienwundern. Da es erst 1863 wieder einen vollkommenen Ablass für Deggendorf gab, haben Wallfahrer in den drei Jahrhunderten dazwischen in der Illusion gelebt, einen Ablass gewonnen zu haben – und die informierten Priester haben sie in diesem Irrglauben gelassen.

Welchen materiellen Wert diese Ablassbeterei aber für die Stadt Deggendorf hatte, ergibt sich aus der Tatsache, dass der Ablass von 1361 der Fertigstellung der Kirche St. Petrus und Paulus diente und an mehr als 40 Kirchen- bzw. Heiligenfeiertagen jährlich eingebracht werden konnte. Von erforderlichen Gebeten ist da die Rede. Und es heißt dann weiter: „Den Ablass kann auch gewinnen, wer für den Bau, die Beleuchtung und den Schmuck Bücher, Kelche, Gold und Silber schenkt, vermacht oder Sorge dafür trägt, dass solches geschenkt oder vermacht wird, oder wer Wagen, Pferde und Schiffe für die erwähnte Stiftung zur Herbeischaffung von Holz, Steinen und anderem Baumaterial schenkt, zur Verfügung stellt, oder auf irgendeine andere Weise für die besagte Kapelle hilfreiche Hände bietet…“

Ein Ablass, der 1391 vermutlich zur Weihe des nunmehr „Kirche des Leibes Christi“ genannten Gotteshauses gewährt wurde, hebt die unwürdige Gleichsetzung von Gebet ODER Spende auf und verlangt Gebet UND Almosen. Offenbar gab es wenige Jahre später bereits zahlreiche Wallfahrer in der Donaustadt. Denn der Ablass von 1401 als zentrales, herausgehobenes Angebot an die Gläubigen, erlaubte, zusätzlich zu den ohnedies vielen Priestern in der Stadt zwölf Beichtpriester für die fünf Tage der GNAD zu bestellen. Das deutet an, wie hoch die Wallfahrerzahlen waren und welche Umsätze durch Schlafstätten und Gastgeberei sowie durch Devotionalien- und sonstige Einkäufe erzielt wurden. Und ausdrücklich vermerkten dieser und andere Ablassbriefe, dass „milde Gaben“ zum Unterhalt der beiden Kirchen beigebracht werden müssten. „Für Kirchenbesuch und Almosen“ gewannen Wallfahrer und sonstige Gläubigen auch später Ablässe in der Donaustadt, oder wenn sie „zu ihrem (Anm.: der Kirchen!) Unterhalt hilfreiche Hände bieten“ Noch in den Achtzigern des 20. Jahrhunderts wurden „das Mirakel in Wachs“, Postkarten, Papstbilder, das Foto der „Gnadmonstranz“, Rosenkränze, Medaillen, Papstmünzen, Kerzen, Wachssiegel, Broschüren, Silbertaler mit der unsinnigen Angabe „645. Deggendorfer Gnad 1982 – 28. 9. – 3. 10. 1982“, die schon erwähnte Schallplatte, Plastikanstecknadeln, Lebkuchen mit Schokoglasur und einer Marzipanschicht feilgehalten, die Süßigkeit für 5 DM mit dem Hiweis, „Gilt als Gnadopfer“! Auch dies wieder ein klarer Verstoß gegen die eindeutigen Ablassrichtlinien.

1932 schrieb Stadtpfarrer Dr. Wilhelm Stich: „Viel ist über die Deggendorfer Gnad von gelehrten und sich gelehrt dünkenden Männern über die Gnadenzeit geschrieben und gesprochen worden, viele Anfechtungen mußte sie über sich ergehen lassen, und doch, die Männer sind dahin, ein gewaltigerer hat ihnen den Mund geschlossen, doch die Gebete der Gläubigen sind nicht verstummt.“

Über die Auseinandersetzungen um bzw. gegen die GNAD zwischen Stadtpfarrer Golling und den Pfarrangehörigen, aber auch über die Angriffe des Münchner Juristen und Autors Dr. Ludwig Steub (1812 bis 1888), der es überflüssig fand, „die blöden Wallfahrer von Deggendorf (zu) bedauern.“, sind wir schon informiert (vergl. II. Kapitel). Ein Benediktiner aus der Abtei Metten, Pater Rupert Mittermüller (1814 bis 1893), legte sich in einer Streitschrift mit Steub an, ferner er und sein Mitbruder Pater Benedict Braunmüller mit dem Passauer Redakteur George Morin, der sich ebenfalls gegen die Deggendorfer Märchen stellte. Mittermüller zog den ganzen Schwindel über „Die heiligen Hostien und die Juden in Deggendorf“ neuerlich auf. Seit „unvordenklicher Zeit“ hätten Millionen von Menschen die GNAD-Ursachen geglaubt, „Millionen von Menschen haben auch seitdem ununterbrochen an der Verehrung dieser Hostien und an der jährlichen Erinnerungsfeier sich betheiligt“. Als Beweis, dass alles stimme, führt er an, dass die GNAD ohne Zutun der geistlichen Obrigkeit nicht habe begonnen und fortgesetzt werden können, und dass eben diese Zustimmung ohne gründliche Untersuchung weder gegeben wurde noch erteilt werden durfte! Was Wissenschaftler bis heute als Nachweis der Unhaltbarkeit der Deggendorfer Hostienmärchen werten, nämlich dass die Hostienlegende noch 1489 keine Rolle spielte, als Papst Bonifaz VIII. einen weiteren der für Deggendorf so wichtigen Ablässe gewährte (der später ebenfalls widerrufen wurde!), nimmt der Mettener Pater als Negativbeweis: Weil Millionen glaubten, was ihnen erzählt wurde, musste es stimmen! Entscheidender war ihm die steinerne Urkunde in der Kirche. Schließlich sei die ganze Geschichte seit altersher geglaubt worden und mithin unwiderlegbar.

Auch, dass der Verfasser des unseligen „Deggendorfer Gnadenbüchlein“, Pater (später Abt) Benedict Braunmüller, zutiefst antisemitisch eingestellt war, offenbarte sich spätestens in der Auseinandersetzung um die Veröffentlichungen des Münchners Dr. Steub. Der Pater erinnerte daran, „dass unser eigener Gott die Juden nicht einmal bloß, sondern oftmals sein auserwähltes Volk nannte.“ Es sei so auch mit umfangreichen Pflichten beladen worden. Ein „mächtiges Denkmal der Geschichte“ nannte er die Juden, „das von Päpsten und Fürsten der katholischen Kirche stets geschützt worden sei, weswegen man die Verfolgungen nicht dem christlichen Glauben anlasten dürfe. Nicht der Christ, sondern der erzürnte Mensch erschlug die Juden; er konnte aber leicht erzürnt werden, weil die Juden thatsächlich das Christenvolk weit mehr beleidigten, quälten und aussaugten, als je die Christen es den Juden gethan.“ Pater Braunmüller weiter: „Die dermaligen Vorgänge und Zustände in benachbarten Ländern, und theilweise sogar schon bei uns zeigen ja, was die Juden, reich, mächtig und übermüthig geworden, zu unternehmen sich getrauen und wie sie der christlichen Bevölkerung in großem Maßstabe durch trügerische Speculationen das Geld aus der Tasche, durch vergiftete Literatur den Glauben aus dem Herzen ziehen. Das führt stets eine Reaction und meist eine gewaltthätige, blutige herbei. So war es auch vor Jahrhunderten, wo die Juden noch dazu erwiesenermaßen vielfach am Leben und selbst am Heiligsten der Christen sich vergriffen..“

Viel heftiger waren die Widerstände gegen die auch nach dem Holocaust fortgesetzte GNAD aus auswärtigen jüdischen, theologischen, sonstigen akademischen und lokalen Kreisen. Als Schreiber dieser Zeilen habe ich voller Entsetzen und Traurigkeit erleben müssen, dass die Vorstände der Israelitischen Kultusgemeinde zu Straubing, der einzigen Niederbayerns und mit heute 1700 Mitgliedern lebendiger als je seit ihrer Gründung und dem Bau der Synagoge, sich eingeschüchtert zurückhielten. Ignatz Israel Offmann und Erich Spitz auf meine Bitte, sich doch unüberseh- und -hörbarer an den Bemühungen zu beteiligen, die GNAD zu benden: „Das ist Diplomatie erforderlich – allzuschnell geht´s sonst wieder an uns – den ´leidigen Juden` – aus. Hinter vorgehaltenen Händen sind wir ja eh immer die Bösen!“ Ihre Duldsamkeit und Selbstverleugnung ging so weit, dass sie bei der Enthüllung eines Gedenksteins für die (überwiegend jüdischen!) Opfer des KZ Plattlings (erst!) Ende der achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts v o r dem Plattlinger Friedhof zu der bitteren Realität schwiegen, dass auf dem Stein neben dem Judenstern auch ein Kreuz eingemeißelt ist.Vielleicht wohnte solcher Zurückhaltung die Erkenntnis aus der Thora inne: „Lass dich nicht aufregen, so dass du dich ärgerst. Denn Ärger steckt in den Ungebildeten“ (Prediger 7,9).

Nach den vergeblichen Bemühungen des Stadtpfarrers Golling, der antisemitischen GNAD ein anderes Gesicht zu geben, weg von den Märchen des Mittelalters und auch raus aus den kirchenpolitischen Manövern, dem Hussitensturm, der die Kirche in Böhmen gehörig – und gewiss nicht zu ihrem Nachteil! – durchgeschüttelt hatte, die Intensität der Deggendorfer GNAD entgegen zu setzen, kam es erst im 20. Jahrhundert zu öffentlichen Diskussionen um die GNAD. Eröffnet wurden sie von dem Landtagsabgeordneten Franz Xaver Aenderl (der seinen Weg über die USPD zur KPD und SPD, über die Emigration in der Tschechoslowakei und England zurück nach Regensburg in die Redaktion der MITTELBAYERISCHE ZEITUNG nahm!). Er nannte den Antisemitismus beim Namen, bezeichnete, was „tief unten in Niederbayern noch Wallfahrten zu den heiligen Hostien auslöst“, einen „erbärmlichen Hokuspokus“ und forderte „die kirchliche Obrigkeit dazu auf, dagegen einzuschreiten. Das Pogrom in Deggendorf“ nannte er eines der traurigsten Kapitel der bayerischen Geschichte. Abgeordnete der Bayerischen Volkspartei (BVP), auch der lokale DONAUBOTE entrüsteten sich – peinlich aber war, dass die „hiesigen Israeliten“ in der Zeitung eine ERKLÄRUNG veröffentlichten, ihnen sei weder Antisemitismus noch seien ihnen diesbezügliche Bemerkungen je untergekommen: Bis auf die beiden Töchter einer jüdischen Familie und den Sohn Felix Ephraim Scharf sind die Juden Deggendorfs ermordet worden. Und Scharfs Vater, ein behinderter Kaufmann, wurde schon bald nach Adolf Hitlers Machtergreifung im Jahre 1933 im Zug Deggendorf – Hengersberg nicht allein von SA-Leuten massiv angegangen, beleidigt und angegriffen. Andererseits griffen nicht nur jüdische Lexika das leidige Thema auf. Ignatz Offmann: „Was blieb den Juden schon anders übrig? Sie gingen ihren Geschäften nach und hofften, sich aus allen Streitigkeiten heraushalten zu können. Es ist ja unstreitig, dass auch ihnen die Wallfahrer zur GNADzeit ansehnliche Umsätze bescherten.“

Wie tief aber der Judenhass in den Menschen saß, wie wenig gefestigt im wichtigsten Gebot für den christlichen, den katholischen Menschen, nämlich jenem der NÄCHSTENLIEBE; selbst Priester waren, demonstrierte wiederum ein Deggendorfer Stadtpfarrer. Im November 1945 waren in der sogenannten „Alten Kaserne“, ursprünglich (bis 1911) die niederbayerische KREISIRRENANSTALT zu Deggendorf, rund 1200 Überlebende des KZ Theresienstadt untergebracht, überwiegend Juden. Einer von ihnen war der Rechtsanwalt und Notar Dr. Richard Treitel. Er schrieb an den Regensburger Bischof Dr. Michael Buchberger: „Ich bin Jude, der mit reichem inneren Gewinn Gotteshäuser – insbesondere katholische Kirchen – besucht und sich an den Bauwerken wie an ihrer inneren Gestaltung immer aufs Neue erfreut. Bei meinem Aufenthalt im Deggendorfer Lager für Displaced Persons war ich so glücklich, die verschiedensten katholischen Gotteshäuser in ihrer erhabenen Pracht bewundern zu dürfen. So kam ich auch in die Deggendorfer Grabeskirche. Rechts und links vom Hochaltar sah ich eine Bilderfolge, die die Entwendung einer Hostie, die schändliche Behandlung der Hostien durch Juden, die Entdeckung der Entwendung und die Rache darstellt, die die Gläubigen an den Juden nehmen, die ihren Glauben freventlich verletzten. Die Bildfolge mag nach Inhalt, Form und Darstellung der Zeit entsprechen, in der sie entstanden ist. Jedes Wort der Kritik sei zurückgehalten. Nur eine Bitte und eine gehorsame Anregung möge hier ihren Platz finden: Es wolle Euer Eminenz prüfen, ob nach diesem Kriege und nach all den Leiden, die der Krieg über unser unglückliches Volk gebracht hat, es zweckmäßig erscheint, dass Bilder dieser Art in Kirchen verbleiben. Wenn der eine oder andere junge Katholik solche Bilder betrachtet, kann eine innere Einstellung die Folge sein, die der wahrhaft hohepriesterlichen Auffassung höchster Kirchenfürsten über das Zusammenleben und den Frieden unter den Konfessionen kaum entsprechen dürfte.“

Der Brief war vermutlich Stadtpfarrer (von 1929 bis 1955) Dr. Wilhelm Stich zur Weiterleitung an den Bischof übergeben worden. Dieser Priester fügte auf der Rückseite lieblose, auch unhaltbare Bemerkungen bei, räumte ein, dass einige der Bilder etwas unglücklich ausgefallen seien und für einen Kirchenraum nicht recht passend. „Aber in Deggendorf nimmt niemand Anstoß an diesen Bildern. Zu einer Aufreizung gegen die Juden gaben sie jedenfalls seit ihrem Bestehen niemals Anlaß. Während der Nazizeit wurden die Juden in keiner Stadt so human behandelt als in Deggendorf. Dagegen ist zu fürchten, daß die Entfernung der Bilder auf Verlangen der Juden aufreizend gegen dieselben wirken würde, nachdem sich dieselben – 1200 an der Zahl – ohnehin etwas unangenehm bemerkbar machen. Mit ähnlichem Rechte könnten sich schließlich die Juden auch an den Kreuzwegstationen und ähnlichen christlichen Bildern in ihrem Empfinden beleidigt fühlen und deren Entfernung aus den Kirchen verlangen. Ob Bischof Buchberger den Brief je bekommen hat, ist unbekannt. Bekannt ist aber, dass erst zwei Jahrzehnte später nach einem mittlerweile internationalen Pressesturm zuerst die Bildunterschriften überklebt, dann endlich die anstößigen Bilder aus dem 18. Jahrhundert aus der Kirche entfernt wurden. Die Bilder sind heute in der didaktisch ausgezeichneten Darstellung der unseligen GNAD im Deggendorfer Stadtmuseum zu sehen.

Wie zynisch des Pfarrers Aussage über die Situation der Deggendorfer Juden in den zwölf Terrorjahren war, lässt sich am Beispiel der Familien Heckscher und Rößler aufzeigen: Heckschers entstammten einer ursprünglich in Höxter an der Weser beheimateten jüdischen Familie, deren Herkunftsname sich in Hamburg zu Heckscher verschliffen hatte. Familienmitglieder wurden in Regensburg und Nördlingen ansässig, während Hamburger Angehörige in akademische Kreise aufstiegen: Einer dieser Hamburger Nachfahren wurde Jurist, machte als Vizepräsident der Nationalversammlung in der Paulskirche zu Frankfurt a. Main 1848/49 Karriere, war auch noch Minister, dann Vertreter seiner Heimat am Wiener Hof und schließlich als Flüchtling vor der blutigen Rache der so sehr gedemütigten deutschen Klein- und königlichen Herrscher in die USA ausgewandert. Dort kamen dieser Heckscher und sein Sohn zwei Mal zu ansehnlichen Vermögen – und entwickelten sich zu einzigartigen Philantropen: Ihnen sind der New Yorker Centralpark und das „grüne biologische Band“ quer durch Amerika zu verdanken, ferner jene Stiftung, die bis heute arme Kinder und Studenten fördert. Sie finanzierten Kindergärten und Erziehungsheime – und Sohn August war der wichtigste Mäzen jener Kinderpsychiatrie in München, die heute als Heckscher-Klinik firmiert.

Dem Nördlinger Zweig der Familie gehörte Isidor Heckscher an, der im späten 19. Jahrhundert eine Schifferstochter in Deggendorf ehelichte. Sein Sohn August wurde 1919 der erste bürgerliche Bürgermeister Deggendorfs, auch seine Frau und sein Bruder Berthold Heckscher sen. engagierten sich in der SPD und in der Arbeiterwohlfahrt; sie gehörten zu den bei den Nazis verhasstesten Gegnern des Unrechtssystems. Berthold Heckscher sen., im Ersten Weltkrieg in Amberg als Kriegsdienstverweigerer zum Tode verurteilt und dem Henker mit knapper Mühe entkommen, wurde während des Zweiten Weltkriegs vom „Volksgerichtshof“ neuerlich zum Tode verurteilt. Das Verfahren „richtete sich gegen den jüdischen Mischling Berthold Heckscher, einen ehemaligen marxistischen Funktionär.“ Seinem Mithäftling Karl Rößler aus Deggendorf, ebenfalls zum Tode verurteilt, wurde „der Verkehr mit dem jüdischen Mischling B. Heckscher“ zum Vorwurf gemacht.

Was damals ungeheures Aufsehen in Deggendorf erregte, kann dem Pfarrer Stich nicht entgangen sein. Der studierte Theologe muss gewusst haben, dass die Heckscher keine „jüdischen Mischlinge“ waren: Die Mutter der beiden Männer war keine Jüdin gewesen. Und weder sie noch ihre Schwiegertochter, die in ihre selbstgewählten caritativen Aufgaben stark eingebundene Frau des zeitweiligen Bürgermeisters August Heckscher und ohne jüdische Vorfahren, hatten sich je gegen die Deggendorfer Kirche oder gar den Pfarrherrn gestellt. Pfarrer Stich missachtete das Leiden der Familien, deren verurteilte Männer nur dank des Mutes eines Zuchthausbeamten in Straubing überlebten, der später Oberstaatsanwalt in Deggendorf wurde: Heckscher war schon vor seinem Prozess derart hart in Stahl-Handfesseln eingeschlagen worden, dass die Hände abzusterben begannen und stark verkrümmten. Der NS-Oberstaatsanwalt am Landgericht Deggendorf, Dr. Dros, ließ die Fesseln noch weiter anziehen, als Heckscher ihn um eine Lockerung bat. Diesen nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands aus dem Justizdienst entfernten Beamten ließ der Stadtpfarrer einige Zeit in seinem Pfarrbüro arbeiten. Ferner stellte er einer ungenannten Vielzahl einstiger Nazis jene begehrten „Persilscheine“ aus, die selbst führende Nazis bei der sogenannten ENTNAZIFIZIERUNG zu einfachen „Mitläufern“ machte, die kaum Sanktionen zu fürchten hatten. Der überlebende Berthold Heckscher sen. sah über all dies hinweg, vermied auch jegliche Kritik an dem Pfarrer: „Ich werde nie Böses mit Bösem vergelten…“, sagte er seinem Neffen Berthold Heckscher jun., der später Bezirks- und Landtagsabgeordneter, fast 22 Jahre SPD-Oberbürgermeister von Deggendorf und Ehrenbürger war – und sich aus den Diskussionen um die GNAD mit der Begründung heraushielt: „Das ist eine rein kirchliche Angelegenheit, in die ich mich nicht einzumischen habe. Ich hoffe aber, die amtskirchlichen Verantwortlichen finden einen Weg, der die Stadt und mithin ihre Bürger aus dem Verdacht fortdauernden Antisemitismusses befreit!“ In den ersten Jahren seiner Oberbürgermeister-Tätigkeit war der evangelische Christ Heckscher – wie zu allen Zeiten die meisten Kammerer, Magistrate und Ratsmitglieder der Stadt – bei den Prozessionen der GNAD gleich hinter der Monstranz mit den angeblich von Juden geschändeten Hostien hermaschiert.

Doch so sehr sich katholische Geistliche und Laien, so der Regensburger Prälat und Dichter Fritz Morgenschweis, auch sträubten: Eine Tagung der Münchner Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit im Jahre 1960 in Niederaltaich war der Anfang vom Ende der GNAD. Der bekannte Journalist und engagierte Laie Gerd Hirschauer sprach von „scheußlich erfundenen Wundern“ und „Aberglauben“. Wer s o etwas befördere ohne Rücksicht auf die Ermordung der Millionen Juden, ziehe die Umkehrung des einst den Juden nachgesagten Satzes auf sich herab: „Ihr Blut (Anm.: nämlich das der Juden!) komme über uns und unsere Kinder!“ Evangelische Stimmen, auch der Münchner Mönch und Priester im Sanatorium Hausstein, Bernhard Noll OSB, schalteten sich gegen, der Deggendorfer Redemptorist Pater Rupert Sametsamer für die GNAD ein, letzter mit der Lüge, „die Deggendorfer“ hätten sich in der Nazizeit schützend vor ihre Juden gestellt – wie berichtet, waren diese in Wahrheit, mit drei Ausnahmen, alle ermordet worden! Der Streit um die GNAD teilte sich in eine innerkirchliche Richtung, die von sehr viel Unkenntnis, falscher Diplomatie und Opportunismus geleitet war, aber auch Priester mit ungewohnter Ehrlichkeit und Mut sah. Es gab aber auch den politischen Streit, in dem DER SPIEGEL und andere Zeitungen Position gegen die GNAD bezogen. Als der WDR eindringliche Fragen zur GNAD an Stadtpfarrer Ludwig Maier richtete, antwortete an dessen Stelle der Religionslehrer Johann Baptist Stangl (1899 bis 1983) wider besseren Wissens unter anderem: „Finanzielle Erwägungen waren nie im Zusammenhang mit der ´Deggendorfer Gnad` gestanden….“ Wie miserabel selbst dieser langjährige Oberstudienrat informiert war, zeigt seine Aussage, der 1401 von Papst Bonifaz IX. gewährte vollkommene Ablass sei nur mit jenem aus dem 12. Jahrhundert für den „Dom von Mailand“ vergleichbar: Der Deggendorfer Manfred Eder, heute Professor Dr. in Braunschweig (vergl. oben) wies nach, dass es vergleichbare Ablässe in rund 100 Kirchen gegeben hatte.

Die Patres aus Niederaltaich, Professor Dr. Thomas Sartory und Karl (Pater Gunther) Krotzer, stellten sich in den folgenden Jahren gegen die GNAD; eingeleitet mit Sartorys Beitrag in der DEGGENDORFER ZEITUNG. „Christliche Schuld an den Juden“. Weil aber die Kirchenobrigkeit die Wallfahrt immer noch zu retten versuchte, freilich dabei von der Behauptung Abstand nahm, Juden hätten in Degendorf Hostien gestohlen und geschändet, breitete sich der Widerstand weiter aus: Proteste zum Beispiel in England riefen das (Bonner) AUSWÄRTIGE AMT auf den Plan, denn Botschaften baten um Weisung, wie sie mit angekündigten Demonstrationen gegen Deutschland umgehen sollten. Die Staatskanzlei, Bayerns Kultusminister, das Landratsamt mussten Stellungnahmen abgeben, in Paris wehrte die deutsche Botschaft Angriffe empörter Juden ab. Deggendorfs Oberbürgermeister gab sich ahnungslos, die Kolpingfamilie bzw. deren Präses rief zur „rechten Mitfeier der Gnad“ auf, der neue Regensburger Bischof Rudolf Graber nahm Abstand von der herkömmlichen GNAD und nannte sie nunmehr „die Eucharistische Wallfahrt der Diözeese Regensburg“ – nur dass die Deggendorfer geistlichen Verantwortlichen zwar unter diesem Namen zu Gebeten und Gottesdienste einluden, klammheimlich aber exakt die alte GNAD feierten.

Wie verwirrt mittlerweile auch die Gläubigen waren, offenbarte ein Brief aus Dachau: „Hier wird gebetet für die Juden, und 150 km. weiter wird gebetet, weil man die Juden ermordet hat.“ So wenig Bischof Graber sich durchsetzte gegen seine aufmüpfigen Deggendorfer priesterlichen Mitbrüder, und obwohl er widerspruchslos mit ihnen unter dem Zeichen der angeblich 650. GNAD in der Prozession durch die Stadt wallte, kam von ihm doch unter klarer Benennung der christlichen Verbrechen an den Juden seit den Kreuzzügen immerhin das öffentliche Bekenntnis „Diese Verbrechen können nicht entschuldigt werden durch den Hinweis auf den Gottesmord von Golgotha.Im Mittelalter und auch noch in unserer Zeit hat man zu solch fadenscheinigen Entschuldigungen gegriffen.“ Und er forderte: „Es muss Sühne geleistet werden für all das, was geschehen ist.“ Er sagte aber auch: „Niemals hat das, was hier in den Tagen der Gnad geschieht, der Verherrlichung des Judenmordes gegolten, und deshalb werden wir nie und nimmer einigen Artikel- und Briefschreibern zulieb die Deggendorfer Gnad einstellen…“ Und mit einer dialektischen Volte machte er aus der Kirche St. Petrus und Paulus „die (…) eucharistische Sühnekirche. Nochmals sage ich: Das war sie bisher schon und wird es in Zukunft in verstärktem Maße sein.“

Doch der Bischof täuschte sich: Der Deggendorfer Kirchenmusikdirektor Fritz Goller und Pater Gunther Krotzer von Niederaltaich gerieten heftig aneinander, DER SPIEGEL setzte seine Berichterstattung fort, Stadtpfarrer Maier schimpfte seine gegnerischen geistlichen Mitbrüder „Rotzbuben von Niederaltaich“, und als der Streit immer weitere Kreise zog, wuchs auch das Bewusstsein über die Lächerlichkeit der Beweisführung für die angebliche „Hostienschändung“ durch Juden: Der Wiener Judaist Kurt Schubert kippte nämlich die angeblichen Beweise mit dem Hinweis: Wenn man die Tradition als Beweis anführe, dann müsse auch die Legende von Romolus und Remus und der sie säugenden Wölfin aus der Gründungsgeschichte Roms wahr sein, „weil sie sich bildlich auf den Kanaldeckeln Roms bis heute erhalten hat.“ Schubert erbittert zur Behauptung des Kleinkomponisten Goller, in Deggendorf gebe es keinen Antisemitismus: „Den Antisemitismus, den es amtlich nirgends gibt, gibt es unamtlich überall!“

Die GNAD in angeblich anderer, in Wirklichkeit in mühsam kaschierter Form der alten Wallfahrt ging weiter, die Streitigkeiten, auch die Peinlichkeiten wurden übler, zumal das sture Festhalten bestimmter Persönlichkeiten in Deggendorf an der von jeher verlogenen, zu keinem Zeitpunkt haltbaren, in den Jahren nach dem Holocaust überhaupt nicht mehr zu verantwortenden Entstehungsgeschichte der GNAD den christlich-jüdischen Dialog erheblich behinderte und selbst Geistliche, die weder mit den Nazis, noch mit dem Judenhass je etwas zu tun gehabt hatten, nunmehr unglaubhaft zu sein schienen. Und dann entschied sich ein neuer Regensburger Bischof, Manfred Müller, 1992 unter dem Eindruck der Doktorarbeit des Manfred Eder zum sofortigen Abbruch der Wallfahrt – und die niederbayerische Glaubenswelt fiel nicht auseinander.

Die Mettener Schüler mit ihrem behutsam führenden Lehrer Dr. Ernst Schütz schließlich entdeckten, wie rasch sich der Ungeist und die Erinnerungen verflüchtigt hatten. Dies, obwohl der Maler, Buchhändler und Schriftsteller Josef Friedrich Lentner (1814 bis 1852) in seiner ETHNOGRAPHIE BAYERNS geseufzt hatte, „…Bei der Betrachtung der Wandgemälde und ihrer Unterschriften in der Gnadenkirche lässt sich der Gedanke nicht gut zurückweisen, warum in Niederbayern Anträge zu einer Emancipation der Juden in der That im gemeinen Volke Opposition finden müssen…“ Eben weil die Ablehnung der Juden nach einer 600 Jahre andauernden Gehirnwäsche bei naiven Gläubigen so tief verankert war, fürchteten Kirchenobere wie der Regensburger Bischof, sein Generalvikar und Prälaten in ihrer Umgebung unkalkulierbare Reaktionen der Christen bei einer Einstellung der GNAD. Doch die Geister, die seit 1337 bzw. seit dem Wallfahrtsbeginn gegen Ende des 14. Jahrhunderts gerufen worden waren, ließen sich bändigen – nach zwei Weltkriegen und dem Holocaust waren auch die vermeintlichen Hinterwäldler wachgeworden. Die heutige alljährliche DEGGENORFER GLAUBENSWOCHE, wie alle kirchlichen Veranstaltungen auch im einst so frommen Niederbayern und Deggendorf, stetig weniger beachtet, hat nicht den geringsten Anschein einer klammheimlich fortgeführten gnadenlosen antisemitischen GNAD.

Dieser Zustand des geistlichen Friedens und wachsender Toleranz unter den Menschen hätte weitaus früher erreicht werden können. Wie berichtet hatte der Mettener Benediktiner Pater Gallus Ritter OSB ein ausgesprochen widerliches Theaterstück über die Deggendorfer GNAD geschrieben. Er war jedoch nicht der erste, sondern einer unter mehreren Autoren: 1638 ist von einer „Comedy“ die Rede, für 1833 berichtet ein Stadtchronist Georg Bauer: „Dieses Jahr hat auch ein Pseudonymus (Theodor Rabenalt) die Judenverfolgung dramatisch behandelt.“ Schon 1803 hatte Hofbibliothekar Johann Christoph von Aretin im Zusammenhang mit seiner GESCHICHTE DER JUDEN IN BAYERN den Text eines Trauerspiels in fünf Aufzügen wiedergegeben: „Der Religionseyfer. Oder die Ausrottung der Juden in Deggendorf ao. 1337“. Aretin war offenbar entsetzt darüber, dass solch eine „Komödie“, die die „grausame Juden-Ermordung mit den schauderhaftesten Farben“ schildert, „noch im Jahre 1800, sage tausend und achthundert“ aufgeführt wurde. Vielschreiber und fast in jedem Stück ein Gegner der Juden war dann Pater Gallus, der zuletzt trotzdem im KZ Dachau landete, nach dem Krieg aber lange außerhalb des Klosters wie ein Einsiedler an einem Berghang des Bayerischen Waldes hauste – von den früheren zahlreichen Ehrungen und Jubelwürdigungen in Zeitungen war nun keine Rede mehr. Zuvor aber schrieb noch der Heimatdichter Karl Nestler sein „romantisches Schaustück aus Deggendorfs Vergangenheit“, JOHANNA PILKRIM, das die Ortsgruppe Deggendorf der „DEUTSCHE WACHT“ 1922 im ausverkauften Kolpingsaal uraufführen ließ, bis 1924 mehrmals wiederholt. Darauf folgte Pater Gallus: „Judasbrut, Teufelshorden, Unholdsmeute, der gelbe Rattenkönig Jud, Giftmischer, Brunnenvergifter, Brandstifter, Gurkennase, erbärmliche Hebräergemeinde, Rudel räudiger Judenhunde, Judenstrolche, Judenpack“ sind wiederholte Beschimpfungen, dennoch gab der Regensburger Bischof auf Bitten des Mettener Abtes seine Veröffentlichungs-Genehmigung („Imprimatur“).

Wie gut, dass sich dann doch noch eine Stimme für die unglücklichen Juden erhob: Im September 1934 stellte Heimatdichter Max Peinkofer in seinen (Passauer) HEIMATGLOCKEN das wiederaufgelegte „Deggendorfer Gnadenbüchlein“ vor und legte die grausigen Bilder der Lügengeschichte bei. Zwei Seiten davor hatte Peinkofer Gedichte des ihm freundschaftlich gewogenen Dichters und Literatur-Nobelpreisträgers Hermann Hesse (1877 bis 1962) drucken lassen und Hesse ein Belegexemplar geschickt. Hesse schrieb am 28. September 1934 aus Montagnola bei Lugano in der Schweiz: „Hochgeschätzter Herr Penkofer! Dieser Tage erhielt ich Ihr 9. Heft, in dem Sie Gedichte von mir gebracht haben. Ich war zuerst etwas enttäuscht, da Sie mir davon nur ein einziges Exemplar zusandten! Aber als ich dann die ´Hostienschändung` sah, bedauerte ich es nicht mehr.Es tut mir vielmehr leid, daß Sie ausgerechnet heute, wo Antisemitismus (nichts) weniger als eine Heldentat ist, dieses Dokument hervorzogen, ohne schlimme Absicht vermutlich, aber doch Wasser auf die Mühle der Judenfresser. Tut mir leid, daß meine Gedichte im gleichen Heft stehen. Im übrigen hat auch dieses Heft mir wieder gefallen. Mit Grüßen Ihr Hermann Hesse.“

Zwar reagierte Max Peinkofer erst 1957 auf Hesses Rüge, und natürlich beteuerte er, es sei ihm nur „um das Kulturgeschichtliche und Volkskundliche gegangen“. Seine Angabe, nichts habe ihm ferner gelegen „als ins braune Horn zu blasen“, entsprach exakt der Aussage einer breiten Mehrheit der einstigen Parteigenossen – und doch stimmte sie in diesem Falle: Peinkofer, homosexuell und aus dem bayerischen Schuldienst ausgeschieden, legte sich unter seinem Pseudonym DRAHOBL ungewöhnlich mutig und heftig mit den Nazis an und entging nur mit Hilfe vieler Freunde in einer privaten Psychiatrieanstalt der Euthanasierung und einer KZ-Haft. Er heiratete in einer sogenannten „Josefs-Ehe“ eine Schwester des aus Bischofsmais stammenden Augsburger Bischofs Dr. Freundorfer.

Ist aber nun aber der christliche Antisemitismus aus der Welt? Papst Benedikt XVI. spricht der Missionierung der Juden nicht das Wort. In den evangelischen Kirchen gibt es hingegen noch immer starke Missionierungstendenzen. Der katholische Priester aus Achslach bei Viechtach im Bayerischen Wald, Georg Aichinger (1835 bis 1916), hat in seinem Buch KLOSTER METTEN UND SEINE UMGEBUNGEN 1859 die GNAD-Erzählungen für bare Münze genommen und seine Meinung zur „Judenfrage“ niedergeschrieben: „Im Mittelalter wollten die Christen die Abkömmlinge jenes Volkes, das unseren Herrn gekreuzigt hat, nicht neben sich dulden und fielen oft in ungerechter oder übertriebener Verfolgung über dieselben her; – heute geht man damit um, sie den Christen gleich zu setzen, und auch dieß ist ein Extrem. Es wird nie gelingen, das Volk der Juden auszurotten, aber es wird auch bis zum Ende der Zeiten durch alle Emancipationsgesetze nie gelingen, dasselbe christlichem Geiste und Leben zu assimiliren, denn beides widerspricht dem göttlichen Plane. Als der collective ewige Jude hat es unsterbliches Leben, überdauert es alle anderen Nationen und steht immerfort und überall unter ihnen da wie ein Gespenst, welches zerfetzt bei den Lebenden umherzieht. Das ist Gericht und Plan Gottes.“

Da dieser Priester später als Redakteur des STRAUBINGER TAGBLATT sehr starken Einfluss gewann, gilt auch hier die mahnende Erkenntnis:

„Wenn das am grünen Holz geschieht…..“

QUELLEN , soweit nicht im Text genannt:
Schlickewitz, Robert, 17. Februar 2009 aus Meyers Großes Konversations Lexikon, 20. Auflage, Wien, 1905, über Juden,
Ders. in haGalil : Die Bayerische Judengesetzgebung von 1813; Bayerisches Brauchtum bizarr: „Der Jud muss verbrannt werden!“; Eine judenfreundliche Stimme aus Bayern: Ignaz v. Döllinger (1881); Judenmission im Volkslied: „Es war eine schöne Jüdin“.
Westerholz, S. Michael: DIE MAUER DES SCHWEIGENS Stadt und Landkreis Deggendorf in der NS-, Kriegs- und Nachkriegszeit.
Ders. Da wvrden di Jvden erslagen Zur Geschichte der Juden im Landkreis Deggendorf.
Ders. Zahlreiche Veröffentlichungen zur GNAD in der DEGGENDORFER ZEITUNG zwischen Juli 1965 und August 1986; SCHÖNER BAYERISCHER WALD; Bildmappe über die „Grabkirche“ (1976), ferner umfangreicher Briefwechsel mit E. F. Scharf/Jerusalem und Beiträge in MERIAN Niederbayern (1984) und Landkreisbuch Deggendorf (1983).
Ders. Die Suche nach dem Wunderbaren Wallfahrten in Deggendorf (1978), ferner in der sogenannten Landkreisserie mit kürzeren oder längeren Beiträgen in Städte, Klöster und Hofmarken, Sagen und Legenden, Burgen und Schlösser, Bier, Bierbrauer und Bierdimpfl; Kurzfassungen zur GNAD ferner in den Bilderbüchern ALTE ANSICHTEN AUS DEGGENDORF und ALTE ANSICHTEN AUS STADT UND LANDKREIS DEGGENDORF.
Ders. Kranke krepierten natürlich wie das Vieh – Geschichte des KZ Plattling (Nebenlager des KZ Flossenbürg!).
Schedel, Hartmann: WELTCHRONIK, 1493.
Liebwein, Alois: Raus aus dem Kirschenbaum. Verlag Ebner Deggendorf, 2009
Steub, Dr. Ludwig: Altbayerische Culturbilder (mit heftiger GNAD-Kritik und DAS DEGGENDORFER LIED „Von Tegkendorff das Geschicht Wie die Juden das hailig sacrament haben zugericht…“), Leipzig, 1860.
Aichinger, Georg: Kloster Metten und seine Umgebungen, Landshut, 1859.
Wiesemann, Falk, Prof. Dr.: Bibliographie zur Geschichte der Juden in Bayern, München 1989.
Ders. mit Ophir, Baruch: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918 – 1945.
Hakehillot, Pinkas: Die jüdischen Gemeinden in Bayern, Yad Vashem, 1972, deutsche Ausgabe bearbeitet von Wiesemann, Falk, Prof. Dr., seinerzeit Mitarbeiter im (Münchner) Institut für Zeitgeschichte.
Flügel, Karl, Auxiliarbischof in Regensburg: Stellungnahmen, amtliche und private Briefe zu GNAD-Anfragen, -Änderungen, -Streitfragen. In diesem Zusammenhang das Protokoll einer Aussprache zwischen Pommer, Josef, Stadtpfr. in Deggendorf und seinem Anhang Bielmeier, Eibl und Mraz auf der einen, Janik, Erwin, Chefredakt. der PNP, und Westerholz, S. Michael, Redakteur der PNP/DZ 1984 in Passau, auf der anderen Seite.
NSDAP-Akte Kuchler, Franz, Kopie im Eigentum des Autors, ferner Brief Kuchlers an den Verfasser und Berichte im DEGGENDORFER WOCHENBLATT:.
Ritter, Gallus (weltlich Anton!), Pater OSB Metten: Theaterbücher für die GNAD in Deggendorf und die (Schloss-) Gemeinde Egg bei Deggendorf.
WIKIPEDIA (nur eingeschränkt nutzbar, weil fehlerhaft).

15 Kommentare

  1. Da der obige Link offensichtlich nicht funktioniert, hier nochmal eine verbesserte Version:
    http://test.hagalil.com/2009/08/05/nazis-in-bayern/comment-page-1/#comment-5074

    Sehr geehrter Herr Schlickewitz,
    ich glaube, daß uns Ihre letzten Ausführungen einen deutlichen Schritt vorangebracht haben, wofür ich Ihnen sehr dankbar bin:
    http://test.hagalil.com/2009/10/27/wasserknappheit/comment-page-1/#comment-7057

    Ehrlich gesagt, wenn ich NSDAP-Mitglieder meine, sage bzw. schreibe ich auch „NSDAP-Mitglieder“… Unter „Nazis“ hingegen verstehe ich alle, die diese Gesinnung hatten und/ oder aufgrund dieser Gesinnung bzw. unter ihrem Deckmantel Verbrechen begingen. Wenn auf einem Mahnmal z.B. steht „Hier haben (die) Nazis soundsoviele Menschen ermordet“, bin ich mir ziemlich sicher, daß die Mehrheit der Deutschen davon ausgeht, daß es sich dabei nicht zwangsläufig nur um Parteimitglieder handelt!

    Sie äußern die „pädagogische“ Hoffnung, daß durch den „Deutschen“-Begriff der ein oder andere vielleicht eher zum Nachdenken angeregt werden könne, als durch den „Nazi“-Begriff: Glauben Sie das wirklich? Der springende Punkt in der Abwehrreaktion besteht doch nicht darin, daß man kein Nazi sein will. Dieser Begriff ist in dieser Hinsicht – wie auch der Begriff „Antisemit“ auf diesem Forum – zu einer völlig bedeutungsleeren Worthülse verkommen (mit der ohnehin alles und jeder tituliert wird, der eine andere Meinung hat und einem irgendwie nicht paßt)… Der springende Punkt ist doch, daß man diese Verbrechen nicht begangen haben will bzw., da wir ja nun fast alle einer Generation angehören, die sie rein altersmäßig gar nicht begangen haben kann, daß man nur ungern dafür die kollektive historische Verantwortung übernehmen will.

    Sie haben selbstverständlich recht, daß man sich vom „Nazi“-Begriff leichter distanzieren kann. Dennoch ist mit dem Wort „Nazi“ das Wort „deutsch“ untrennbar verbunden, es wird ständig mitassoziiert: Ihr Außerirdischen-Vergleich hinkt daher erheblich. Der „Nazi“-Begriff ermöglicht m.E. eine optimale „Halbdistanz“ – man fühlt sich zwar angesprochen, aber nicht gewaltsam in die Pflicht genommen.

    Im Hinblick auf Ihren „Deutschen-Appell“ fallen mir spontan gleich zwei Gruppen ein, die dadurch nicht bzw. kaum erreicht werden können: Zum einen sind das die nicht-jüdischen (und jüdischen?) deutschen Selbsthasser, die sich aus dem deutschen Kollektiv schon längst herausdefiniert haben, indem sie alles Deutsche kategorisch ablehnen und meinen, ihrer „Verantwortung“ dadurch gerecht zu werden.

    Ebenfalls kaum angesprochen fühlen sich vermutlich diejenigen, für die das nationale Kollektiv nicht den Dreh- und Angelpunkt der Identität des Individuums darstellt… Wie sehr die Ãœberhöhung des nationalen Kollektivs auf diesem Forum als Volkssport bertrieben wird, läßt sich übrigens auch an den heftigen Reaktionen auf den Artikel von A. Abarbanel „Psychologie: Ãœberlebensinstinkt oder Paranoia?“ erkennen. Um es auf den Punkt zu bringen: Wo steht eigentlich geschrieben, daß man sich vorrangig (oder gar ausschließlich) unter dem nationalen Aspekt mit den Nazi-Verbrechen beschäftigen sollte?

    Ãœbrig bleiben schließlich noch diejenigen, denen die Zugehörigkeit zum deutschen Volk tatsächlich etwas bedeutet: Auch bei dieser Gruppe halte ich die „erzwungene“ Konfrontation psychologisch für falsch, da die Ãœbernahme kollektiver Verantwortung nur funktionieren kann, wenn das Element der Freiwilligkeit gewahrt bleibt. Und wenn jemand nicht von selber darauf kommt, daß er mit „den Nazis“ irgendwas zu tun hat, nützt es auch nichts, wenn man ihm erklärt, daß er sich „als Deutscher“ davor nicht drücken könne…

    Vielleicht können wir uns ja darauf einigen, daß Sie mir persönlich abnehmen, daß ich den „Nazi“-Begriff weder unreflektiert noch aus „niedrigen Beweggründen“ verwende… Im übrigen sollten wir bei allem Streit um Begriffe nicht vergessen, daß der Kontext, in den sie eingebettet werden, wesentlich wichtiger ist.

    Was meinen Eindruck betrifft, daß Sie historische Tatsachen und Ihre persönlichen bzw. politischen Wertungen gerne vermischen, möchte ich Ihren Artikel „Eine judenfreundliche Stimme aus Bayern: Ignaz v. Döllinger (1881)“ anführen: Darin stellen Sie fest, daß Bamberg als Schauplatz von Judenbekehrungen, Judenverfolgungen, Judenverbrennungen und Judenvertreibungen kein idealer Hintergrund sei, um ein differenzierteres Bild jener Minderheit zu entwickeln. Der gebürtige Bamberger Döllinger sei diesbezüglich jedoch eine Ausnahmeerscheinung „in der so passiv gleichgültigen, geistig trägen, devot obrigkeits- und kirchenhörigen, uniform denkenden und sich am liebsten meinungskonform äußernden Masse der Angehörigen dieses süddeutschen Stammes“. Sie schlagen hier einen Bogen von (nicht näher bezeichneten) historischen Ereignissen zu einem Pauschalurteil über den bayerischen Volkscharakter.

    In Ihrem Artikel „Jüdisches Bayern: ‚Zur Geschichte der Juden in München‘ von Eduard Schöpflich (1926)“ erklären Sie, daß die Auswüchse des Hasses, des Rassismus‘, des Antiziganismus‘, des Antisemitismus‘, der Xenophobie die Geschichte der Stadt seit ihren Ursprüngen begleiteten, was Sie als Zustand und nicht als Entwicklung betrachten. Sie vermuten, daß solche Worte „weh“ täten, wenn man lediglich die „geschönte“ Stadtgeschichte kenne bzw. sich mit Hintergründen und historischen Fakten bisher nicht ernsthaft befaßt habe… Wissen Sie, was mir weh tut, Herr Schlickewitz? Daß Sie kurzerhand davon ausgehen, daß es angesichts der historischen Faktenlage nur eine einzige Interpretationsmöglichkeit gäbe – nämlich Ihre – und Ihre Argumentation sich in der akkumulierten Auflistung deutscher Untaten zu erschöpfen scheint.

    P.S.: Ich glaube, mit Terminzusagen sollte ich mich Ihnen gegenüber in Zukunft doch lieber zurückhalten… Aber Sie wissen ja mittlerweile, daß ich Ihnen keine Antwort schuldig bleibe. 😉

    Esther

  2. Sehr geehrter Herr Westerholz,

    meine Ausführungen bezogen sich nicht auf Ihren Artikel, den ich mit großem Gewinn gelesen habe und dem ich inhaltlich weitgehend zustimme, sondern auf die beiden vorangehenden Kommentare von Karlheinz und Ihnen vom 11. und 12.8. – möglicherweise beruhen unsere Verständigungsschwierigkeiten auch darauf, daß wir wohl nicht über das Gleiche gesprochen haben…

    Da Ihrem Kommentar vom 8.9. zu entnehmen war, daß Sie meine Argumentation irgendwie nicht nachvollziehen können und mir andererseits ziemlich schleierhaft war, was an meinen Äußerungen eigentlich nicht zu verstehen ist, habe ich mich natürlich um größtmögliche Prägnanz und Klarheit bei der Formulierung meiner Thesen bemüht. Mir ging es nicht um ein „Diktat“ meiner Sichtweise, sondern vielmehr um eine Gedankenanregung für Sie – es liegt bei diesem Thema ja ohnehin auf der Hand, daß es hier nicht um’s Recht-Haben gehen kann.

    Nachdem ich in der „Mahnmal- und Gedenkredenrhetorik“ nicht sonderlich bewandert bin – geschweige denn in der Diskussion darüber – habe ich mir einfach nur überlegt, was ich selber zu einem solchen Anlaß sagen oder schreiben würde: Ich tendiere dazu, die Namen der Opfer und Täter zu nennen! Wenn ich ihre Namen nicht kenne oder es zu umfangreich wäre sie aufzuzählen, würde ich den nächstgrößeren Kollektivbegriff wählen, der die Täter- oder Opfergruppe möglichst exakt und genau umreißt. Inwieweit der Leser bzw. Zuhörer, den i.d.R. ja keine persönliche Schuld oder Unschuld trifft, sich einer dieser Gruppen zuordnet und in diesem Rahmen bereit ist, kollektive Verantwortung zu übernehmen, sollte m.E. ihm überlassen bleiben. Zwar empfinde ich persönlich durchaus eine besondere Verantwortung als Deutsche und versuche auch, ihr gerecht zu werden – doch ich käme niemals auf die Idee, dies anderen (über eine zielgruppenorientierte Begriffswahl) aufoktroyieren zu wollen.

    Meine abschließende Frage hatte ich an Sie und Herrn Schlickewitz gerichtet, weil Sie über jeden Verdacht erhaben sind, es sich „zu leicht“ zu machen: Sie haben durch Ihre Arbeit bewiesen, daß Sie bereit sind, die „Mühen der Ebene“ auf sich zu nehmen und das zu tun, was viele andere eben unterlassen – zu argumentieren. Daher gehören Sie zumindest auf diesem Forum zu den wenigen, die eine objektive und ehrliche Antwort geben könnten – wenn Sie wollten.

    Mit freundlichen Grüßen, Esther

    P.S.: Der Mordaufruf von Karlheinz ist unter dem HaGalil-Artikel „Neonazis in Bayern – wieder aufgetaucht“ als erster Beitrag zu finden – fast die gesamte nachfolgende Diskussion dreht sich darum:

    http://test.hagalil.com/2009/08/05/nazis-in-bayern/comment-page-1/#comment-5074

  3. Sehr geehrte Frau „Esther“,

    ein Teil Ihrer Ausführungen lässt sich kürzest beantworten:
    1. Absatz:  Ja!
    2. Absatz:  Nein!
    3. Absatz:  Setzt in meinem Hirn eine Drehflügelanlage in rasende Bewegung, ist, mit einem Wort, unverständlich.  Infolgedessen kann ich auch Ihre Frage nicht beantworten, da sie nicht wirklich fragt, sondern insistiert. Das aber ist überhaupt die Schwäche in Ihrer Argumentation oder Ihrem Diktat:  Sie erklären, was ich denke oder denken sollte, was ich mir überlege oder überlegt habe – alles Ihre Interpretation. Ich lese hingegen, was ich geschrieben habe und weiß, dass da nichts zwischen den Zeilen oder quer denkend steht. 
    Noch ein einmal: Ich habe die gnadenlose DEGGENDORFER GNAD als große Lüge und schwere Sünde empfunden, so auch dargestellt und bekämpft. Und ich habe jene, die sie trotz Wissens um die Wahrheit bis 1992 veranstaltet, propagiert und verteidigt haben, als Lügner und Sünder dargestellt. Insofern verstehe ich Ihre Frage im vorletzten Absatz nicht und werde gewiss keine philosophischen Betrachtungen über Versuchungen eröffnen: Kurz – es plagen mich keine Versuchungen, und in meinen Texten habe ich fixiert, was ich festschreiben wollte. Ihre Grundfrage, nämlich die nach den Methoden der Verdrängung, beantwortet sich mit der Wiedergabe einer Todesanzeige jenes in Deggendorf amtlich hochgeehrten Nazis, der diese Tatsache bis ins Grab hinein geleugnet hat.
    Mit freundlichen Grüßen,
    S. Michael Westerholz.

    PS: Wo lasen Sie einen Mordaufruf des mir persönlich unbekannten „Karlheinz“? 

  4. Sehr geehrter Herr Westerholz,
    sehr geehrter Herr Schlickewitz,
    verzeihen Sie bitte, daß meine Antwort doch länger gedauert hat, als geplant…
    Sie scheinen davon auszugehen, daß diejenigen, die den „Nazi“-Begriff favorisieren, die Begriffe „Deutsche“ und „Nazis“ zwangsläufig als Gegensatzpaar konstruieren, um die anderen, „guten“ Deutschen von den „bösen“, verbrecherischen Nazis unterscheiden zu können – mit der Tendenz, den „Nazi“-Begriff immer weiter zu verengen, bis schließlich außer Hitler und einigen seiner Gefolgsleute niemand mehr übrigbleibt… Was mich betrifft, und auch ich kann selbstverständlich nur für mich selbst sprechen, ist dies jedoch nicht der Fall: Wenn ich das Wort „Nazis“ ohne irgendwelche weiteren Erklärungen höre, assoziiere ich damit automatisch die überwiegende Mehrheit der Deutschen zwischen 1933 und 1945.
    Nachdem es sich bei Nazis und Deutschen damals um weitgehend identische Personengruppen handelte, ist es für mich auch kein „Drama“, wenn auf einem Mahnmal „Deutsche“ statt „Nazis“ steht, sofern aus dem Kontext eindeutig hervorgeht, welche Deutschen damit gemeint sind… Nur halte ich es einfach nicht für richtig, den ungeeigneteren Begriff zu wählen, wenn ein geeigneterer zur Verfügung steht. Ihre Formulierung „im Namen der Deutschen“, Herr Westerholz, käme mir insofern entgegen, als sie zumindest ansatzweise auch eine Differenzierung ermöglicht.
    Der deutsche Widerstand fiel, darüber brauchen wir nicht zu reden, quantitativ kaum ins Gewicht – doch qualitativ macht es eben einen Unterschied, ob jemand Täter oder Opfer, Mitläufer oder im Widerstand war. Wenn nun über alles ein Deckel mit dem Etikett „die Deutschen“ gestülpt wird, wird eine differenzierte Betrachtung zumindest erschwert. Offengestanden habe ich das Gefühl, daß Sie den Kampf um die Definitionshoheit des „Nazi“-Begriffs innerlich irgendwie aufgegeben haben und deswegen auf den weiteren, m.E. aber auch ungenaueren und unklareren „Deutschen“-Begriff ausweichen.
    Der „Deutschen“-Begriff fokussiert zwangsläufig auf das Gemeinsame, Verbindende auch zwischen den heutigen Deutschen (überwiegend Nicht-Nazis) und den Deutschen im „Dritten Reich“ (überwiegend Nazis). Dadurch suggeriert er eine wie auch immer geartete, zumindest partielle Identität oder Kontinuität – ohne diese aus sich selbst heraus näher zu definieren. Genau daraus resultiert aber seine Mißbrauchsanfälligkeit!
    Es gibt auf diesem Forum nicht wenige Kommentatoren, die von der Einzigartigkeit des Holocausts (und anderer von Deutschen während des Nationalsozialismus begangener Verbrechen) nahtlos und völlig ohne flankierende Argumente übergehen zu einer angeblich „1000jährigen Schuld“ – wonach die gesamte deutsche Geschichte, angefangen von den Kreuzzügen, aus einer einzigen Aneinanderreihung „einzigartiger“ Verbrechen bestehe. Nun dürfte Ihre Aufgabe als Autoren wohl kaum darin liegen, die bizarren Gedankengänge irgendwelcher Diskussionsteilnehmer zu erklären. Es sollte jedoch nicht ausgeblendet werden, daß die Ungenauigkeit des „Deutschen“-Begriffs solchen Pauschalisierungen Tür und Tor öffnet.
    Abgesehen von den Fällen personeller, ideologischer o.ä. Kontinuität nach 1945, geht es Ihnen beim „Deutschen“-Begriff vermutlich in erster Linie um die Kontinuität einer besonderen historischen Verantwortung. Problematisch wird dies in meinen Augen ab dem Punkt, wo der Begriff als Ersatz für die Argumentation herhalten soll und dadurch eine Funktion erhält, die er m.E. nicht erfüllen kann bzw. sollte. Die Kernfrage lautet doch: Welche Relevanz besitzen Ereignisse, die vor 70 oder gar vor 700 Jahren stattgefunden haben, für uns heute? Und da zieht es als „Argument“ ziemlich wenig, daß es sich damals auch um „Deutsche“ handelte. Mir widerstrebt es einfach, den „Deutschen“-Begriff v.a. deshalb zu wählen, weil er als verbindendes Element die Erzwingung von „Betroffenheit“ ermöglicht – das wirkt auf mich, als wolle man Verantwortungsgefühl im Reagenzglas zeugen!
    Zusammenfassend möchte ich daher folgende Frage stellen: Wie groß ist für Sie die Versuchung, durch einen Begriff („die Deutschen“) etwas fixieren zu wollen (kollektive Verantwortungsbereitschaft), was m.E. nur durch Argumente fixiert werden kann bzw. darf?
    Mit freundlichen Grüßen, Esther
    P.S.: Meine flapsige Bemerkung, daß wir uns das alle nicht so anstrengend vorgestellt hätten, war selbstverständlich nicht auf Sie gemünzt, sondern auf potentielle Mitleser/ Mitdiskutanten – wie z.B. Karlheinz, der seit seinem unrühmlichen Mordaufruf hier nicht mehr postet und bei dem man Gift darauf nehmen konnte, daß er aus jeder kontroversen Diskussion genau an dem Punkt aussteigen würde, an dem sie überhaupt erst beginnen müßte.

  5. Sehr geehrter Herr Westerholz,
    sehr geehrter Herr Schlickewitz,

    herzlichen Dank für Ihre Antworten. Ich bin gerade verreist und möchte Ihnen nicht zwischen Tür und Angel einfach irgendwas schreiben – dafür sind Sie und das Thema mir zu wichtig… In ca. 10 Tagen kann ich Ihnen ausführlich antworten.

    Herr Westerholz, falls Sie meine anderen Beiträge noch lesen möchten: Sie sind unter dem HaGalil-Artikel von Niklas Barth „Es gibt keine Antisemiten mehr – oder: deutscher Somnambulismus“ ab dem 9. August zu finden.

    Ich wünsche Ihnen auch gesundheitlich alles Gute,

    mit freundlichen Grüßen, Esther

  6. @Esther
    Ich möchte mich den Ausführungen von Herrn Westerholz anschließen. In meinen Artikeln und in meinem Buch „Sinti, Roma und Bayern“ habe ich bekanntlich selbst mehr als nur einmal darauf hingewiesen, dass in deutschen Geschichtsbüchern und Nachschlagewerken von nach 1945 sowie auf Mahnmalen in verschiendenen deutschen Städten immer wieder da, wo eigentlich  „Deutsche“ hätte stehen sollen, auf solche Konstrukte wie „Nazis“, „Nationalsozialisten“, „das NS-Regime“ ausgewichen wurde, in der Absicht möglichst vielen Deutschen auch weiterhin ein unkritisch-(selbst-)zufriedenes Dasein zu ermöglichen.
     
    Tatsächlich waren diejenigen Deutschen die wirklichen Widerstand im sog. „Dritten Reich“ geleistet haben, von so geringer Zahl, dass sich auf diese als „Deutsche“ im Gegensatz zu “ den Nazis“ zu berufen, der wahren Geschichte spotten hieße.
     
    „Deutschland war ein Nazi-Staat“, wie Herr Westerholz so treffend oben ausführte, da gibt es nichts zu beschönigen.

  7. Sehr geehrte Frau „Esther“,
    bitte haben Sie Verständnis für mein langes Schweigen: Ich bin leider gesundheitlich angeschlagen und brauche Zeit, zu antworten. Nein, es ist mir nicht gelungen, Ihren Diskussionsbeitrag aufzurufen, obwohl ich ihn gerne gelesen hätte.
    Ihr vorstehender Beitrag hat mich total verwirrt: Denn aus meiner Sicht gibt es nach 1914/18 ein Deutschland, das von demokratisch legitimierten Regierungen regiert wird. Hernach das Deutschland unter der Regierung der NSDAP und seit 1949 die Bundesrepublik Deutschland unter wieder demokratisch gewählten Regierungen.
    Allen Versuchen, das Hitler-Reich in jenes „der Nazis“ und eines „der anderen Deutschen“ zu trennen, habe ich in allen meinen Veröffentlichungen widerstanden – auch in der vorstehenden, dreiteiligen „GNAD“-Dokumentation. Ich verkenne nicht, dass es Widerstand gegeben, aber diese Persönlichkeiten werden entsprechend (dankbar!)gekennzeichnet. Ansonsten spreche ich von Deutschen, in deren Namen grauenhafte Verbrechen begangen worden sind, die durch nichts und niemand beschönigt werden können.
    Was Sie sich so „anstrengend“ erarbeiten, erkenne ich nicht als Grundproblematik. Und einen separierenden Nazibegriff lehne ich strikt ab. Deutschland war ein Nazi-Staat – nicht mehr und nicht weniger. Es wäre gut, wäre dies nach 1945 bis in die späten sechziger Jahre hinein nicht schlicht verdrängt, sondern anhand dieser Grundtatsache ehrlich aufgearbeitet worden. Manche quälende Auseinandersetzung wie jene, die Sie hier einzuleiten versucht haben, wäre uns dann erspart geblieben.
    Mit freundlichen Grüßen,
    S. Michael Westerholz

    PS: Wenn Sie schreiben, „so anstrengend haben wir uns das alle nicht vorgestellt“, implizieren Sie einen Auftritt im Sinne mehrerer Personen. Dann müsste aber erkennbar sein, für wen – ausgenommen sich selbst – Sie sprechen?! Ich selbst spreche stets nur für mich selbst. Ergo: Sie lasen vorstehend meine persönliche Ãœberzeugung. mw

  8. Sehr geehrter Herr Westerholz,
    bitte entschuldigen Sie, daß ich mich ungefragt in Ihre Diskussion einmische… Vielleicht haben Sie gelesen, daß ich an anderer Stelle ebenfalls über die Begriffsverwendung „Deutsche/Nazis“ in bezug auf die von Deutschen begangenen Verbrechen während des Nationalsozialismus diskutiere und eher die Gegenposition vertrete:
    http://test.hagalil.com/2009/07/20/hagalil-5/comment-page-1/#comment-5147
    Beide Begriffe sind mittlerweile wohl derart ideologisch aufgeladen, daß weder ihre „unbefangene“ Verwendung noch eine offene Diskussion darüber möglich zu sein scheint. Wie wär´s, wenn wir es trotzdem mal probieren?
     
    Wer nur von „den Deutschen“ spricht, versucht m.E. auch auf der Zeitachse – was für mich von entscheidender Bedeutung ist – eine Zwangsidentität von Personen/ Personengruppen herzustellen, die, um es diplomatisch zu formulieren, mehr trennt als verbindet. Dem könnten Sie entgegenhalten, daß man, wenn man bloß von „den Nazis“ spricht, eine Unterscheidung bzw. Trennung zwischen Personen/ Personengruppen herbeireden will, die wesentlich mehr miteinander verbindet, als sie möglicherweise wahrhaben oder zugeben wollen. Beide Begriffe sind also mißbrauchsanfällig, was kein Wunder ist bei einem derart komplexen Phänomen.
     
    Der „Nazi“-Begriff  bietet jedoch sachlich gesehen den Vorteil, einer klareren inhaltlichen Eingrenzung: Er bezieht sich (vorrangig) auf die Zeit zwischen 1933 und 1945, definiert die ideologischen Motive der Täter und schließt den Begriff „deutsch“ bereits mit ein – man muß also wesentlich weniger Zusatzerklärungen abgeben, wer oder was überhaupt darunter zu verstehen ist. Die einzige notwendige Ergänzung bestünde darin, daß mit „Nazis“ eben nicht nur Hitler und seine „Führungsclique“ gemeint sind, sondern alle, die „mitgemacht“ oder auch „nur zugeschaut“ haben, obwohl sie eine Alternative dazu gehabt hätten.
     
    Was am inhaltlich völlig uferlosen „Deutschen“-Begriff allerdings am meisten stört, ist die Tatsache, daß dadurch Nazis und Nicht-Nazis in einen Topf geworfen werden und dies nicht nur in bezug auf die Nazi-Zeit selber – was für mich noch verschmerzbar wäre, da in der damaligen totalitären Gesellschaft ja schwer unterschieden werden konnte, wo „der Deutsche“ aufhört und „der Nazi“ anfängt bzw. umgekehrt (und diejenigen, die tatsächlich Widerstand leisteten, nur eine kleine Minderheit waren). Das zentrale Problem besteht jedoch darin, daß bereits durch den (Identität suggerierenden) Begriff – und nicht erst durch den Austausch von Argumenten – bei den heutigen Deutschen „Betroffenheit“ erzwungen werden soll: Sie sollen sich nicht abkoppeln können von „ihrer“ Vergangenheit als „Deutsche“… Berührtheit, Betroffenheit, kollektives Verantwortungsgefühl können jedoch nicht durch Zwangsmaßnahmen erreicht werden: Allenfalls sehr unabhängige Persönlichkeiten lassen sich trotzdem nicht davon abhalten – auf alle anderen wirkt es einfach nur kontraproduktiv und führt zu entsprechenden Abwehrreaktionen.
     
    Wofür ich also plädiere, ist den klareren und engeren „Nazi“-Begriff  zu wählen, auch weil man sich nicht damit identifizieren muß und ihn weit von sich weisen kann… „Brauchbare“ Betroffenheit kann letztlich nur auf freiwilliger Basis und d.h. argumentativ entwickelt werden – z.B. eben durch den Nachweis von Kontinuitäten bei gleichzeitiger Bereitschaft, sich auch von Diskontinuitäten überzeugen zu lassen und umgekehrt…
    (Ja, ja, so anstrengend haben wir uns das alle nicht vorgestellt!)

  9. Sehr geehrter Herr Westerholz,
     
    Sie erwähnen oben u. a. Einstein.
    Der gebürtige Ulmer kam bekanntlich als Kleinkind mit seinen Eltern nach München und erlebte in der ‚Isarmetropole‘ die sprichwörtliche Hölle. Die wenigen Angaben, die ich den verschiedenen Biografien zu seinen Münchner Jahren entnahm, legen den Schluss nahe, dass er, noch nicht mal volljährig, seine deutsche Staatsbürgerschaft vor allem deshalb aufgab, um nicht mehr dieser Gesellschaft aus Angepassten, Jasagern, Konformisten, Intoleranten, Dummköpfen, verbohrten Lokalpatrioten, katholischen Judenhassern etc. angehören zu müssen.
    Eine frühe und weise Erkenntnis, die von hoher moralischer Qualität zeugt.
     
    Mich erinnern diese Erlebnisse des späteren weltberühmten Physikers und Menschenfreundes übrigens immer wieder an die Erfahrungen der Münchner Schauspielerin Therese Giehse, die auf den amtskirchlich-bayerischen Antisemitismus und ihre Haarfarbe bezogen folgendes Fazit ihrer Jugend zog: „Ich hatt rotes Haar und den Herrn Jesus umgebracht“.
     
    Die Verdrängung von der Sie oben schreiben, bewirkte, dass dieses Wissen um die Münchner Jahre dieser beiden jüdischen Persönlichkeiten nur ganz wenigen Eingeweihten bekannt sind.
     
    Die übrigen, von Ihnen genannten Prominenten aus Politik und Kultur sind tatsächlich die klassischsten Beispiele, an denen sich Angehörige meiner, der (Babyboomer-)Generation immer wieder untereinander oder mit den Eltern heiße Rededuelle lieferten. Die staatlich betriebene Nichtinformation, bzw.  das staatlich verordnete Schweigen über die Involvierung von echten Verbrechern unter den Promis und die Verteufelung der von Ihnen aufgezählten Personen in dem Staate nahestehenden Medien sind ein unerschöpfliches Thema für kommende Soziologengenerationen.
     
    Danke für Ihre Antwort.
     
    Mit besten Grüßen
    Karlheinz

  10. Sehr geehrter Herr „Karlheinz“,
    Goldhagens Aussagen über die „willigen Vollstrecker“ ebenso wie Ihre Anfrage, haben exakt den Kern der sämtlichen Diskussionen über das getroffen, was als TAUSENDJÄHRIGES REICH in die Geschichte eingangen ist: Täter, Intelligenz, Nutznießer und auch Wissenschaftler haben diese ebenso dialektisch geschickte wie widerwärtige Trennung herbeigeredet und -geschrieben. Und dann begann die furchtbare Verdrängung. Kelnberger wurde so zum verachteten Deserteur – dabei war er doch der Anständige. Brandt, Wehner, die Manns, ja sogar Einstein, Graf, Marlene Dietrich und so viele weitere wurden als Landflüchtige, Hochverräter usw. in den Dreck gezogen, und Millionen Dreckige machten sich zu jenen, die nichts gewusst und nichts getan hatten: Richtig, nichts getan, aber zugeschaut, wie in ihrem Namen so grausig viel getan wurde.

    Mit freundlichen Grüßen,
    S. Michael Westerholz

  11. Sehr geehrter Herr Westerholz,
     
    ganz besonderen Dank für die beiden letzten Antworten auf meine Fragen.
     
    Ich möchte den Tenor Ihrer obigen Ausführungen aufgreifen. Die Mahnreden, die salbungsvollen Worte von Politikern, Funktionären und sonstigen VIPs an Gedenktagen oder bei Gedenkanlässen.
     
    Man hört, und liest auch in den entsprechenden gedruckten Materialien zu diesen Anlässen, meines Erachtens zu häufig die Begriffe „Nazi“ oder „Nationalsozialisten“ oder „NS“, wenn eigentlich „die Deutschen“, „wir“ und „uns“ angebracht gewesen wären.
     
    Ist es nicht so, dass durch diese, ich will sie mal Stellvertreter nennen („Nazis“ etc.), ein schlimmer Verdrängungsprozess aufrecht erhalten (oder gefördert) wird, indem nämlich keiner sich letztendlich angesprochen fühlen muss, wenn stets von diesen Stellvertreterbegriffen die Rede ist, denn wer gibt schon offen zu, ein „Nazi“ zu sein, dass diese Stellvertreter auch verhindern, dass wir Deutschen mal tatsächlich und richtig über uns und unsere so scheußliche Vergangenheit nachdenken, über unseren für viele Nichtdeutschen so ’schwer verdaulichen‘ Volkscharakter mit all seinen Begleiterscheinungen. Dass endlich Besinnung bei unseren Massen eintritt und diese widerliche Arroganz gegenüber anderen Völkern und Kulturen aufhört. Dass wir andere endlich als gleichwertig annehmen können und nicht immer wieder unsere deutsche Ãœberlegenheit (vermeintlich oder wirklich) ausspielen müssen.
     
    Mag sein, dass ich mich etwas umständlich ausdrücke, aber ich hoffe, Sie verstehen was ich meine: „Nazis“ sind inzwischen für viele unserer Landsleute soviel wie „aliens from outer space“ geworden und nicht Personen, die wir mit uns selbst in Verbindung bringen.
     
    Wenn es Ihnen Ihre Zeit erlaubt, wäre ich Ihnen auch zu diesem Komplex für Ihre Meinung dankbar.
     
    Mit den besten Grüßen
    Karlheinz

  12. Sehr geehrter Herr „Karlheinz“,
    sich zu schämen, DIESER oder JENER zu sein, verändert die Welt und das Weltbild der meisten Mitmenschen leider nicht: Aktiv sein müssen die Demokraten und die Toleranten.
    >> Z. B. dagegen, dass ein Mitbürger, dessen Rechtslastigkeit seit Jahren bekannt war, hoch geehrt wird. Und dass naiv-wohlmeinende Mitmenschen dann, als der Skandal ruchtbar wurde, dazu rieten, die Ehrung auf die gemeindienlichen Funktionen des Mannes zu beschränken und dessen faschistoiden Sünden schlicht auszublenden. Diesen Verharmlosungstendenzen müssen die Wissenden mit klaren Aussagen entgegentreten: Niemand ist nur ein bisschen Mörder und ein anderes bisschen netter Nachbar!
    >> Z. B. dagegen, dass ein langjähriger NPD-Kreisgeschäftsführer mindestens einmal in der Woche einen Leserbrief veröffentlicht bekommt, dessen Tendenz bei genauem Hinsehen unübersehbar und nicht hinnehmbar ist.
    >> Z. B. dagegen, dass so manche Mahnrede an Kriegergedenktagen sich bei genauem Hinhören als Verharmlosung unmenschlicher Verbrechen erweist, die auch Millionen Kriegstoten – auch deutschen – von der deutschen Reichsregierung angetan wurden. Dass „der Krieg über uns gekommen ist“, darf da nicht unwidersprochen bleiben: Er war ein Teil der Politik der NSDAP, Adolf Hitlers und der Deutschen – und er war in Hitlers „Mein Kampf“ angekündigt, ebenso wie die meisten Verbrechen dieser Zeit.
    Mit freundlichen Grüßen,
    S. Michael Westerholz

  13. …war auch nur ein Gedanke und nicht mehr. Mich ärgert einfach, dass solche Fakten wie oben geschildert nicht Eingang in Schulbücher, in Stadtchroniken, in Kirchenbiografien, in die offizielle Kirchengeschichte etc. finden. Wie kann man nur so feige sein, wie wir Bayern (mehrheitlich), und nicht zu seiner Geschichte stehen (?). Geschichte erinnern, heißt doch, nicht nur ständig Glanzlichter der eigenen Kultur zu repetieren, sondern eben auch die Schattenseiten allen bewußt zu machen. Wie denn sonst soll der einfache Mann aus seiner Geschichte lernen! Und gerade wir Bayern zählen gegenwärtig haufenweise Alt-, Neu- und Naivnazis in unseren Reihen.
     
    Man muss sich ja pfeilgrad schämen, Bayer zu sein.

  14. Sehr geehrter Herr „Karlheinz“: Was Sie über Bischof Michael Buchberger (auch weitere wie etwas Kardinal Bertram von Breslau u.a. können genannt werden!) sagen, unterstreiche ich.
    Nicht einverstanden bin ich mit der Idee einer Grabschändung: Sie ist schon gedanklich eines kultivierten Menschen unwürdig: Grabmale solcher Totalversager dienen mir als Mahnmale.

  15. Er schrieb an den Regensburger Bischof Dr. Michael Buchberger: “Ich bin Jude, der mit…
     
    Über Bischof Buchberger gibt es absolut nichts Positives zu sagen. Zwar trat er nach 1945 als Herausgeber diverser theologischer Nachschlagewerke hervor, jedoch steht sein Name im Dritten Reich in Zusammenhang mit mindestens einem Fall  persönlicher Feigheit und menschlich-charakterlichem Versagen.
     
    Man erinnere sich:
     
    April 1945, Endkampf um Regensburg, deutsche Wehrmachts-Narren hatten die Losung ausgegeben, die Stadt bis zum letzten Mann („bis zum äußersten“) zu verteidigen. Da erhob der einzige besonnene unter diesen wahnsinnigen Endkämpfern, Domprediger Johann Maier, seine Stimme und gebot Einhalt, versuchte die thumben Thoren von ihrem sinnlosen Kampfe abzubringen.
     
    Was geschieht?
     
    Ein kurzfristig zusammengerufenes Standgericht verurteilt ihn wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode.
     
    Wohlgemerkt, die Besetzung der Stadt durch die Amerikaner stand kurz bevor.
     
    Und was macht unser Freund Buchberger, auf dessen Wort die Wehrmachtsverbrecher bisher Viel gegeben hatten, der über genügend Einfluss verfügt hätte, um den,  um seinen, Domprediger Maier zu begnadigen, oder auch nur um einen Aufschub der Hinrichtung zu bewirken. Was tut er?
     
    Er schweigt und rührt keinen Finger, dieses feige Schwein, das zehnmal verflucht sei, und in der Hölle schmoren soll!
     
    Am 24. April 1945, kurz vor der Einnahme der Stadt Regensburg durch die Amerikaner, haben deutsche Verbrecherkreaturen den Domprediger einfach aufgeknüpft.
     
    Und Bischof Buchberger, dem noch ein langes, wenngleich sinn- und nutzloses Leben vergönnt war, hat darob nicht mal die Spur von Gewissensbissen verspürt.
     
    Eigentlich sollte man sein Grab schänden!

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