2550 Euro – einmalig: Holocaust-Überlebende dürfen Antrag stellen

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Holocaust-Überlebende, die bisher noch keine Entschädigung aus Deutschland erhalten haben und am 19.März 2009 noch am Leben waren, dürfen in diesem Frühjahr einen Antrag stellen um um eine einmalige Zahlung von max. 2.550 Euro bitten…

In haArez berichtet Assaf Uni

Tausende Holocaustüberlebende, die bisher keine Zahlungen von Deutschland aus dem Hilfsfonds der JCC erhalten haben, können ab heute einen neuen Antrag einreichen und den Prozess für den Erhalt einer einmaligen Zahlung in Höhe von 2556 Euro eröffnen. Dies wurde in Berlin bei Gesprächen zwischen Vertretern der deutschen Regierung und der JCC (Jewish Claims Conf.) beschlossen. Der Beschluss bedeutet, dass sowohl die deutsche Regierung als auch die JCC ihren langjährigen Standpunkt geändert haben, der besagte, dass Überlebende, deren Antrag abgelehnt wurde, und die den Termin zur Einreichung ihres Antrags verpasst haben, keinen neuen Antrag stellen können.

Tausende Naziverfolgte erhalten zum ersten Mal eine Zahlung aus Deutschland

Die deutsche Regierung wird der JCC ca. 33 Millionen Euro überweisen, was Hilfe für ca. 13.000 Menschen bedeutet, die von den Nazis verfolgt wurden, zum Großteil Juden aus der ehemaligen UdSSR, die heute in Israel leben und niemals von der deutschen Regierung entschädigt wurden. Die Frage der einmaligen Entschädigung aus dem Hilfsfonds der JCC, der 1980 eingerichtet wurde, um Naziopfern zu helfen, die hinter dem Eisernen Vorhang lebten und keine Zahlungen von der deutschen Regierung erhielten, war Mittelpunkt einer gerichtlichen Klage, die im vergangenen Jahr mit einem Urteil gegen die JCC endete.

Obwohl ca. 180.000 Menschen in Israel die einmalige Zahlung erhielten, behaupteten knapp 2000 ehemalige Sowjetbürger, die JCC habe sie irregeführt, da sie die Kriterien für eine Berechtigung auf die Zahlung nicht erklärt und auch nicht klargestellt habe, dass kein erneuter Antrag eingereicht werden kann. Viele von ihnen reichten den Antrag knapp ein Jahr vor ihrer Pensionierung ein, was zu dem Verlust ihrer Berechtigung führte.

Der Bezirksrichter in Tel Aviv Oded Mudrik legte im Juni letzten Jahres in einem Urteil fest, dass die JCC fahrlässig gehandelt und die Antragsteller irregeführt habe. Er legte weiter fest, dass dem Großteil der Antragsteller die einmalige Zahlung gewährt werden müsse, und zwar mit Zinsen. Obwohl die JCC noch eine Berufung gegen das Urteil laufen hat, sagte der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Reuven Merchav, das Urteil habe die Entscheidung der Deutschen, ihren Standpunkt zu ändern, stark beeinflusst. „Sie wollten nicht riskieren, dass der Ruf des riesigen Entschädigungsprojekts, in dessen Rahmen im Verlauf der Jahre Milliarden Euro gezahlt wurden, wegen ein paar Tausend Mark Schaden nimmt“, sagte Merchav, der an den Beratungen in Berlin teilgenommen hat, gestern zu haArez.Der neue Beschluss bedeutet, dass ca. 7500 in Israel lebende Naziverfolgte, die die Zahlung aus Deutschland schon einmal beantragt haben, deren Antrag jedoch abgelehnt wurde, da sie die Kriterien nicht erfüllt oder den Abgabetermin verpasst haben, einen neuen Antrag einreichen können. Es ist nicht klar, wie viele der Berechtigten bereits verstorben sind. Eine Sprecherin der JCC teilte haArez mit, die persönlichen Angaben zu den Verfolgten, die seinerzeit einen Antrag eingereicht haben, lägen der JCC bereits vor, und die JCC werde ein Schreiben an sie richten, mit einer Kopie des neuen Antrags. Wer die Kriterien erfüllt und kein Schreiben erhält, solle sich an die JCC wenden. Merchav sagte, die Zahlung werde „innerhalb von Wochen oder Monaten nach Erhalt des neuen Antrags überwiesen, wenn die Kriterien erfüllt werden.“

Die JCC teilt mit, die Antragsteller müssten zwei Kriterien erfüllen:
1. Der Antragsteller hat bisher keine Entschädigungszahlungen von der deutschen Regierung erhalten, weder entsprechend des Entschädigungsgesetzes der deutschen Regierung, noch im Rahmen des globalen Wiedergutmachungsabkommens mit Deutschland.
2. Der Antragsteller erlitt erhebliche gesundheitliche Schäden, die er auf zwei Wegen beweisen kann: 80% Verlust der Fähigkeit, sich zu ernähern, aus welchen Gründen auch immer, oder 50% Verlust dieser Fähigkeit als Folge der Verfolgungen. Personen, die das Rentenalter erreicht haben (hier 65 Jahre für Männer und 60 Jahre für Frauen) müssen dies nicht unter Beweis stellen. Sollte ein Berechtigter versterben, können sein Ehepartner oder seine Kinder den Antrag bis Dezember 2010 einreichen.Weitere Information unter http:///www.claimscon.co.il

Zu diesem traurigen Kapitel der Nichtentschädigung der wenigen Überlebenden des größten und grausamsten Massenraubmords der Menschheitsgeschichte, seien noch zwei Bücher empfohlen:

2 Kommentare

  1. @Pavlik
    Lies mal wie es einer anderen  Minderheit in Deutschland in Sachen Entschädigung und „Wiedergutmachung“ nach 1945 erging:
    http://www.sintiromabayern.de

    Kaum ein Land wurde nach dem Zweiten Weltkrieg so reich wie die Deutschen; aber Reichtum verdirbt bekanntlich den Charakter und, wer reich ist, teilt nur ungern, außer er wird gezwungen sein Hab zu teilen.

    Deutschland kann man erfreulicherweise mit seinem ‚guten Ruf‘ unter Druck setzen. Als Buhmann, Lump oder Nazi wollen Deutsche nicht gelten, lieber zahlen sie.

    Man sollte sie daher öfter an ihre Schuld(en) erinnern.

  2. Die Deutschen stimmen der Forderung zu, den Antragstellern, deren Anspruch auf eine Zahlung bei Fristablauf der Antragstellung nicht anerkannt wurde, ihren Antrag erneut einzureichen. Der Beschluss über den Anspruch dieser Überlebenden wird sich auf ihr Alter stützen, ihren körperlichen Zustand und auf neue historische Angaben über das, was ihnen im Holocaust widerfahren ist. Die Berechtigten werden eine einmalige Zahlung in Höhe von maximal 2.556 Euro (reserviert für besonders gravierenden Fälle, ca. 13.000 Schekel) erhalten.

    Wer zur Antragsstellung Hilfe benötigt kann dafür schon einiges einplanen. Viel wird davon danach nicht mehr übrig sein. Weshalb wird nicht mit Zins und Zinseszins gerechnet? Immerhin kommt die „Entschädigung“ im Schnitt siebzig Jahre zu spät.

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