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Lieberman ante Portas:
Ein Zeichen des Misstrauens?

Die Aktivitäten der israelischen Organisation «Nativ» sorgen in Deutschland derzeit für Wirbel. Ziehen jetzt jede Menge Migranten nach Israel weiter?

Israel hat entschieden, mehr für die russischsprachigen Migranten in Deutschland zu tun: Am 22. Juli beschloss die Regierung die Entsendung zweier Emissäre der Organisation «Nativ» nach Deutschland. Voraussichtlich im September werden sie ihre Arbeit aufnehmen. Hiesige jüdische Organisationen wie der Zentralrat und die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) beobachten diese Entscheidung jedoch mit großer Skepsis.

So betont Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats, dass er Unterstützung aus Israel zwar für gewöhnlich schätze, jedoch die Tätigkeit der Organisation aus dem Dunstkreis des israelischen Ministers für strategische Planung, Avigdor Lieberman, als Doppelung bereits bestehender Leistungen von Zentralrat, ZWST und Jewish Agency ansehe. Laut Kramer und anderen Kritikern könne «Nativ» durch seine Tätigkeit gar die Stabilität der nach 1945 langsam wieder aufgebauten jüdischen Gemeinschaft in Deutschland unterwandern. Es wird dabei befürchtet, dass die Organisation eine politische Basis schaffe, die zur «Herausforderung der mühsam vereinten jüdischen Stimme im Land» werden könne. Die israelische Entscheidung verhilft «Nativ» zu vier neuen Mitarbeitern, zwei davon in Deutschland. Das Budget soll sich laut einem Bericht der «Jerusalem Post» auf etwa zwei Millionen US-Dollar belaufen.

«Nativ» selbst hält die Bedenken für unbegründet. Alle zukünftigen Aktivitäten würden gemeinsam mit der Jewish Agency und den hiesigen jüdischen Organisationen geplant, sagte Liebermans Generaldirektor Hagai Peleg: «Es wird ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Zentralrat, der ZWST und der Jewish Agency, unter dem Dach eines Zentralkomitees, das alle Aktionen koordinieren wird», so Peleg. Die ersten Treffen fänden voraussichtlich in den kommenden Wochen statt. Davon wiederum weiß nun Stephan J. Kramer nichts. Noch Ende Juli teilte er mit, dass weder er noch Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch bisher offiziell über die geplanten Aktivitäten von «Nativ» informiert worden seien. Kramer sagte, dass er weiterhin versuche, den Plänen der Organisation unbefangen gegenüber zu stehen. Die Tatsache allerdings, dass weder Knobloch noch er kontaktiert worden seien, ließe nichts Gutes erahnen. «Gemäß ihren eigenen Ankündigungen müssten sie uns einladen», meinte Kramer. «Bisher wissen wir offiziell nichts von der Entscheidung des israelischen Kabinetts, was ziemlich interessant ist. Ich würde gerne wissen, wann "Nativ" uns, dem zukünftigen Partner, Bescheid geben will. Soll ich anrufen, um das herauszufinden? Das alles hat einen Beigeschmack».
Kramer hatte zuvor vorgeschlagen einzugreifen, wenn «Nativ» den Anschein erweckt, die Lage in Deutschland zu destabilisieren. «Unterstützung ist entscheidend. Wir brauchen sie und heißen sie willkommen», so Kramer, «weniger willkommen ist uns allerdings eine feindliche Übernahme von Seiten einer Organisation außerhalb der existierenden jüdischen Strukturen».

«Nativ», oder «Lishkat Hakesher», hat seinen Ursprung in den frühen 1950er Jahren als Untergrundorganisation jüdischer Dissidenten in Osteuropa. Seit dem Zusammenbruch des Kommunismus suchte man schrittweise nach neuen Aufgaben. Jüngste Bemühungen, in den USA Fuß zu fassen, wurden gestoppt, weil die israelische Regierung befürchtete, dass dies die Beziehungen zwischen Israel und den USA trüben könnte. Deshalb fasste man nun offenbar Deutschland als neues Betätigungsfeld ins Auge.

Dies führte zu Gesprächen auf hoher Ebene, deutsch-jüdische Führungskräfte pendelten eifrig nach Jerusalem und zurück. Stephan J. Kramer und Benni Bloch, Vorsitzender der ZWST, haben sich in einem Brief gar an den israelischen Premierminister Ehud Olmert gewandt und die «Nativ»-Pläne darin ein «Zeichen des Misstrauens, das uns persönlich beleidigt» genannt. Die Spannungen im Verhältnis wurden spürbar. Angeblich sandte Liebermans Büro zu einem Treffen am 4. Juli zudem statt eines Vertreters lediglich ein Schreiben, das über die Deutschlandpläne von «Nativ» Auskunft geben sollte. Jedoch weder Zentralrat noch ZWST fanden sich dort namentlich erwähnt. Als Antwort darauf verabschiedeten sie gemeinsam mit der Jewish Agency eine Erklärung, dass es für «Nativ» keine Möglichkeit geben könne, unabhängig in Deutschland zu operieren.

Doch was will «Nativ» in Deutschland? Das Ziel der Aktivitäten sei es, so Generaldirektor Peleg, die Beziehungen Israels zu den Immigranten zu stärken. Dies zeigt auf den chronisch neuralgischen Punkt der jüdischen Gegenwart: Geschätzt 230.000 Menschen in Deutschland, die meisten von ihnen sind russischsprachige Einwanderer mit jüdischem Hintergrund, erfüllen die Kriterien des israelischen Rückkehrrechts. Allerdings dürfen nur weniger als die Hälfte von ihnen Mitglied einer jüdischen Gemeinde in Deutschland werden, die meist strengen Anforderungen folgen, also eine jüdische Mutter oder eine Konversion nach orthodoxen Glaubensregeln voraussetzen. Peleg bestätigte auf Nachfrage, dass «Nativ» diejenigen Personen erreichen wolle, die die «Erlaubnis zur Alija» bekommen und somit nach Israel auswandern können. Die Kritiker um Kramer und Bloch fürchten nun, dass «Nativ» eine politische Allianz mit jenen über 100.000 Immigranten bilden könnte, die die Kriterien für eine Mitgliedschaft in deutsch-jüdischen Gemeinden nicht erfüllen.

Das verweist darauf, dass die potentiellen Aktivitäten von «Nativ» nur durch die Mängel beim Thema Integration zum Problem werden. Im jüngst veröffentlichten «Nationalen Integrationsplan» der Bundesregierung glänzen Zentralrat und ZWST durch Abwesenheit. Selbstverpflichtungen, wie sie etwa der Zentralrat der Muslime eingegangen ist, um den Eigenanteil der Einwanderer an den Integrationsbemühungen festzuschreiben, gibt es von offizieller jüdischer Seite also nicht. Benni Bloch, auf diesen Umstand angesprochen, verweist darauf, dass eine kleine Organisation wie die ZWST «nicht überall» vertreten sein könne, versichert aber, dass die jüdische Gemeinschaft «alles dafür tut», um die Integration zu fordern.
Stephan J. Kramer gibt dagegen zu verstehen, dass auch ohne namentliche Erwähnung des Zentralrats die speziellen Bedürfnisse der meist hoch qualifizierten russischsprachigen Juden im Integrationsplan Eingang gefunden hätten. Ansonsten gibt er den Ball an die Politik weiter. Da Deutschland nach wie vor kein Interesse an einer geregelten Einwanderung habe, sehe er hier nach wie vor große Versäumnisse, die jedoch nicht spezifisch jüdisch, sondern allgemeiner Natur seien.

Dass die rund 100,000 Emigranten, denen in Deutschland die Aufnahme in eine jüdische Gemeinde verweigert wird, die aber in Israel willkommen sind, demnächst Richtung Heiliges Land aufbrechen werden, ist eher unwahrscheinlich: Die Zahlen lassen einen nicht minder bemerkenswerten Trend erkennen und die gesamte Diskussion um «Nativ» fast schon als Spiegelfechterei erscheinen: Laut Statistik sind im Jahr 2006 genau 4.313 Israelis in Deutschland eingebürgert worden - 50,2 Prozent mehr als im Vorjahr.

Dennoch mahnen die Aktivitäten von «Nativ» zu mehr gemeinsamer Anstrengung beim Thema Integration. Von etablierten jüdischen Organisationen und Politik gleichermaßen. Der Wirbel, den die Organisation derzeit hierzulande erzeugt, lässt hoffen, dass dies bereits verstanden wurde.

Unfreundlich und überflüssig:
Operation Deutschland

"Der Zentralrat bittet die Bundesregierung um Hilfe gegen Israel". Schlagzeilen dieser Art machen seit Wochen die Runde, hauptsächlich in der jüdischen Presse. Sie finden sich auch in den Köpfen einiger empörter Juden. Wahrer werden sie dadurch nicht...

hagalil.com 10-08-2007

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