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Die Ermordung des Ilan Halimi

Von Danny Leder

Am 13.Februar 2006 wurde Ilan Halimi, ein 23 jähriger Jude, gefesselt, geknebelt und nackt in der Nähe eines Pariser Vorstadtbahnhofs gefunden. Sein Körper war mit Schnitt- und Brandwunden übersäht. Er starb noch während seiner Einlieferung ins Krankenhaus.

Halimi, der als Verkäufer in einem Telefongeschäft gearbeitet hatte, war drei Wochen zuvor von einem Mädchen zu einem Rendez-vous gelockt und dort von einer Bande junger Vorstädter überwältigt worden. Die Entführer hielten ihn im Keller eines Plattenbaus gefangen, während sie von seiner Familie Lösegeld forderten. Die Mutter, eine Angestellte mit einem kleinen Einkommen und Alleinerzieherin von drei Kindern, konnte erst die geforderte Summe nicht auftreiben. Als der geschiedene Vater doch noch das Geld zusammenbrachte, scheiterte die Übergabe an der chaotischen Vorgangsweise der Entführer.

Nach Auffliegen der Entführerbande wurde deutlich, wie sehr bei diesem Verbrechen antijüdische Klischees und Judenhass ins Gewicht gefallen waren. Der Chef der Tätergruppe und mutmaßliche Mörder von Halimi, der 25 jährige Franko-Afrikaner Youssouf Fofana, hatte, laut Aussagen festgenommener Komplizen, seine ausdrückliche Absicht, einen Juden zu entführen, folgendermaßen begründet: "Die Juden sind die Könige. Sie fressen das Geld des Staats, während der Staat uns, Schwarze, als Sklaven betrachtet."

Nach der Ermordung Halimis war Fofana in die Heimat seiner Eltern, die Elfenbeinküste, geflüchtet. Dort unternahm er allerdings keine Anstalten, um sich zu verstecken, sondern gab in einem Restaurant, im Beisein seiner Freundin, einem französischen TV-Team ein Interview: darin bekannte er sich zur Entführung Halimis, versuchte aber die Schuld an der Ermordung des Entführten auf seine – zumeist jüngeren – Komplizen abzuwälzen.

Gegenüber der Öffentlichkeit und den Behörden der Elfenbeinküste präsentierte sich Fofana als eine Art Widerstandskämpfer der Schwarzen in Frankreich gegen den Rassismus der Weißen. Auf Druck der französischen Regierung wurde er aber festgenommen und an Frankreich ausgeliefert. Bei ersten Verhören, noch vor seiner Auslieferung, hatte Fofana erklärt: "Ich wollte einen Juden entführen, weil diese Gemeinschaft Geld hat und zusammenhält. Das Lösegeld hätte diese mächtige Diaspora leicht aufbringen können." Gemäß dieser Maxime war Fofana mit seinen Geldforderungen bei einem X-beliebigen Rabbiner telefonisch vorstellig geworden, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Halimis Familie doch nicht reich war.

Während seiner Gefangenschaft wurde Halimi immer wieder von Entführern schwer misshandelt, weil diese, wie aus Verhörprotokollen hervorgeht, "Juden nicht mochten". Die 22 köpfige Tätergruppe bestand zum Großteil aus jungen franko-arabischen und franko-afrikanischen Moslems (wie Fofana) beziehungsweise zum Islam konvertierten Jugendlichen aus (christlichen) Familien, die von den französischen Karibik-Inseln stammen.

Dieses Verbrechen löste zwar eine Welle öffentlicher Entrüstung aus. In Paris und am Tatort nahmen auch Nord- und Schwarzafrikaner sowie moslemische Würdenträger an Trauermärschen teil. Gleichzeitig kam es aber wieder zu einem Anstieg gewaltsamer Übergriffe gegen Juden in Vorstädten seitens junger Schwarzer, so als hätte die Ermordung Halimis eine perverse Beispielwirkung. Vereinzelt tauchten sogar Plakate auf, die zu Geldspenden für Fofana, nach dessen Auslieferung nach Frankreich, aufriefen.

Eine kleine, aber militante schwarze Separatistenbewegung, "Tribu Ka" (wörtlich: der Stamm der Ka), ging noch einen – gefährlichen Schritt – weiter: annähernd 50 ihrer Aktivisten marschierten in geschlossener Formation und mit Drohgebärden an einem strahlenden Sonntag-Nachmittag im Mai 2006 durch die Rue des Rosiers. Die schmale Gasse im Herzen des ältesten jüdischen Viertels von Paris war zu diesem Zeitpunkt voll von gemütlich flanierenden Familien und Urlaubern, die von dem aggressiven Durchzug überrascht wurden. Als Vorwand für den Aufmarsch dienten Gerüchte, wonach bei einer ersten jüdischen Trauerkundgebung nach der Ermordung von Halimi ein schwarzer Passant von Anhängern der rechten jüdischen Jugendbewegung "Betar" geschlagen worden sei. Außerdem drohte die "Tribu Ka", sie werde an Rabbinern Vergeltung üben, sollten Juden "auch nur ein einziges Härchen von Youssouf Fofana krümmen".

Innenminister Nicolas Sarkozy bezeichnete anderntags die "Tribu Ka" als potentielle "Pogromisten" und leitete ein Verbotsverfahren ein. So verworren ihre Ideologie auch erscheinen mag (ihr Führer predigt die "Überlegenheit der Dunkelhäutigen") und so gering auch ihre Mitgliederzahl sein dürfte, so sehr entspricht doch ihr martialisches Auftreten gegenüber Juden der Gefühlslage eines weitaus breiteren Teils der franko-afrikanischen und franko-karibischen Jugend.

Im Rückblick erscheint die Ermordung Halimis als eine ziemlich logische Folge der vorangegangenen Bestrebungen, die diversen antijüdischen Klischees im Milieu der benachteiligten Migrantenfamilien zu einer gefährlich-geläufigen "Weltanschauung" zu bündeln. In Frankreich gingen diese Bestrebungen zwar nur von marginalen politischen und religiösen Kreisen aus, sie fanden aber in der Person des – ursprünglich - populärsten schwarzen Komikers des Landes ein charismatisches Sprachrohr und konnten sich auf eine, auch nach Europa ausstrahlende, mächtige Propaganda-Maschinerie in den moslemischen Ländern stützen, wie im Folgenden aufgezeigt werden soll.

Holocaust-Gedenken statt Aufarbeitung von Kolonialismus und Sklaverei?

Der "Komiker" Dieudonné M’Bala M’Bala

Juden in Migrantenvierteln: eine Minderheit in der Minderheit

Die Vorgeschichte im Maghreb: eine Geschichte der Gegensätze

Europas expandierende Mächte weckten Emanzipationshoffnungen – eine Parallele zwischen den Juden Nordafrikas und Osteuropas

hagalil.com 20-12-2006

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