Inner-palästinensische Gewalt:
Al-Aksa-Brigaden drohen, Hamasführer Meshal zu töten
Ausschnitte aus einem Artikel von Avi Issacharoff,
Ha'aretz, 03.10.2006
Übersetzung Daniela Marcus
Am Dienstag drohten bewaffnete Fatahmänner damit, Führer
der regierenden Hamasgruppe zu töten. Damit eskalierte ein Machtkampf, der
von der schlimmsten inner-palästinensischen Gewalt seit der Gründung der
palästinensischen Autonomiebehörde im Jahr 1994 markiert ist. Während der
zweitätigen Kämpfe zwischen rivalisierenden Truppen von Mahmoud Abbas' Fatah
und der Hamas im Gazastreifen und in der besetzten Westbank wurden bisher
zwölf Menschen getötet und mehr als 100 verwundet.
Die Al-Aksa-Märtyrerbrigaden, ein bewaffneter Flügel der Fatah, sagten, sie
hielten den in Damaskus stationierten politischen Führer der Hamas, Khaled
Meshal, den palästinensischen Innenminister Sa'id Seyam und den ranghohen
Offiziellen des Innenministeriums, Youssef al-Zahar, verantwortlich für die
Toten. "Wir in al-Aksa kündigen mit aller Macht und Offenheit an, (…) die
Köpfe der Aufwiegelung, Khaled Meshaal, Sa'id Seyam und Youssef al-Zahar, zu
exekutieren (…).", sagte ein Statement. (…) Die Al-Aksa-Märtyrerbrigaden
bestätigten später die Echtheit dieser Aussage. (…)
Am Dienstag erzwangen mit der Fatah verbundene Bewaffnete die Schließung von
mehreren Schulen überall in Zentralgaza. Sie befahlen Kindern und Lehrern,
die Schulen zu verlassen und sagten, der Bildungsprozess müsse gestoppt
werden. Sie erklärten nicht, warum sie die Schulen schlossen. Bewaffnete der
Fatah blockierten am Dienstag außerdem eine Hauptkreuzung in Zentralgaza,
schrieen: "Nieder, nieder mit der Hamas", verbrannten Reifen und
Müllcontainer und schossen in die Luft. (…)
Hamas-Politiker Mushir al-Masri sagte, Al-Aksa "schüttet Öl ins Feuer" der
rivalisierenden Gruppen. Er sagte, die Hamas würde "keine Gnade zeigen"
falls irgendeiner ihrer Führer von den –wie er es nannte- "Führern des
internen Staatsstreiches" getroffen werden sollte. Ein Sprecher der
Al-Aksa-Märtyrerbrigaden in Gaza weigerte sich zu sagen, ob das Statement
die Ansicht der gesamten Gruppe oder gewisser Abteilungen repräsentiert. (…)
Die Auseinandersetzungen begannen am Sonntag nachdem Innenminister Sa'id
Sayem den Hamas-Sicherheitstruppen befohlen hatte, eine Demonstration von
Fatah-Sicherheitstruppen, die im Gazastreifen gegen die Unfähigkeit der
Hamasregierung, die Löhne zu bezahlen, protestiert hatten, aufzulösen. Die
Hamasmiliz versuchte, Bewaffnete der Fatah in Khan Yunis mit Gewalt zu
zerstreuen, was in heftigen Feuergefechten resultierte. Zur gleichen Zeit
umstellten Hamaskräfte das Haus eines Offiziers des präventiven
Sicherheitsapparates, einer Truppe, die überwiegend aus Fatah-Männern
besteht. Dies löste noch mehr Kämpfe aus.
In Vergeltungsschlägen griffen Fatah-Unterstützer Hamas-Büros –inklusive des
Büros des Premierministers in Ramallah- überall in der Westbank an und
setzten sie in Brand. Auch der Wagen von Bildungsminister Nasser al-Shaer
wurde zerstört. Fatah-Unterstützer versuchten außerdem, das palästinensische
Parlament in Brand zu stecken. Doch es gelang ihnen nicht. In Nablus gab es
bis in die Nacht hinein Feuergefechte zwischen Hamas- und
Fatahunterstützern.
Am Sonntag um Mitternacht telefonierten Abbas von der Fatah und der
palästinensische Premierminister Ismail Haniyeh von der Hamas miteinander.
Haniyeh rief alle Palästinenser dazu auf, Zurückhaltung zu üben. Die
Hamastruppen zogen sich später auf ihre anfänglichen Positionen zurück.
Die Lage ist festgefahrener und explosiver denn je:
Palästinensische
Autonomiegebiete vor dem Bürgerkrieg
Während seit Wochen die Verhandlungen über eine
"Einheitsregierung" der Fatah und Hamas zwischen Fortschritten,
Rückschlägen, einer Rückkehr zum Nullpunkt und einem baldigen Abschluss
schwanken, wird gleichzeitig von einem drohenden Bürgerkrieg geredet...
hagalil.com 04-10-2006 |