Mecklenburg-Vorpommern vor der Wahl:
Trend zu den Nazis verstärkt sich
Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes
Infratest im Auftrag des NDR hat hohe Wellen geschlagen: Was Beobachter
schon seit Monaten voraussagen, kann nun schwarz auf weiß nachgelesen
werden: Die neonazistische NPD ist auf dem Sprung in den Landtag – mit
erschreckenden Erfolgen besonders unter jüngeren Wählern und Erwerbslosen
von Jörg Fischer
Nach den Erfolgen der NPD in Sachsen und der DVU in
Brandenburg 2004 wird der Einzug der Neonazis fast auf den Tag genau 2 Jahre
später in ein drittes ostdeutschen Landesparlament immer wahrscheinlicher.
Die jahrelange, teils unbemerkte, teils bewußt ignorierte Aufbauarbeit der
NPD im Nordosten der Republik scheint Früchte zu tragen. Laut der
Infratest-Umfrage wollen 6 Prozent der Befragten NPD wählen, weitere 4
Prozent können sich vorstellen, am 17. September den Neonazis ihre Stimme zu
geben. Insgesamt liegt das NPD-Potential also bei bis zu 10 Prozent der
Stimmen. Dieses Ergebnis dürfte NPD-Bundeschef Udo Voigt mit einem lachenden
und einem weinenden Auge sehen, denn der sich abzeichnende Erfolg in
Mecklenburg-Vorpommern stärkt die innerparteilichen Gegner Voigts, zu denen
der nördliche Landesverband ebenso gehört,. Wie die sächsische
Landesgliederung der Partei.
Welchen Ausmaß der Zulauf zu den Neonazis hat, zeigt ein Blick in die
detailierteren Daten der Umfrage: Bei den Jungwählern liegt das
NPD-Potential bei 24 Prozent, bei den Erwerbslosen sind es 23 Prozent. Da in
der Regel junge Männer wesentlich stärker zu rechtsextremen Parteien neigen
als ihre weiblichen Altersgenossen, halten es Experten für nicht
ausgeschlossen, daß die NPD bei den männlichen Jungwählern am Wahlabend
sogar zur stärksten oder zumindest zweitstärksten Partei werden könnte. Hier
wirkt sich die Strategie der NPD aus, die seit Jahren unter Jugendlichen
agitiert, die jetzt wahlberechtigt sind.
Von ausschlaggebender Bedeutung für den Ausgang der Wahl wird die
Wahlbeteiligung sein. Hier prognostizieren die Demoskopen einen dramatischen
Rückgang im Vergleich zur Landtagswahl 2002, die damals zeitgleich mit der
Bundestagswahl stattgefunden hatte.Nur 47 Prozent der Befragten gaben an,
sich sehr stark für die bevorstehenden Landtagswahlen zu interessieren. 53
Prozent gaben an, sich wenig oder gar nicht für die Wahl zu interessieren.
Auch keine der möglichen Koalitionen nach der Wahl stößt auf besondere
Gegenliebe in der Bevölkerung, was ein deutliches Indiz für ein hohes Maß an
Politik- und Parteienverdrossen heit ist. Für eine Fortsetzung der Koalition
aus SPD und PDS erwärmen sich 34 Prozent, für eine Koalition aus SPD und CDU
gar nur 30 Prozent. Eine Koalition aus CDU und FDP würden gerade einmal 24
Prozent am liebsten sehen. Gleichwohl wollen 45 Prozent, das auch die
nächste Landesregierung von der SPD geführt wird, eine CDU-geführte
Landesregierung wünschen sich nur 34 Prozent.
Die „Sonntagsfrage“ („Welche Partei würden Sie wählen, wenn schon diesen
Sonntag Wahlen wären?“) fiel im Einzelnen wie folgt aus (Veränderungen
gegenüber der vorhergehenden Meinungsumfrage in Klammern): CDU 31 Prozent
(plus 1 Prozentpunkt), SPD 30 Prozent (minus 1 Prozentpunkt), Linke.PDS 21
Prozent (minus 2 Prozentpunkte), FDP 6 Prozent (unverändert), NPD 6 Prozent
(plus 2 Prozentpunkte), Bündnis 90/Die Grünen 4 Prozent (1 Prozent) Sonstige
2 Prozent (minus 1 Prozentpunkt). |