In Sachen NPD auch in Zukunft:
Kein Grund zur Entwarnung
Trotz der schweren internen Auseinandersetzungen in der
sächsischen NPD-Landtagsfraktion, erwies sich die neonazistische
Partei 2005 erstaunlich stabil und konnte sogar ihre Stellung im
neonazistischen und rechtsextremen Spektrum weiter ausbauen.
von Jörg Fischer
Diese Erkenntnis aus Vorabveröffentlichungen des im Mai
erscheinenden „Verfassungsschutzbericht 2005“ (im „Focus online“)
mag für manche Beobachter überraschend sein.
Nach dem Austritt von drei Landtagsabgeordneten aus der Fraktion und
der Partei hatte es Spekulationen über eine Zunahme der
innerparteilichen Auseinandersetzungen und damit verbundener
Austritte gegeben. Bekanntlich hatte der sächsische
Verfassungsschutz im Zusammenhang mit den Austritten der
Rechtsextremisten aus ihrer bisherigen Partei eine undurchsichtige
und umstrittene Rolle gespielt. Zwei der drei NPD-Renegaten haben
sich zwischenzeitlich einer anderen rechtsextremen Partei
angeschlossen, alle drei behalten weiterhin ihre Landtagsmandate.
Wie „Focus online“ jedoch berichtet, konnte die NPD auch 2005 ihren
Mitgliederbestand bundesweit von 5.300 auf 6.000 Personen ausbauen.
Demgegenüber sanken die Mitgliederzahlen der „Republikaner“ 7.500
Mitglieder auf 6.500. Der Mitgliederbestand der DVU ging von 11.000
auf 9.000 zurück. Damit ist auch das Gewicht der NPD innerhalb der
rechten Szene weiter gestiegen. Die Verluste der „Republikaner“ sind
auf deren Isolierung innerhalb der rechten Szene und ihrer
zunehmenden Bedeutungslosigkeit zurück zu führen, bei der DVU dürfte
der Mitgliederschwund die Folge der starken Überalterung und der
faktischen Inaktivität der zentralistisch von der Müncher Zentrale
geführten Partei sein.
Wie der „Focus“ weiter berichtet, ist die Zahl der gewaltbereiten
Rechtsextremisten nach Angaben der Experten 2005 von 10.000 auf
10.400 angestiegen. Insgesamt zeige sich die Szene auch wesentlich
besser organisiert als im Vorjahr.
Auch die finanzielle Situation der NPD dürfte sich 2005 weiter
verbessert haben. Bei der Bundestagswahl vom 18. September konnte
sich die NPD im Vergleich zur Bundestagswahl 2002 von 0,4 Prozent
auf 1,6 Prozent vervierfachen und kommt in den Genuß der staatlichen
Parteienfinanzierung.
Dass die NPD ebenfalls in Sachsen auch nach den Querelen stabil ist,
offenbarte eine Meinungsumfrage des Forschungsinstitutes „Emnid“ vom
14.02.2006. Laut dieser Umfrage käme die NPD, wenn jetzt
Landtagswahlen wären, auf 5 Prozent der Stimmen. Bei der
Bundestagswahl hatte die NPD in Sachsen 4,8 Prozent erreicht. Bei
der Landtagswahl 2004 hatte die NPD zwar etwas über 9 Prozent der
Stimmen erreicht, allerdings hatten damals schon
Politikwissenschaftler vor einer Verharmlosung des NPD-Erfolges als
reine „Protestwahl“ gewarnt. Etwa die Hälfte der NPD-Wähler, so die
Wissenschaftler, seinen als überzeugte Rechtsextremisten
einzustufen. Das Abschneiden der NPD bei der Bundestagswahl in
Sachsen und die aktuellen Umfrageergebnisse können nur als Beleg für
diese Einschätzung gewertet werden.
Derzeit konzentriert die NPD ihre Kräfte immer mehr auf
Mecklenburg-Vorpommern, wo im September diesen Jahres Landtagswahlen
anstehen. Ähnlich wie in Sachsen, ist die NPD auch in diesem
Bundesland im „Wurzelgrund der Gesellschaft“ verankert, arbeitet in
zahlreichen Städten und Gemeinden in Nachbarschafts- und
Bürgerinitiativen, Sportvereinen und Jugendzentren mit, ist in
mehreren Kommunalparlamenten bereits vertreten. Wahlforscher,
Politikwissenschaftler und sogar so mancher Verfassungsschützer
halten es für nicht unwahrscheinlich, das die NPD im Herbst in ihr
zweites Landesparlament einziehen wird. Erwartungsgemäß wird dann am
Wahlabend das Entsetzen wieder groß sein, was aber aktuell niemanden
der Verantwortlichen daran hindert, gerade in den Bereichen Bildung,
Jugendarbeit und bei Initativen gegen Rechts weiter zu sparen. |