[haGalil
Notausgabe]
Ein dänisches Fischerboot in Jerusalem:
Manchmal ist es schwer, ein Mensch zu sein
Gestern
brachten wir einen Text Einsteins über neue Medien und Chancen wahrer
Demokratie. Heute möchten wir auf einen zweiten Text Einsteins
hinweisen. Hier geht es um den Umgang mit einer totalitären Bedrohung,
um Zivilcourage und um ein kleines Land, dessen Bevölkerung sich
erfolgreich daran machte, seine jüdische Bevölkerung zu retten.
Die Geschichte vom dänische König, der den gelben Stern als erster trug
und dessen Beispiel alle Dänen nachahmten, nachdem die deutschen
Besatzer die Juden zur Kennzeichnung zwingen wollten, ist wohl nur eine
Legende, die den Widerstand der Dänen symbolisch und inspirierend
festhalten wollte.
In Wahrheit brauchten die Dänen keinen beispielhaften König, der ihnen den
Weg gewiesen hätte. Sie nutzten ihre eigene Phantasie und Courage, um
fast alle Juden erst zu verstecken und danach mit Booten ins freie
Schweden zu retten.
In Jerusalem gibt es deshalb einen Platz, den Kikar Dänemark. Dort
befindet sich neben dem Supermarkt mit der besten rumänischen Pastrami
und einer der ältesten Filialen von "Sami Burekas" ein aus Eisen
nachgebildetes Boot.
Nach dem Einkauf haben wir uns hier gerne eine Kartoffel- oder
Spinattasche in Blätterteig gegönnt, während unser Sohn auf dem
dänischen Fischerboot schon mal auf sein adriatisches Kapitänsdiplom
übte.
Dänische Beschaulichkeit also, am Freitagmittag, mitten in Jerusalem, kurz
vor dem Wettkampf um einen Sitz- oder mindestens Stehplatz in einem der
mit Einkaufskörben und Menschen vollgestopften Stadtbusse der Linien 13,
20, 23 oder 27 nach Kirjath haJowel. Alle gleich gut und alle gleich
voll.
Vollgestopfte
Busse in Jerusalem sind übrigens etwas wunderbares, und zu verdanken
haben wir dieses Wunder unter anderem dem Mut der Dänen.
Daran habe ich mich erinnert, als die Rufe "Tod den Dänen" immer lauter
wurden, als die dänische Flagge vor der Al-Aksa Moschee zum
Fußabstreifer wurde und dänische Mitarbeiter in internationalen
Hilfsorganisationen von der Regierung in Kopenhagen aufgefordert wurden,
ihre rot-weiße Flagge am Revers zu verstecken.
Deshalb haben wir unsere Eingangsseite während der Notausgabe mit dem "Dannebrog"
geschmückt. Und deshalb haben wir die Karikaturen der Aarhuser "Jyllands
Posten" gezeigt.
Nicht weil diese Karikaturen so gelungen sind. Sie sind plump und dumm und
die Motive im Stab der "Jütländer Post" waren sicher nicht ehrenwert.
Könnte ich dänisch, wäre ich wohl kaum ein Leser dieser konservativen
Tageszeitung. Wären sie mir aufgefallen, hätte ich die Karikaturen
genervt weggeblättert, vielleicht kritisiert. Ein billiger Gag ist es
nicht Wert, Menschen zu beleidigen, und beim Thema Selbstmordattentäter
empfinde ich grundsätzlich einen Würge- und keinen Lachreiz.
Als aber vier Monate nach der Veröffentlichung in der Jyllands Posten,
drei Monate nach Veröffentlichung in Al-Fajr und zwei Tage nachdem sich
der Herausgeber der "Post" entschuldigt hatte, die Wogen so hoch
schlugen, dass Dänen in der gesamten islamischen Welt um ihr Leben
bangen mussten, galt es nicht mehr auf religiöse Empfindsamkeiten
hinzuweisen, sondern auf die Gefährdung menschlichen Lebens.
Diese Relationen scheinen viele aus
den Augen zu verlieren. Im Osten wie im Westen. Es geht nicht um Bilder
- und das ist der Grund für das Gebot "Du sollst Dir kein Bild machen".
Der Mensch soll sich eben nicht niederwerfen, denn der höchste Wert ist
nicht G'ttes Heiligkeit sondern das menschliche Leben. So sieht es
jedenfalls G'tt, der Heilige, gelobt sei er. Und so lesen wir im Talmud,
dass wir, sollten wir uns je entscheiden müssen, zwischen den Geboten,
die den Dienst an G'tt befehlen und jenen, die den Dienst am Menschen
befehlen, wir uns für den Dienst am Menschen entscheiden müssen.
Albert Einsteins Rede über Dänen und
andere Gerechte unter den Völkern der Welt können Sie hier
als mpg anhören oder
als Text nachlesen:
..."Solange sich die Nazi-Gewalt nur, oder
hauptsächlich, an den Juden austobte, schaute die übrige Welt passiv zu und
schloss sogar Verträge und Abkommen mit der offenkundig verbrecherischen
Regierung des III. Reichs...
Die Tore Palästinas wurden vor jüdischen Einwanderern zugeschlagen und kein
Land fand sich, das diese im Stich gelassenen Menschen aufgenommen hätte.
Man lies sie umkommen, wie ihre Brüder und Schwestern in den besetzten
Ländern.
Niemals werden wir die heldenhaften Bemühungen vergessen, die kleine Staaten,
Skandinavier, Holländer, Schweizer, und einzelne Menschen im besetzten Teil
Europas vollbracht haben. Menschen, die alles in ihrer Macht stehende taten,
um jüdisches Leben zu schützen"...
..."As long as Nazi violence was unleashed only, or mainly, against the
Jews, the rest of the world looked on passively and even treaties and
agreements were made with the patently criminal government of the Third
Reich.... The doors of Palestine were closed to Jewish immigrants, and no
country could be found that would admit those forsaken people. They were
left to perish like their brothers and sisters in the occupied countries. We
shall never forget the heroic efforts of the small countries, of the
Scandinavian, the Dutch, the Swiss nations, and of individuals in the
occupied part of Europe who did all in their power to protect Jewish lives"...
Ausgestrahlt über
"Voice of America Broadcast" iam 10. Dezember 1945.
National Archives CNr. NNSM(s)-306-EN-8554.
http://www.auschwitz.dk
Wegen Mohammed-Karikaturen:
Internet-Portale gehackt
Das größte deutsche Internetportal zu jüdischen Themen,
Nahostpolitik, Bekämpfung von Antisemitismus und rechtem Extremismus ist gehackt
und völlig gelöscht worden.
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