Vor ca. 40 Personen hielt Yehuda Bauer in den Räumen des American
Jewish Commitee einen Vortrag über 'Contexts of Holocaust Education'. Danach
war noch kurz Zeit für Nachfragen, die von Juliane Wetzel moderiert wurden.
Als Kontexte von Holocaust Education sieht Bauer vor allem Dreierlei:
1. Den Kontext der Verzweiflung, also die millionenfache Ermordung
von Menschen, was er nicht nur auf die Schoah begrenzt, sondern auf alle
Genozide. Parallelen zwischen unterschiedlichen Genoziden sieht er vor allem
darin, dass es im Leiden der Opfer keinen Unterschied gibt.
Die Grundlage für einen 'Instinkt' zum Töten Anderer sieht er im Thanatos,
also Todestrieb, der durch Gesetze reguliert wird und letztendlich eine
Basis für die Entstehung des Nationalsozialismus sein soll. Ich glaube es
kam Bauer vor allem darauf an herauszustellen, dass prinzipiell jeder Mensch
in bestimmten Situationen zum Täter werden kann.
Bauer bemängelte, dass es im Unterricht, und er bezog sich dabei wohl auf
internationale Maßstäbe, keine Erziehung über die Entstehung von Genoziden
gibt und dass meist nur reduziert über Generäle, Führer etc gelehrt wird,
nicht jedoch über den Alltag.
Einen weiteren Hintergrund des Nationalsozialismus sieht er in der
Ideologie, wobei er sich von Hilberg abgrenzt. Für Bauer ist die Möglichkeit
der Beeinflussung von Bevölkerung mit Bestechung, also materiellen
Versprechen und durch eine Utopie, auch wenn sie rassistisch ist, sehr
wesentlich. Als weiteren Hintergrund bezeichnet er den christlichen
Antisemitismus, den die Nazis von seinem christlichen Gehalt getrennt
hätten, da dieser zwar Ausgrenzung und Verfolgung beinhaltet hätte, jedoch
keinen genozidalen Charakter in sich trüge. Im Gegensatz zum Kommunismus ist
für Bauer der Nationalsozialismus die einzige echte Revolution, da sie einen
neuen Charakter gehabt hätte - indem sie Herrschaft über den Rassebegriff
ermöglichte.
2. Kontext der Hoffnung. Bauer sieht ebenso einen Instinkt anderen
zu helfen, sich für fremde Menschen einzusetzen. Hoffnung ist dabei für ihn
ein zentraler Begriff, sowohl im Judentum als auch im Christentum an den
anzuknüpfen wäre. Er betont die Notwendigkeit im Zusammenhang mit Holocaust
Education weniger die Täter in den Vordergrund zu stellen, sondern vor allem
Opfer und Menschen die geholfen haben. Damit soll beispielhaft gezeigt
werden, dass es immer Handlungsspielräume gibt und gab sich anders zu
entscheiden.
3. Der Kontext der Schoah als Paradigma für andere Genozide. Schoah
(Holocaust) ist für Yehuda Bauer präzedenzlos, aber nicht einzigartig und es
besteht die Möglichkeit der Wiederholung. Das beispiellose ist für Bauer,
der Versuch universell jeden einzelnen Juden zu ermorden, also die
Gesamtvernichtung eines Volkes.
Dieses
Ziel wird nach Bauer über jeden Pragmatismus gestellt. Bauer sprach auch von
Antisemitismus als unpragmatischer Ideologie, da zum Beispiel Kriegsziele
gegenüber der Vernichtung hintangestellt wurden.