Die immer wiederkehrende Geschichte vom angeblich nie gestellten
Antrag:
Schwarz auf weiß und abgelehnt
Erinnern Sie sich an den
Monitor-Beitrag zum Thema haGalil und den "Auftritt der
Umständlichen" im BMFSFJ? Wer hätte damals gedacht, dass die
Zuständigen auch fast ein halbes Jahr nach ihrer - für niemanden
nachvollziehbaren - Entscheidung den konstruktiven Dialog verweigern
und stattdessen noch immer nach neuen Begründungen und Ausflüchten,
Verschleierungen und Verzögerungen suchen oder gar alte und längst
widerlegte Falschbehauptungen immer wieder neu erzählen würden.
Das Bundesministerium für Familien, Senioren, Frauen und Jugend, von
Ministerin Schmidt und ihrem Staatssekretär Peter Ruhenstroth-Bauer
auch gerne "Menschenministerium" genannt, versuchte damals anfangs
den Eindruck zu erwecken, als ginge es um Termine. Das Magazin
Monitor konnte bei soviel vorgeschobener Bürokratie keinen "Aufstand
der Anständigen" mehr erkennen. Nach dem Interview mit
Staatssekretär Peter Ruhenstroth-Bauer war nur noch vom "Auftritt
der Umständlichen" die Rede.
Der beamtete Staatssekretär im BMFSFJ hatte gesagt: "Wir benötigen
für unsere Förderung - wie gesagt: 3.600 Projekte seit 2001 -
natürlich bestimmte Regeln. Und eine der Regeln bedeutet, dass man
bis Ende letzten Jahres einen Antrag stellen muss. Den haben wir
bislang nicht bekommen"...
Es ist erschreckend wie leichtsinnig hier versucht wird berechtigte
Bürgeranfragen lächerlich zu machen und in's Leere laufen zu lassen.
An Ruhenstroth-Bauers Aussage lassen sich mehrere Ungenauigkeiten
finden, aber das Magazin Monitor hat ganz zurecht, kurz und knapp
fesgestellt: "Was der Staatssekretär verschweigt ist, dass haGalil
diesen Antrag gar nicht stellen konnte, weil sein Ministerium einen
bereits vereinbarten Trägerwechsel am Jahresende urplötzlich und
unbegründet ablehnte. Sehr kompliziert"...
Nachdem das Ministerium es danach auch noch in einer Pressemeldung
nötig hatte zu betonen, ihm sei Transparenz sehr wichtig, müssen wir
darauf hinweisen, dass es genau unsere Forderung nach Transparenz
war, die im Ministerium mit aller Macht abgewiesen wurde. Es war
gerade fehlende Transparenz, die einen Antrag auf Trägerwechsel
überhaupt erst notwendig gemacht hat.
Leider erreichte den in München eingetragenen haGalil e.V. am
10.12.2005, also kurz vor Auflösung des BMFSFJ im Weihnachtstaumel,
eine Absage des Antrags auf Trägerwechsel. Dies war umso
schockierender und unverständlicher, als Referatsleiter Dr.
Sven-Olaf Obst noch wenige Wochen zuvor versichert hatte, ein
solcher Trägerwechsel sei eine "durchaus gängige Sache", "keine
grosse Angelegeheit", ein vom haGalil e.V. angeregtes Treffen zur
Absprache und Erläuterung sei überhaupt nicht nötig. Ein formloser
Antrag durch den neuen Träger und eine Befürwortung durch den alten
seien ausreichend.
Nach persönlicher und telefonischer Beratung mit dem
alten Träger (Tacheles Reden e.V.) und der vom BMFSFJ als
Subunternehmen zwischengeschalteten
Unternehmensberatungsgesellschaft mbH (gsub - servicestelle entimon)
war dem reibungslosen Übergang für das restliche Drittel der
Laufzeit also nichts mehr im Wege gestanden, so dachten wir, und
davon konnten und mussten wir auch ausgehen, nachdem der Antrag
zusammen mit dem Ergebnisbericht für das Jahr 2004 und den darin
enthaltenen Schlussfolgerungen für die Fortführung des Projektes in
2005 an das Ministerium gegangen war.
Nochmal zum Mitschreiben: Es wurde kein Neuantrag gestellt, da es
nicht um ein neues Projekt ging, sondern um die Fortführung eines
bestehenden genau
definierten Projektes. Alle dafür erforderlichen Unterlagen
wurden fristgerecht eingereicht. Ein Blick auf die Unterlagen und
deren Datum genügt.
Nun fragen wir, wie kann also das Ministerium noch immer die Version
verbreiten, es sei kein Antrag eingereicht worden? Wie nennt man
einen solchen Vorgang, bei dem Dinge zum Schaden engagierter Bürger
verbreitet werden, obwohl die Fakten schwarz auf weiß vorliegen?
Der Schriftwechsel, der auf die Ablehnung des Trägerwechsels mit dem
zuständigen Bearbeiter im Ministerium erfolgte, ist dokumentiert und
sicherlich im Ministerium, wie es sich gehört, archiviert. Wie
gesagt, schwarz auf weiß sind dort die Fakten zu lesen: Die
Ablehnung wurde niemals plausibel begründet. Erst hieß es man habe
"grundsätzliche Weisung erlassen" Trägerwechsel insgesamt
abzulehnen. Warum und mit welcher Begründung oder auch Befugnis
wurde nicht erläutert, auch nicht, warum man dann noch vor wenigen
Wochen gesagt habe, dies "keine große Angelegenheit".
Auch Bürokratie braucht klare und verlässliche und transparente
Regeln, sonst wird sie zum Werkzeug von Willkür und Amtsmissbrauch.
Es folgten schließlich im zwölf Stunden Takt immer wieder neue
Ausflüchte und Scheinargumente, zum Teil begannen sich der alte
Träger Tacheles Reden e.V. und das Ministerium gegenseitig die
Verantwortung zuzuschieben, um dann zu signalisieren, sie würden
doch gerne weitermachen, nur eben ohne haGalil.
Da das Projekt "OR" aber eindeutig definiert ist, musste klar
werden, dass ein solches Vorgehen allzu offensichtlich nicht nur
jedem Anstand sondern auch jeder Verwaltungsvorschrift Hohn
gesprochen hätte. Man musste davon zwangsläufig Abschied nehmen. Da
man aber keine weiteren Argumente mehr vorbringen konnte, brach man
an dieser Stelle jede Kommunikation ab.
Unter dem Druck der Öffentlichkeit musste man sich
doch wieder mit dem Thema befassen. HaGalil ist nicht still
eingegangen. Vielleicht sollte man endlich einmal - anstatt immer
wieder alte und neue falsche Versionen auszugraben, die Gelegenheit
nutzen, und sich mit den vorliegenden Akten und dem ursprünglichen
Projektantrag befassen. Dafür werden Beamte bezahlt und dafür
gebührt ihnen Respekt.
Traurig ist und bleibt es, wenn Zuständigen in einem
schein-bürokratischen Sumpf abtauchen.
Die Rede war von einer Förderung bis September, mittlerweile haben
wir fast Juni. Meint ma, man könne so Probleme lösen?
Nochmal, wir reden vom "Aufstand der Anständigen". Dabei ging es
einmal um einen hinter der Kirche in Ahlsbeck totgetretenen
Glochard. Um einen im Dessauer Volkspark erschlagenen Familienvater.
Um Springerstiefel mit Stahlkappen in der Lüneburger Heide. Waren es
nicht Neonazi-Mörderbanden, die in Hoyerswerder und Magdeburg
Menschen zu Tode hetzten? Waren es nicht Brandanschläge auf
Synagogen in Lübeck und Düsseldorf und ein Sprengstoffanschlag mit
vielen Verletzten an einer Düsseldorfer S-Bahnstation? Waren es
nicht ständig neue Rekordzahlen über nazistische und antisemitische
Hetzseiten im Internet gegen die Mittel und Wege zu finden waren?
Das Wort entimon ist griechisch und bedeutet Respekt. Von Achtung,
Respekt und Anerkennung sprach noch die Vorgängerin der jetzigen
Ministerin im BMFSFJ. Von Unterstützung derjenigen, die sich seit
Jahren gegen den Rechtsextremismus engagiert hatten, war einmal die
Rede. Wie war das nur gemeint?
haGalil onLine
27-05-2005 |