Martin Hohmann will "einer guten lokalen Tradition standhaft treu
bleiben" und am diesjährigen "Tag der deutschen Einheit" erneut in Neuhof
bei Fulda eine Rede halten, dieses mal zum Thema Patriotismus. Erst letztes
Jahr machte seine Rede zum "Nationalfeiertag" Schlagzeilen, da er unter
anderem über das "Tätervolk" der Juden schwadronierte.
Seine damalige Rede war zunächst weder bei den über 100 Zuhörern noch bei
dem Mitarbeiter der "Fuldaer Zeitung" auf Kritik gestoßen, Wochen später
machte ein jüdisches Internetprojekt Journalisten auf ihren antisemitischen
Gehalt aufmerksam.
Ebenso wenig wurde der Ausschluss Hohmanns aus CDU-Bundestagsfraktion und
Partei freiwillig vollzogen, erst medialer und internationaler Druck
ermöglichte diese Entscheidung. Roland Koch etwa hatte seinen Parteifreund
noch am 9. November 2003 in der Frankfurter Synagoge verteidigt, woraufhin
etliche anwesende Juden und Jüdinnen buhrufend den Saal verließen. Die zu
Beginn der Debatte entschuldigenden und beschwichtigenden Kommentare von
einem Ausrutscher oder Irrtum Hohmanns erweisen sich schon bei
oberflächlichem Studium seiner Vita als Verharmlosung, hatte doch bereits
2001 die Jewish Claims Conference in einem Brief an den
CDU-Fraktionsvorsitzenden erklärt: "Herr Hohmann benutzt Formulierungen und
Stereotypen, die bereits in der Weimarer Republik von Rechtsradikalen
verwandt worden sind und von dieser Seite bis heute instrumentalisiert
werden."
Der in seinem Wahlkreis liebevoll als "unser Martin" titulierte Politiker
pflegt ein Weltbild, welches sich durch die positive Besetzung alles
"Deutschen" einerseits und der damit einhergehenden Abwertung alles
Abweichendem und Fremden andererseits auszeichnet. Zuallererst richten sich
seine Ressentiments gegen die Juden, die er als Volk begreift und in die
Nähe des Stalinismus rückt, letzten Endes gar mit den Nationalsozialisten
gleichstellt. Daneben hetzt er in ähnlich ungehemmter Weise gegen angeblich
kriminelle MigrantInnen, verunglimpft Sozialhilfeempfänger als "Parasiten"
und verteufelt Homosexualität als "Sünde". Damit bestätigt er unfreiwillig
das Wort Jean-Paul Sartres, wonach der Antisemitismus primär die Attacke auf
die Juden reitet, sich darüber hinaus jedoch als "Furcht vor dem Menschsein"
erweist.
Dass solcherlei Einstellung eine weite Verbreitung in der Gesellschaft
finden, zeigte sich durch die letztjährige Unterstützung für Hohmanns
Person, die sich nicht nur auf hohe CDU-Funktionäre beschränkte. Große Teile
der hessischen Christdemokraten wie auch der Bevölkerung der Region Fulda
stellten sich hinter den Abgeordneten und wähnten sich in Einklang mit dem
über Nacht zu Prominenz geratenen Redenschwinger als Opfer einer
Medienkampagne. In Neuhof selbst war Verbrüderung und Zusammenrücken statt
Distanzierung angesagt, Reporter fingen Stimmen von "ganz normalen
BürgerInnen" ein, die vor der Macht der "reichen Juden" warnten.
Auch der in den letzten Wochen geäußerte öffentliche Unmut bezüglich der
kurz bevor stehenden Rede Hohmanns wollte nichts von dessen
ressentimentbeladenen Ansichten wissen und beschränkte sich auf die Warnung
vor einem "erneuten Medienspektakel" sowie dem möglichen "Schaden für die
Region".
Wir rufen deshalb zu einer Protestkundgebung gegen die Veranstaltung des
unbelehrbaren Wiederholungstäters auf, nicht weil wir das Ansehen des Ortes,
der Region oder Hessens retten wollen, sondern weil es ein Gebot der
Vernunft ist, Antisemiten, Rassisten und Deutschnationalen an jedem Ort, zu
jeder Zeit entgegenzutreten!
Kundgebung: 03. Oktober 2004 um 10 Uhr vor dem Schützenhaus in Neuhof bei
Fulda
Treffpunkt für Anreise ab Frankfurt mit dem Zug: 8.15 Uhr Infopoint
Hauptbahnhof, Abfahrt 8.26 Uhr RE nach Fulda
Bündnis gegen Antisemitismus Rhein-Main
Info:
gegenantisemitismus@gmx.net bzw. 0177/9373715.