PRESSEERKLÄRUNG / OFFENER BRIEF
Offener Brief an Wolfgang Thierse und Angela Merkel:
Hohmann kein Einzelfall
Aus Anlass des erkennbaren Nichtumgangs mit dem
Fall Hohmann informiert Petra Pau über einen Offenen Brief an Wolfgang
Thierse und Angela Merkel
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe mich gestern an den Präsidenten des
Deutschen Bundestages, Herrn Wolfgang Thierse, und an die Vorsitzende der
CDU/CSU-Fraktion, Frau Dr. Angela Merkel, gewandt. Mein Anlass ist der
erkennbare Nichtumgang mit dem Fall Hohmann. Deshalb habe ich appelliert,
die These des verwirrten Einzeldenkers nicht länger zu pflegen.
En Detail kommt hinzu, dass Herr Hohmann im bürgerlichen Leben beim BKA
arbeitet und dort für Terrorismus-Bekämpfung zuständig ist...
Den jeweiligen Briefen habe ich eine
Dokumentation von Dr. Gerd Wiegel, Universität Marburg, beigelegt. Sie trägt
den Titel: Die Union und der rechte Rand - zur
Strategie der CDU/CSU-Fraktion im Umgang mit Parteien der extremen Rechten.
Diese Analyse belegt: Leute wie Hohmann gehören leider zum Selbstverständnis
der CDU/CSU. Die gesamte Broschure ist über mein MdB-Büro erhältlich oder
über meine Web-Seite (als pdf):
http://www.petrapau.de/15_bundestag/dok/down/rechter_rand.pdf abrufbar.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau
Wortlaut des Briefes:
An
den Präsidenten des Deutschen Bundestages
Herrn Wolfgang Thierse
An
die Fraktionsvorsitzende der CDU/ CSU,
Frau Dr. Angela Merkel
Berlin, 6. November 2003
Sehr geehrter Herr Wolfgang Thierse,
sehr geehrte Frau Angela Merkel,
wir haben im Bundestag gemeinsam diskutiert, wie dem keimenden
Antisemitismus beizukommen sei. Ich erinnere nur an die Debatte in diesem
Jahr über den Staatsvertrag mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland und
an die Generalaussprache am 5. Juni 2002 über damals aktuelle antisemitische
Ausfälle.
Wir schienen uns zumindest darin einig: Nationalistisches, rassistisches und
antisemitisches Gedankengut wuchert keineswegs nur am rechten Rand, es
gedeiht inmitten der Gesellschaft. Dem wollten wir - zumindest eine Mehrheit
des Bundestages - wehren.
Nun hat sich der Abgeordnete Hohmann (CDU-Fraktion) zu Wort gemeldet und in
einer unglaublichen Weise Jüdinnen und Juden verunglimpft. Gewiss, er wurde
dafür von der CDU-Führung gerügt. Ebenso eingeräumt, er hat nach langer
Rechtfertigung eine Entschuldigung verlesen. Aber das ist nicht der Grund
meines Schreibens.
Mich sorgt, dass begonnen bei der Führung der CDU so getan wird, als handele
es sich um einen dummen Ausrutscher. Die kontroverse Debatte nach der
Entlassung von KSK-General Günzel zeigt etwas anderes. Sie offenbart
ähnliche Denkweisen, wie vordem bei Hohmann und Günzel.
Ich will das hier nicht im Einzelnen bewerten, wohl aber mahnen: Wir würden
alle miteinander rückfällig, wenn wir der These vom antisemitischen
Einzeldenker Vorschub leisten.
Leider tat dies auch Verteidigungsminister Struck nach der konsequenten
Entlassung von General Günzel. Jede Frage nach Ursachen oder weitergehenden
Bedenken wies er als „überhaupt nicht relevant“ brüsk zurück.
Es wird Sie nicht verwundern, dass ich bereits in meiner ersten Erklärung
genau davor gewarnt habe. Ich habe gesagt: „Hohmanns rechter Geist ist seit
Jahren bekannt. Mehr noch: Er ist nicht die berühmte Ausnahme, er
repräsentiert einen ganzen CDU-Flügel.“
Vor Jahresfrist habe ich eine Studie vorgestellt: „Die Union und der rechte
Rand - zur Strategie der CDU/CSU-Fraktion im Umgang mit Parteien der
extremen Rechten.“ Ihr Autor ist Dr. Gerd Wiegel (Uni Marburg) und sie
belegt: Leute wie Hohmann gehören leider zum Selbstverständnis der CDU/CSU.
Man muss diese Studie nicht teilen und ich vermute, Frau Dr. Merkel, Sie
werden sie empört zurückweisen. Dann sollten Sie aber auch jeden Eindruck
vermeiden der geeignet ist, sie nachträglich zu bestätigen. Der Schongang
Ihrer Fraktion mit dem Abgeordneten Hohmann stärkt jedoch die Thesen der
Studie. Zumal mir niemand erklären kann, weshalb ein antisemitischer Ungeist
im Umweltausschuss des Bundestages besser aufgehoben sein soll, als im
Innenausschuss.
Sie, Herr Thierse, haben mehrfach und nachdrücklich davor gewarnt,
rechtsextreme Tendenzen auf die leichte Schulter zu nehmen. Die beigefügte
Studie wird Sie in dieser Haltung bestärken.
Mit besorgten Grüßen
Petra Pau, PDS im Bundestag
Petra Pau
Mitglied des Deutschen Bundestages
Mitglied des Innenausschusses
Sie finden diesen Brief auch in der Rubrik
Diverses unter
www.pds-im-bundestag.de
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10-11-2003 |