Freie Meinungsäußerungen vor deutschen Richtern:
Von Ratten, Würmern und Zigeunerjuden
Das Urteil von Kempten: "Ein schwerer
Schlag im Kampf gegen Menschenfeindlichkeit und damit Rassismus und
Antisemitismus"
Immer wieder berichten wir über die ständig steigende
Flut von Hetze und Beleidigung, mit der die nationale Rechte Gegner
diskreditiert und in's Zwielicht zu rücken versucht. Immer wieder
mussten wir auch darüber berichten, wie schwierig es ist, deutsche
Behörden dazu zu bewegen entsprechende Vergehen zu verfolgen.
Seit langem wissen wir, dass der Vorwurf, zum Beispiel
der Steuerhinterziehung, der bei jedem anderen Bürger dieses Landes als
üble Nachrede gewertet werden würde, als Lappalie abgetan wird, sobald
er sich gegen Juden richtet, man solle und dürfe nicht "überreagieren".
Ein amtliches Beispiel wie in diesem Land die
Menschenwürde geschützt wird, kommt diese Woche aus Kempten. Nach einem
Urteil des dortigen Landgerichts darf Hermann Reichertz,
Ex-Republikaner-Kreisvorsitzender im Allgäu, den Vizepräsidenten des
Zentralrats, Michel Friedman, einen «Zigeunerjuden» nennen. Mit dieser
Entscheidung hob das Gericht ein Amtsgerichtsurteil auf, das den Hetzer
immerhin zu 6.000DM Strafe wegen Beleidigung verurteilt hatte, nachdem
dieser Friedman im November 2000 in einer Presseerklärung als
«Zigeunerjude» bezeichnet hatte.
Selbstverständlich "missbilligte" der Vorsitzende
Richter die Äußerung des Republikaners, eine Straftat wollte er aber
nicht erkennen, eher schon eine Meinungsäußerung.
Paul Spiegel, Präsident des ZJD befürchtet nun, dass
dieser Freispruch ein weiteres Signal sei, welches Rechtsradikale
geradezu ermutige die Reizschwelle weiter zu verringern. Rassistische
Hetze werde mehr und mehr legalisiert.
In einem Gespräch mit der "Allgemeinen Jüdischen
Wochenzeitung", dem Zentralorgan des Zentralrats, sprach er von einem
"Offenbarungseid der deutschen Justiz": "Wenn Juristen einen solch
eklatanten und eindeutigen Angriff auf die Menschenwürde als zulässige
Meinungsäußerung gelten lassen, dann sind Versuche im Kampf gegen
Menschenfeindlichkeit und damit Rassismus und Antisemitismus vergebens.
Ich habe bisher geglaubt, dass auch die Justiz rechter Hetze den Kampf
angesagt hat, aber offensichtlich hat der Aufstand der Zuständigen die
Kemptener Richter noch nicht erfasst".
Spiegel ist davon überzeugt, dass dieses Urteil kein
Einzelfall ist. Er habe inzwischen den Eindruck, dass Teile der
deutschen Justiz nicht nur auf dem rechten Auge blind, sondern auch noch
auf beiden Ohren taub seien. Den Richtern scheine entgangen zu sein,
dass seit dem 19.Jahrhundert auf den Begriff "Zigeuner" Eigenschaften
projiziert würden, die alles andere als wertneutral seien, betonte
Spiegel.
Im Nachrichtensender N24 nannte Michel Friedman das
Urteil außerordentlich kontraproduktiv, es ermutige die Rechtsradikalen,
den Weg der persönlichen Beleidigungen weiterzugehen: "Ich hatte immer
gedacht, dass die Gerichte einen Schutzwall für die Opfer darstellen,
jetzt ist es ein Schutzwall für die Täter. Wenn dieser Begriff keine
Beleidigung ist, dann möchte ich wissen was in Deutschland dann eine
Beleidigung sein würde".
dg / haGalil onLine 28-08-2001 |