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Weil Rechtsextremismus eine Frage des Glaubens ist, hat der Bund der Vertriebenen ein Glaubensbekenntnis abgelegt: Er glaubt, daß nicht, und es wird ihm geglaubt

Deutsche zuerst

Samuel Salzborn

Nie, erklärt der Bund der Vertriebenen (BdV), habe er Affinitäten zu »Extremismus und antidemokratischer Haltung« gehabt. Man habe, sagt seine Präsidentin Erika Steinbach (CDU), den Versuchen von rechter Seite, den Verband zu »unterwandern«, einen »Riegel« vorgeschoben. »Extremistisches Gedankengut« habe zu keinem Zeitpunkt im BdV »Fuß fassen« können. Die »Frankfurter Rundschau« lobte sogleich die »neuen Töne«, die »Welt« einen »klaren Trennungsstrich zu rechtsextremistischen Bestrebungen«.

Ganz zufällig war der Zeitpunkt des Bekenntnisses nicht. Die Diskussion über den Rechtsextremismus hatte alle Organisationen im politischen Spektrum zwischen Rechtskonservatismus und Nationalliberalismus in Gefahr gebracht, Gegenstand eines unerfreulichen öffentlichen Interesses zu werden. Der Bund der Vertriebenen erhält jährlich erhebliche Summen aus dem Bundeshaushalt - Beträge zwischen zwei und vier Millionen Mark an institutioneller Förderung waren in den zurückliegenden zehn Jahren üblich, Projektmittel in Millionenhöhe kamen hinzu. Bevor der Verband selber in Verdacht geriet, schob er schnell einen Riegel vor. Vor den Verdacht.

Die Methode ist so neu nicht. 1993 beispielsweise hatte der damalige BdV-Präsident Herbert Czaja versucht, Polen dazu zu bringen, einen »Schlußstrich unter die offenen und verdeckten Versuche zur Ausgrenzung« der Vertriebenenverbände zu ziehen und den Weg frei zu machen für die aktive Ausgestaltung einer »sinnvollen deutschen europäischen Politik«. Die Strategie zur Realisierung dieses Ziels seinerzeit: Der BdV ist so generös, »auch über Untaten Deutscher« während des Nationalsozialismus sprechen zu wollen: »Dabei gilt es, sich auf beiden Seiten von Kollektivschuldbehauptungen gegen die gesamte andere Nation zu distanzieren, auch dann, wenn die Wogen der Gegensätze des Hasses, der Angst, der Überheblichkeit in der Kriegs- und Nachkriegszeit viele erfaßt haben.«

Czaja, der von 1943 bis 1945 als Soldat der deutschen Wehrmacht am Krieg teilgenommen, 1937 aktiv im nazistischen Deutschen Verband zur nationalen Befreiung Europas mitgewirkt und 1939 als Beamter der nationalsozialistischen Besatzungsbehörde im okkupierten Polen gearbeitet hatte, wollte über »Untaten Deutscher« und nicht über deutsche Untaten oder gar deutsche Verbrechen sprechen, über Einzelfälle halt, die es aber eigentlich auch nicht gab - wie den Theodor Oberländer, diese »Symbolfigur für die Ewiggestrigen« (»Spiegel«) und »notorischen Altnazi« (Götz Aly), dem Czajas Verband 1994 seine höchste Auszeichnung verlieh: die »Plakette für Verdienste um den deutschen Osten und das Selbstbestimmungsrecht«.

Oberländer war bereits am 9. November 1923 mit Hitler zur Feldherrnhalle marschiert. Er war Reichsführer des Bundes Deutscher Osten, Gauamtsleiter der NSDAP, SA-Führer, Leiter des Landesverbandes Ostpreußen des Volksbundes für das Deutschtum im Ausland (VDA), Mitglied des Vorstandes bzw. Beirates der Nord- und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft gewesen. Er hatte im damaligen Königsberg am Institut für Osteuropäische Wirtschaft, dessen Leitung er Anfang März 1933 übernahm, die nationalsozialistische Expansions- und Vernichtungspolitik »wissenschaftlich« vorbereitet. Er forderte die »Reinerhaltung der Rasse« und daß die »Eindeutschung der Ostgebiete« in jedem Fall »eine restlose« sein müsse. Am Angriff auf die Sowjetunion nahm er mit seinem Bataillon »Nachtigall« (als politischer Berater und beaufsichtigender Offizier) teil, dessen Angehörige an Massakern an Juden beteiligt waren. Über Oberländer hieß es im BdV-Organ »Deutscher Ostdienst«, daß »sein Wirken und seine Haltung in politisch sehr bewegten Epochen« unserer Zeit »uns Anhalt und Vorbild« sein sollten.

Eine vergleichbare Vorbildfunktion nehmen dieser Lesart folgend die Vertriebenenfunktionäre der ersten Stunde ein: zum Beispiel der erste BdV-Präsident Hans Krüger, der vor 1945 unter anderem Mitglied der NSDAP, des NS-Studentenbundes, des VDA und des Bundes Deutscher Osten gewesen ist. Er war als NSDAP-Ortsgruppenleiter und Oberamtsrichter beim Amtsgericht im polnischen Chojnice tätig und wurde 1942 an das dort gebildete Sondergericht berufen. Oder Alfred Gille, von 1952 bis 1966 Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen, der vormals Mitglied der NSDAP-Gauleitung von Ostpreußen und von 1928 bis 1945 Bürgermeister der Stadt Gizycko im ehemaligen Ostpreußen gewesen ist. Oder Otto Ulitz, langjähriger Sprecher der Landsmannschaft der Oberschlesier, der für seine Beteiligung an der Vorbereitung des fingierten Überfalls auf den »Sender Gleiwitz« mit dem Goldenen Ehrenzeichen der NSDAP ausgezeichnet worden war. Oder der Sprecher der Sudetendeutschen Landsmannschaft (1968 bis 1982), Walter Becher, der als Redakteur des NS-Gauorgans »Die Zeit« im Reichsgau Sudetenland tätig war. Oder der langjährige BdV-Vizepräsident Rudolf Wollner, ab 1941 Kriegsfreiwilliger der Waffen-SS, der heute als »Urgestein der Vertriebenen« und »Symbolfigur« gilt und kürzlich Ehrenvorsitzender des BdV-Landesverbandes Hessen wurde.

Völkische Traditionspflege steht bei den Vertriebenenverbänden hoch im Kurs - nicht nur personell. Ohne die identitätsstiftende, regressive Traditionsarbeit (Volkstänze, Bräuche, Mundarten, Trachtenshows) wäre der Zusammenhalt der Vertriebenenverbände nicht bis in die Gegenwart zu organisieren gewesen. Im Zentrum des völkischen Ansinnens steht der Kampf um das »Recht auf die Heimat«, wobei in den letzten Jahren völkisch-partikularistische Modelle den früher gängigen staatlich-expansionistischen vorgezogen werden.

Im »WitikoBrief«, dem internen Mitteilungsblatt des Witikobundes, war bereits vor einigen Jahren die Parole ausgegeben worden, für »unsere in den Oder-Neiße-Gebieten und im Sudetenland verbliebenen Landsleute« ein Volksgruppenrecht zu fordern, das »den dortigen Deutschen in ihrer Gesamtheit deutsch zu bleiben ermöglicht« und das »Autonomieregelungen für solche Gebiete vorsieht, wo sie einen wesentlich mitbestimmenden Faktor darstellen wie etwa in Oberschlesien«. Ferner solle man »öffentlich dafür eintreten, daß die Rußland- und Kasachstan-Deutschen nicht hinter der Wolga, sondern in Nordostpreußen ihre künftige Heimat« bekommen.

Die »Vertriebenen« sollten dabei trotz »aller Hoffnungslosigkeit im Augenblick« die »europäische Karte« im Auge behalten: »Je stärker sich Europa in Zukunft politisch integriert, desto stärker werden als Ausgleich zum zentralen Regiment die Regionalisierungstendenzen.« In der Konsequenz würde sich »mehr und mehr« das Bewußtsein bilden, daß es »bestimmte Volksgruppen gibt, die sich vom jeweiligen Mehrheitsvolk« unterscheiden. Das »Problem deutscher Volksgruppen« werde dann nicht mehr nur »ein spezifisches Problem des deutschen Staates und deutscher Menschen« sein, sondern ein europäisches, dem man sich »zusammen mit europäischen Partnern - mit Basken, Bretonen, Sarden, Aostanern, Szeklern usw. - widmen« könne. »Auf die Dauer gesehen ist hier wirklich etwas drin.«

Schon Herbert Czaja hatte die »Nachklänge der Auffassungen von Nation und Staat« bedauert, wie sie sich seit der Französischen Revolution entwickelt hätten, denn diese »etatistisch-zentralistische Staatsphilosophie« habe dazu geführt, daß in Europa »alle zahlenmäßigen Minderheiten« zur »Assimilation geleitet« werden würden. Das BdV-Organ »Deutscher Ostdienst« stand seinem Präsidenten argumentativ zur Seite: »Bedenklich stimmt, daß der Nationalstaats- und zivilisatorische Nationsbegriff bei einem großen Teil unserer Politiker und unserer Bevölkerung fast selbstverständlich geworden ist. Für Herder war das Volk der höchste Wertbegriff. Alle Lebensbereiche, Sprachentwicklung, Musik usw. sind für ihn spezifische Äußerungen eines Volkes. Jeder Mensch ist Glied seines Volkes, und jedes Volk hat innerhalb des göttlichen Schöpfungsplanes seine Funktion zu erfüllen.«

Daß das deutsche Volk für den BdV bis heute der höchste Wertbegriff geblieben ist, hat jüngst BdV-Präsidentin Steinbach hinausposaunt, als sie erklärte, mit der ersten Strophe des Deutschlandliedes (»Deutschland, Deutschland über alles ...«) »keine Probleme« zu haben, auch nicht mit deren öffentlichem Absingen.

Zum deutschen Volk gehören nach Auffassung der Vertriebenenverbände natürlich nicht nur Sachsen, Bayern und Rheinländer. Sondern selbstverständlich auch Ostpreußen, Schlesier, Sudetendeutsche und Siebenbürger Sachsen: »Ein Siebenbürger Sachse ist eben kein Rumäne und ein deutscher Oberschlesier kein Pole!«, lautet folgerichtig das Statement des BdV in dieser Frage. Was nach völkischen Kriterien stimmig sein mag, ist es nach rechtlichen noch lange nicht: Ein Großteil der deutschen Umsiedler, wie auch der späteren »Heimatverbliebenen« - so der BdV-Terminus für die »deutschen Minderheiten« im Ausland -, hatte sehr wohl die Staatsangehörigkeit des jeweiligen Wohnsitzstaates und war damit staatsrechtlich nicht Deutscher - zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als die Nazis in die jeweiligen Staaten einmarschierten und aus den »Volksdeutschen« Deutsche machten oder diese »heim ins Reich« umsiedelten.

Und nach Ende des Zweiten Weltkrieges war auch erst wieder politische und definitorische Schwerstarbeit zu leisten, bis schließlich nicht nur die Vertriebenenverbände, sondern auch das Bundesverfassungsgericht 1975 die These vertrat, die nach völkischen Kriterien als solche klassifizierten Deutschen im Ausland hätten ihre deutsche Staatsangehörigkeit nie verloren und seien also Deutsche.

So hingebungsvoll die Vertriebenenverbände die Rechte der Deutschen noch im hintersten Winkel Osteuropas reklamieren, so kaltschnäuzig begegnen sie Nichtdeutschen in Deutschland. Im Frühjahr 1989 erklärte der BdV, daß dem »massenhaften Zustrom von Ausländern« ein - was wohl? - »Riegel vorgeschoben werden« müsse. Vom »Wohlstand und einer blühenden Wirtschaft angelockt«, mißbrauchten die Ausländer »unser Asylrecht«. Eine »unklare Rechts- und Ordnungslage« lasse sie ihre »unter falschem Vorwand erzwungene Einreise« auf einen »jahrelangen Aufenthalt ausdehnen«. Das koste »den Steuerzahler Milliarden«, die »die Bevölkerung nicht länger aufzubringen bereit« sei. Der BdV sei »in Sorge«, daß der »begründete Unmut und Vorbehalt der Bevölkerung gegenüber Schein-Asylanten letztlich auch deutsche Aussiedler bitter treffen« könne.

Glücklicherweise gibt es aber zur Ordnung der Welt den »göttlichen Schöpfungsplan«, der jedem Volk seinen Platz zugewiesen habe. Und welcher es für die Deutschen sein darf, beantwortet die erste Strophe des Deutschlandliedes - mit der BdV-Präsidentin Steinbach wie gesagt »keine Probleme« hat - eindeutig. Da nimmt es kaum Wunder, daß auch die »Ostdeutschen« (was sich keineswegs auf die ehemalige DDR, sondern auf jenseits der heutigen Grenze der Bundesrepublik liegende Territorien nichtdeutscher Staaten bezieht) einen ganz besonderen Platz einnehmen wollen. So vergeht kaum eine Ausgabe der zahlreichen Publikationsorgane der Vertriebenenverbände ohne die Lobpreisung der Leistungen der »Ostdeutschen«, ihrer Traditionen und ihrer »kulturellen Eigenarten und Fähigkeiten«, die laut BdV-Organ »Deutscher Ostdienst« als »einigende Gemeinsamkeiten« zu verstehen sind. Erfreuen sich die Ostpreußen beispielsweise Immanuel Kants oder Johann Gottfried von Herders, feiern die Schlesier Gerhart Hauptmann - jeweils verstanden als »spezifische Äußerungen eines Volkes«.

Ihre Spezifika erhalten diese Volksäußerungen durch ihre aus dem vorgesellschaftlichen, quasi-natürlichen Bereich stammende Verknüpfung der geographischen Region mit einer politischen oder kulturellen Identität der in dieser verorteten Menschen. Auf welche Weise diese Verknüpfung erklärt wird, spielt in den Vertriebenenverbänden eine untergeordnete Rolle - solange die Annahme einer grundsätzlichen Differenz von Menschengruppen bestehen bleibt. Denn sowohl ein biologisch ausgerichtetes Polaritätsmodell (»Rasse«) als auch ein über den Kulturalismus (»Volkskultur«) geprägter Differenzansatz erfüllt die gleiche Funktion für die völkische Identität: Der Kulturalismus knüpft dabei »ein Band zwischen Ehe, Familie, Religion und Nation«, wie der Politologe und Germanist Jost Müller analysiert, was »zugleich Fortpflanzung, Abstammung, Heiratsritual und Vaterlandsliebe umschließt, indem er sie jener imaginären Identität von Körper und Kultur unterordnet«.

Um den Vertriebenenverbänden ihr antiextremistisches Bekenntnis abzunehmen, bedarf es angesichts ihrer Traditionen und ihrer politischen Orientierung einer gehörigen Portion Phantasie. Der Fairneß halber könnte man aber auch annehmen, der BdV berufe sich bei seiner Distanzierung auf die Kriterien des Verfassungsschutzes, der in dieser Frage die politische Definitionsmacht besitzt: Laut Bundesverfassungsschutzbericht (1999) wurzelt rechtsextreme Ideologie in nationalistischem und rassistischem Gedankengut. Sie sei von der Vorstellung bestimmt, die »ethnische Zugehörigkeit zu einer Nation oder Rasse« mache den »Wert des Menschen« aus. Diesem Kriterium würden nach rechtsextremer Vorstellung auch die Menschen- und Bürgerrechte untergeordnet, weil das für jedes Individuum geltende »universale Gleichheitsprinzip« abgelehnt werde.

Worin sich die von den »Vertriebenen« vertretene Ideologie der Ungleichheit von einer Ablehnung eines universalen Gleichheitsprinzips unterscheidet, erklärt der Verfassungsschutz in seinem Bericht nicht. Von dem Ministerium, unter dessen Dach auch das Bundesamt für Verfassungsschutz beheimatet ist, bekommt der Vertriebenenverband dafür einen gewichtigen Teil seiner Bundesmittel: Für das kommende Jahr sieht der Haushaltseinzelplan des Bundesministeriums des Innern 2,1 Millionen Mark an institutioneller Förderung für den Bund der Vertriebenen vor. Die Projektmittel für »Maßnahmen zur Förderung der Integration von Spätaussiedlern und Vertriebenen« sind bei 47,9 Millionen Mark angesetzt. Dem Versiegen dieses Geldsegens mußte ein Riegel vorgeschoben werden.

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