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Ein Bildband mit Privatfotos Tausender von Auschwitzhäftlingen:
Bitter schwere Welt

Schnappschüsse oder Hochzeitsfotos, Gruppenbilder, von Familienfesten oder Schulfeiern – sie unterscheiden sich kaum voneinander. Jeder hat ein paar davon, aus der Kindheit, aus der Familie. Meistens in irgendwelchen Kisten verstaut, vergessen. 

Wenige Anlässe nur gibt es, da werden sie wieder hervorgekramt, erhalten für einen Augenblick Bedeutung – um die Erinnerung zu stützen, als Beleg für die erzählte Lebensgeschichte. Dem Fremden sagen sie, ohne diesen Ritus der Erinnerung, nichts, sind unscheinbar, ziemlich banal.

Unscheinbar sind auch, auf den ersten Blick, die 2400 Fotos, die seit gestern in einer ständigen Ausstellung in Auschwitz zu besichtigen sind und zugleich auch in einem Bildband gesammelt sind, der den Titel trägt „Vor der Auslöschung ...“ Unscheinbar, auf den ersten Blick – kennt man allerdings ihre Geschichte, so wird jedes dieser Fotos ein Dokument einzigartiger Größe und Bedeutung. Die Menschen, die uns da in gewohnter Weise anblicken, bleiben Unbekannte – und doch rücken sie uns nahe, sehr nahe. Den Blick, den sie uns direkt in die Augen werfen, werden wir nicht vergessen.

2400 Privatfotografien versammelt der Band, die per Zufall in Auschwitz-Birkenau gefunden wurden. Sie gehörten Juden, die überwiegend aus dem polnischen Bedzin und Sosnowiec stammten und nach Auschwitz deportiert wurden. Wie Bruchstücke des alten lebens sind diese Fotos, die die Häftlinge ins Lager mitnehmen wollten, , zur erinnerung, um ihre Identität zu retten.

Wieso diese Bilder den Krieg unbeschadet überstanden haben, ist nicht bekannt. Im sogenannten „Kanada-Bau“ in Auschwitz, wo der den Häftlingen abgenommene Privatbesitz entweder verbrannt oder gesammelt ins Reich geschickt wurde, hatte kaum ein Objekt die Chance, dieser weiteren, ganz anderen Selektion zu entgehen. Diese Fotos aber überlebten.

Seit 1995 arbeiten das Staatliche Museum Auschwitz-Birkenau zusammen mit dem Frankfurter Fritz-Bauer-Institut und dem Holocaust Memorial in Washington an der Erforschung der genauen Herkunft der Bilder und des Schicksals der auf ihnen abgebildeten Menschen. Im Zuge dieser Recherchen gelang es, 600 Menschen auf den Fotos wieder einen Namen zu geben. Man hofft, daß es noch mehr werden.

Jüdische Mittelschicht Polens

Es ist die jüdische Vorkriegsgeschichte einer polnischen Stadt und der umliegenden Region, die hier im Bild dokumentiert wird. Als in den achtziger Jahren Roman Vishniacs Bildband „Verschwundene Welt“ in Deutschland erschien, erhielten die Millionen Ermordeten zum ersten Mal Gesichter.

Vishniac war in weiser Vorahnung bereits in den dreißiger Jahren aufgebrochen, um das Leben in den osteuropäischen Schtetls festzuhalten. Seine Fotografien sind Kunstwerke, zugleich bestätigen sie die deutsche Vorstellung vom Juden aus Osteuropa: Kaftan, Schläfenlocken, Bart und Hut. Und immer scheint er versunken ins Studium der Heiligen Schriften – wenn er nicht gerade im Schweiße seines Angesichts für sein täglich Brot kämpfen muß.

Die hier gesammelten Fotografien sind anders. Sie eröffnen uns den Zugang zur jüdischen Mittelschicht Polens, die sich von der Tradition der Vorväter bereits mehr oder weniger entfernt hat: Juden, die in ihrem Erscheinungsbild, aber auch in ihrer Selbstdarstellung das Produkt eines tiefgreifenden Wandels der jüdischen Welt zu Beginn des 20.Jahrhunderts sind. Und wenn diese Schnappschüsse auch bei weitem nicht die Ausdruckskraft der Fotos von Vishniac erreichen, so berühren sie den Betrachter heute doch viel unmittelbarer – denn diese Menschen sind wie wir. Auch sie gehören heute zu einer „versunkenen Welt“, aber diese Welt ist – anders als die Welt der Orthodoxie – keine fremde. Das nackte Baby auf dem Bärenfell, die Skifahrergruppe in den Bergen, das Ehepaar beim Stadtbummel – in unseren Alben und Schuhkartons finden wir die gleichen Motive.

Auf der Rückseite eines Fotos, auf dem ein Mann seinen kleinen Sohn, Peterle, lachend in die Höhe hebt, heißt es: „Mein Kind ist um 14 Tage früher zur Welt gekommen. Nur weiss mein Kind nebich nicht, in was für einer bitter schweren Welt es geboren wurde, es soll auch weiter nicht Wissen. Prossnitz, den 30.Juni 1940.“ Nur drei Jahre später kamen die Menschen, denen diese Fotos gehörten, in Auschwitz-Birkenau an. Peterle war wohl auch unter ihnen. RICHARD CHAIM SCHNEIDER

Vor der Auslöschung 
... Fotografien – gefunden in Auschwitz-Birkenau. 
Hrsg. Kersten Brandt, Hanno Loewy, Krystyna Oleksy, 
Gina Kehayoff Verlag, München 2001. 
Bildband 492 Seiten, mehr als 2400 Farbabbildungen, 
Textband 136 Seiten. 
Subskriptionspreis bis 30.Juni 198 Mark, 
danach 248 Mark.

Buchpräsentation heute um 20 Uhr im Literaturhaus München, in Anwesenheit der Herausgeber, Arno Lustigers und der Verlegerin.

Unscheinbar sind auf den ersten Blick die 2400 Fotos, die seit gestern in einer ständigen Ausstellung in Auschwitz zu sehen sind. Die Menschen auf den Bildern bleiben Unbekannte – und dennoch kommen sie uns sehr nahe. Die Fotografien sind in einem Buch gesammelt, das den Titel trägt: „Vor der Auslöschung... Fotografien – gefunden in Ausschwitz-Birkenau“.

haGalil onLine 03-04-2001

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