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KOMMENTAR
Der Verkauf der Erinnerungskultur 
als Akt politischer Korrektheit

Von Richard Chaim Schneider

Jüdische Buchhandlung Morascha - Zürich - Bücher zum Judentum, Ritualia...


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"Zachor", "Erinnere Dich" - so lautet seit Jahrtausenden das Geheimnis jüdischen Überlebens. Nur dank der Erinnerung war es den Juden möglich, ihre Tradition über Jahrtausende zu bewahren. Auch das wiedervereinte Deutschland ringt um seine Tradition, um seine Erinnerung, die insbesondere im Zusammenhang mit dem Gedenken an den Holocaust gerne als "Erinnerungskultur" bezeichnet wird.

In diesen Tagen haben die Israelitische Kultusgemeinde München (IKG) und die Stadt München ihre Tradition, ihr "Zachor'-' und ihre "Erinnerungskultur" verraten, freilich in einem Akt politischer Korrektheit, der kaum angreifbar scheint. Was ist geschehen?

Seit einigen Jahren ist es klar, dass die jüdische Gemeinde in der Stadt endlich ein neues Zentrum braucht. Dieses soll am St. Jakobsplatz entstehen, nachdem die Stadt "großzügig" das Gelände der jüdischen Bevölkerung überlassen hat und mittlerweile auch der Staat Bayern mit einer Anschubfinanzierung zur Hilfe geeilt ist, dennoch fehlten immer noch Millionen, um das Gemeindezentrum tatsächlich bauen zu können.

In einer merkwürdigen Nacht- und Nebelaktion haben nun die Stadt und die Präsidentin der Gemeinde, Charlotte Knobloch, offensichtlich eine Lösung gefunden. Das Gelände auf dem die ehemalige Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Straße stand und die bereits im Juni 1938 noch vor der "Reichskristallnacht" von den Nazis abgerissen wurde (perfide mußten die Juden den Abriß auch noch selbst bezahlen), soll an Karstadt verkauft werden, um dort ein weiteres Geschäftsgebäude neben dem Oberpollinger zu errichten. Der Kaufpreis von wahrscheinlich ca. 40 Millionen DM soll der IKG überlassen werden. Damit wäre die Finanzierung für das neue Gemeindezentrum gesichert.

Doch welchen Preis sind die Akteure bereit, da wirklich zu bezahlen? Der Platz der ehemaligen Synagoge, heute lediglich eine Wiese, auf der Hunde ihr Geschäft verrichten und Obdachlose übernachten, war von der Stadt ganz gewiß nicht als Ort der Erinnerung eingerichtet und instand gehalten worden. Ein schmutzig-grauer Gedenkstein direkt neben dem Platz mußte reichen. Und doch: Bei all der Vernachlässigung der eigenen Geschichte ist dieser Platz ein "void", eine Leerstelle, wie der Architekt Daniel Libeskind dies bezeichnen würde. Ein Ort, wo die Verfolgungsgeschichte der Münchner Juden greifbar gemacht werden könnte, wenn man denn nur will. Eine schmerzende Leerstelle. 

Mit dem von der Präsidentin befürworteten Verkauf und der Bebauung dieses Platzes soll die heutige Gemeinde endlich in das Zentrum der Stadt vorrücken - ein nobles Unternehmen, so könnte man meinen. In Wirklichkeit jedoch ein Skandal. Wie kann die jüdische Gemeinde eine sinnvolle Zukunft planen, wenn sie bereit ist, einen wichtigen Ort der eigenen Geschichte in dieser Stadt aufzugeben? Und: hat die Stadt München keine anderen Wege, um eine Finanzierung des neuen Gemeindezentrums zu ermöglichen als ausgerechnet die Preisgabe dieses Ortes? Denn dieser Platz ist ja nicht nur ein Ort der Juden, sondern wahrlich ein Ort aller Bürger dieser Stadt, die ihrer Geschichte gedenken wollen, ja, müssen. 

Das Signal, das von diesem Deal in die Republik hinausgeht, ist fatal: Juden sind bereit, die Orte, die an den Holocaust erinnern, aufzugeben. Die Schlußstrichmentalität wird ausgerechnet von Juden noch befördert. Welcher Zynismus. Und das alles, um eine Zukunft in dieser Stadt, in diesem Land zu haben?

Der Vorstand der jüdischen Gemeinde ist erst in der vergangenen Woche von seiner Präsidentin über diesen Deal informiert worden und hat sofort willfährig, ohne auch nur im Geringsten über die Folgen nachzudenken, diesem Plan zugestimmt. Ob allerdings die Präsidentin und der Vorstand tatsächlich dazu berechtigt sind, solch eine Entscheidung zu fällen? Darf die Stadt München diese Lösung allein gefällig befürworten? Natürlich kann sich die Stadt auf den moralischen Standpunkt zurückziehen und auf das Ja-Wort der Juden verweisen. Doch die Erinnerung sie gehört uns allen. Und es ist kein Zeichen demokratischen Gebahrens, wenn sich der jüdische Gemeindevorstand und die Verwaltung der Stadt München zum Richter über den Umgang mit der Vergangenheit aufschwingen.

Ja, die zweitgrößte jüdische Gemeinde in Deutschland braucht dringend ein neues Gemeindezentrum. Wenn dies allerdings nur möglich ist, indem man die Orte der Erinnerung für ein Linsengericht verkauft, dann ist es an der Zeit zu fragen, ob man das noch eine jüdische Zukunft nennen kann. Und auch die Stadt wird Farbe bekennen müssen. Der Holocaust ist ein Stück deutscher Geschichte: Eine breite, öffentliche Diskussion um die Zukunft der Leerstelle hinter dem Künstlerhaus muß her, Funktionäre sind gewiß nicht die geeigneten Sachverwalter für den Umgang mit der Geschichte. "Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung", sagt ein chassidischer Meister - ein Zitat, das man in Deutschland gerne immer wieder in Artikeln zur deutschen Erinnerungskultur benutzt. Mit diesem Beschluß wird ganz gewiß niemand erlöst, nicht die Juden, nicht die Stadt München.

Erstersch. im Mitteilungsblatt des Landesverband der IKG in Bayern (Dez. 2000; s. 4)

haGalil onLine 19-03-2001

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