Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat im Kampf gegen Rechtsextremismus zwei
neue Strategien auf den Plan gebracht. Ein Neonazi-Aussteigerprogramm zur
Schwächung und Verunsicherung der rechten Szene wird gemeinsam mit dem Einsatz
von Bundesgrenzschutz-Truppen gegen Rechtsextreme auf den Weg gebracht.
Die Reaktionen auf Schilys Initiative waren ganz unterschiedlich. Während sich
der Innenminister der
Rückendeckung der SPD-Länder sicher sein kann, äußerten Unionspolitiker Kritik
an diesem Konzept und forderten stattdessen eine Rückkehr zur Ende 1999
ausgelaufenen Kronzeugen-Regelung. Paul Spiegel, Vorsitzender des Zentralrats
der Juden in Deutschland, begrüßte die Idee Schilys explizit und sagte: „Wenn es
gelingt, junge Leute noch rechtzeitig davon abzubringen, rechtsradikales und
antisemitisches Gedankengut zu verinnerlichen, muss das unterstützt werden.“
Das Aussteigerprogramm soll unterschiedliche Maßnahmen ermöglichen, von der
Einrichtung bundesweiter Telefon-Hotlines über persönliche Beratungsstellen für
Neonazis, die auch bei der Wohnungs- und Arbeitssuche helfen. Tatsächlich gibt
es bereits in einzelnen Bundesländer die Möglichkeit, Rechtsextreme mit
Zeugenschutzprogrammen und individueller Betreuung aus der Szene zu lösen.
Viele Politiker reagierten verhalten, wie etwa der bayerische Innenminister
Günther Beckstein (CSU), der das NPD-Verbot auf den Tisch gebracht hatte. Es sei
fraglich, ob auf diese Weise Schlüsselfiguren aus der braunen Szene
herausgebrochen werden.
Bereits am Montag hatte Bundesinnenminister Schily
im brandenburgischen Forst die erste Sondereinheit des Bundesgrenzschutzes für
den Kampf gegen Rechtsextremismus in Dienst gestellt. Die Verstärkung der Region
sei aufgrund der zahlreichen Vorfälle unumgänglich geworden.
An der deutsch-polnischen Grenze sind nun zusätzlich 80 Beamte des
Bundesgrenzschutzes stationiert, die vor allem auf Bahnhöfen und in Zügen
patrouillieren und so den Verfolgungsdruck auf die rechte Szene erhöhen sollen.
Es bleibt zu hoffen, dass die Bundesregierung das Thema Rechtsextremismus
endlich ernst nimmt. Vielleicht werden die Ansätze von Otto Schily ein Umdenken
bringen, dass die Neonazis nicht länger als die armen, vernachlässigten
Jugendlichen darstellt, die keineswegs organisiert und gefährlich sind. Denn
wenn dem so wäre, dann müßte wohl kaum der BGS anrücken.
haGalil onLine 21-02-2001
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