Es ist Krieg - seit Jahrzehnten
- pausenlos:
Dürfen wir uns ein
Bild machen?
Berichterstattung Nahost
Ein
Bild sagt mehr als tausend Worte - sicher, aber Bilder sagen nicht immer
die Wahrheit.
Dieses Bild eines AP
Photographen wurde u.a. in der New York Times und im Boston Globe
veröffentlicht. Es zeigt den Schrecken des Krieges, der Gewalt.
Interessant an
diesem Bild ist die Unterschrift. Aus der Werbetafel im Hintergrund ist
ersichtlich, dass der Ort der Handlung eine Tankstelle ist. Die
Unterschrift spricht vom Tempelberg. Am Tempelberg gibt es keine
Tankstelle, und erst recht keine mit hebräischer Beschriftung. Die
Halachah, das jüdische Religionsgesetz, verbietet es uns, diesen Berg zu
betreten - auch Arik Scharon hätte diesen Berg nicht betreten sollen.
Der am Boden
sitzende blutende junge Mann ist auch kein Palästinenser. Es handelt
sich um Tuvia Grossman, einen jüdischen Studenten aus Chicago, der
zusammen mit zwei Freunden von einer palästinensischen Menge aus einem
Taxi gezerrt und misshandelt wurde. Der aufgebrachte Polizist versucht
mit seiner Drohgebärde die Masse von weiterer Gewalt abzuhalten.
David und
Goliath
Die Klischees
besagen heute, die Palästinenser sind im recht. Sie sind die Opfer
israelischer Gewalt, sie sind schwach und unbewaffnet. Mit
Steinschleudern wehren sie sich gegen eine der stärksten Armeen der
Welt. Wenn wir den Focus etwas weiter machen steht aber immer noch
Israel alleine in einem Meer arabischer Staaten - von denen etliche in
Prunk und Reichtum leben könnten, wenn ihre Regierungen etwas gerechter
wären.
Ich will hier
aber das Klischee von David und Goliath nicht einfach umkehren. Ein
Klischee gegen ein anderes zu tauschen bringt uns keinen Schritt voran,
in Richtung Gerechtigkeit. Natürlich stimmt es nicht, dass alle
Palästinenser nur darauf sinnen, unschuldige Juden zu morden. Es stimmt
auch nicht, dass Araber nur die Sprache der Gewalt verstehen und nur
Israel im recht ist und alle Welt gegen uns.
Die einfache
Wahrheit ist, dass es sich um einen jahrzehntelangen Konflikt handelt,
und obwohl beide Seiten recht haben, hat sich Unrecht aufhäuft. Es hat
nicht einen einzigen Tag des Friedens gegeben, Gewalt hat sich immer
wieder angestaut. Immer wieder gelingt es den Scharfmachern mit
hochtrabenden Parolen und furchteinflößender Propaganda die Massen zu
blenden und Hass und Aggression zu schüren.
Krieg ist immer
grausam - und angesichts der Toten ist es gleich wer auf diesem oder auf
jenem Bild
dieser oder jener ist. Wir haben nur eine Wahl: Alles zu tun, jeden
Stein und jede Lüge umdrehen und nach jeder Chance zu suchen, die den
Frieden bringen wird.
Mobilmachung
der Besonnenen
Von alleine wird
der Frieden nicht kommen und wenn wir aus Misstrauen doch lieber am -
immerhin vertrauten Status quo festhalten, wird nichts besser, sondern
nur immer schlimmer werden.
Viele israelische
Radiostationen rufen heute zur Mobilmachung der Besonnenen auf: Sie
rufen Freiwillige, die in den Städten und Dörfern, im Galil und in der
Scharonebene, Divisionen bilden sollen. Divisionen der Besonnenen, die
durch Erklärung und Kraft weitere Aufheizung verhindern sollen. Sie
rufen Araber und Israelis, Juden, Muslime, Christen, Drusen, sie rufen
Menschen.
Die
Radiostationen der Palästinenser senden Kampfparolen. Der Traum
Palästinas droht unterzugehen in Blut und Tränen. Auch Jasir Arafath
sollte zur Besonnenheit aufrufen - und er sollte antworten. Ehud Barak
braucht einen Partner.
dg /
haGalil onLine 10-10-2000 |