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Jassir Arafat lebt in Feindschaft mit der Vernunft. Während sich Ehud
Barak in Camp David bemühte, den Frieden durch Konzessionen zu
erreichen, bewegte sich Arafat kaum.
Während der israelische
Ministerpräsident nach Abbruch der Gespräche Signale der Entspannung
sandte, ließ sich der Palästinenserführer als Saladin, den Sieger über
die Kreuzfahrer, feiern. Während Barak schließlich am jüdischen
Neujahrstag seinen Landsleuten riet, sich an den Gedanken zweier
Hauptstädte in Jerusalem zu gewöhnen, reiste Arafat durch die Welt und
hielt Hetzreden wie zu düstersten Terrorzeiten.
Am Donnerstag überschritt er den
Höhepunkt. Nach dem Lynch-mord an drei israelischen Soldaten und den
Stunden zuvor angekündigten, gezielten Vergeltungsmaßnahmen der
israelischen Armee, mit denen Barak hoffte, den palästinensischen Mob
einzuschüchtern und sein Gegenüber zu neuen Gesprächen zu bewegen,
sprach Arafat vom "Marsch nach Jerusalem" und ließ Terroristen der Hamas
aus palästinenischen Gefängnissen frei. Gründe dafür kann nur finden,
wer die Vernunft beiseite lässt. Denn Israel ist innerlich längst auf
Frieden eingestellt.
Spätestens seit dem zweiten
Golfkrieg, in dem Israel von Saddams Raketen beschossen wurde, hat sich
die militärische Sicht wie die gesellschaftliche Atmosphäre in dem Land
am Mittelmeer gewandelt. Die Strategen erkannten, dass sie gegen Lang-
und Mittelstreckenraketen machtlos seien, folglich den Golan für einen
Ausgleich mit Syrien preisgeben könnten. Gleiches galt für den
Südlibanon, der nichts als Opfer brachte. Israels Soldaten - die Kinder
der Holocaust-Überlebenden - schließlich waren es leid, als Besatzer in
den palästinensischen Gebieten aufzutreten. In ihren Reihen stieg die
Selbstmordrate genauso wie die Zahl der Drogenabhängigen und psychisch
Erkrankten. Aus unterschiedlichen Beweggründen setzten Jitzchak Rabin
und Schimon Peres um, was die Mehrheit der Bevölkerung erwartete. Sie
traten in Verhandlungen mit dem einstigen Todfeind und erreichten für
beide Seiten Unglaubliches. Die Verträgte von Oslo I und II von 1993 und
1995 stehen dafür. Sie gaben den Palästinensern Autonomie in zahlreichen
bislang besetzten Gebieten und die Aussicht auf eine eigenen Staat.
Barak setzte fort, was Rabin
begann. Nach den düsteren Netanjahu-Jahren hatten ihn seine Landsleute
gewählt, um das Vertragswerk mit den Palästinensern zu vervollkommenen.
Der neue Ministerpräsident tat, was er konnte. Mehr sogar: Allmächlich
verabschiedete er sich von den letzten Denkverboten und kam den
Palästinensern so weit entgegen wie kein anderer Regierungschef zuvor.
Nach seinen Vorstellungen sollte der Frieden auch innenpolitische
Früchte tragen. Ende September veröffentlichte Barak seinen Plan, den
Militärhaushalt in den nächsten Jahren zu kürzen und die Wehrpflicht auf
32 Monate herabzusetzen. Die Mehrheit der Gesellschaft unterstützte ihn
darin. Mehr und mehr ist sie darüber hinaus bereit, das eigene Bild vom
Nachbarvolk zu korrigieren. Immer häufiger finden Intellektuelle Gehör,
die mahnen, Palästinenser auch als Opfer zu betrachten. Immer größere
Resonanz erreichen die Historiker, die mit den zionistischen Mythen der
Vergangenheit aufräumen und nach Wahrheit im arabisch-israelischen
Konflikt des 20. Jahrhunderts suchen.
Im Vergleich dazu haben sich die
Palästinenser kaum bewegt. In eine Mischung aus Größenwahn und Jähzorn
wischen sie die Erfolge seit Oslo beiseite. Noch immer träumen sie von
einem palästinenischen Reich mit Jerusalem als Hauptstadt, das sich vom
Mittelmeer bis zum Jordan erstreckt. Arafat hat nicht vermocht, die
vielen Gemäßigten in seinem Lager zu stützen, den Mythen
entgegenzuwirken und seinem Volk klarzumachen, dass es im Krieg nur
verlieren kann. Nach wie vor ist er der Revolutionsführer von einst, der
Guerilla-Kriege, aber keinen Staat zu führen vermag. Niemals war ihm der
Vertrag von Oslo Herzensangelegenheit. Er diente ihm als Mittel, die bis
dahin mit Israel verhandelnden Palästinenser aus Ost-Jerusalem in die
Schranken zu weisen, die Gespräche an sich zu ziehen und damit seine
schwindende Macht wiederherzustellen.
Mehr denn je ist heute der Sinn
für die Wirklichkeit unter den Palästinensern gefragt. Mit ihm können
sie den Frieden retten. Ob Arafat dafür der richtige ist, lässt sich
nach den letzten Tagen bezweifeln.
Den Autor erreichen Sie unter:
schuster@welt.de
Warum reden wir nicht?
'Salamu alekhum - Shalom alekhem!
Palästinenser in Deutschland? Jude in Prag? Palästinenserin in der
Schweiz? Israeli in Österreich?
Ahlan
veSahlan beSukath haShalom!
Kulam musmanim ve kol haBaim Brukhim!
[haGalil
Sounds: Let's talk again!]
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