Seit dem Ausbruch
der vehementen Unruhen in den besetzten Palästinenser-Gebieten
wurden zahlreiche Synagogen in Deutschland, Frankreich und den USA
angegriffen. Wie reagiert Israel auf die zahlreichen Anschläge seit
Rosch haSchanah in den westlichen Ländern?
Zunächst einmal beschwichtigend. Aussagen, wonach es Juden mittlerweile nicht
mehr möglich sei, offen auf der Strasse zu laufen, seien komplett übertrieben,
heißt es in einem Bericht des Außenministeriums.
Vor allem die Aussage von Israel Singer, Generalsekretär des World Jewish
Congress, dass in den letzten Wochen mehr Synagogen angezündet worden seien als
in der Kristallnacht, verurteilte der Bericht zu recht streng. Juden seien
schließlich weder von Deportation oder Vernichtung bedroht.
Das Außenministerium dementierte auch Berichte darüber, dass die Botschafter
angewiesen wurden, Juden und Israelis zum vorsichtigen Auftreten in der
Öffentlichkeit zu ermahnen.
Offensichtlich sorgt man sich in den israelischen Ministerien auch weniger um
die ansteigende Gewalt an sich, sondern eher um die Ursachen dafür. Tatsächlich
sind die Gründe für die Übergriffe wohl weniger im "klassischen" Antisemitismus
zu suchen. Vielmehr hat sich der israelisch-arabische Konflikt auf andere Länder
ausgedehnt und wird dabei von einem religiösen Konflikt, zwischen Juden und
Muslimen, überlagert.
Das zeigt sich auch darin, dass die Anschläge nicht mehr die Taten von einzelnen
radikalen Tätern sind, die sofort und in aller Deutlichkeit von allen Seiten des
politischen Spektrums verurteilt werden. Sie stehen vor dem Hintergrund einer
breiten muslimischen Gemeinde, die nicht zwischen den Vorgängen in Gaza und zu
Hause unterscheiden will.
Das "gemeinsame jüdische Schicksal" ist dadurch
von der politischen Phrase zur bitteren Wirklichkeit geworden. Wenn auch in
schwierigen Zeiten wie im Moment das Solidaritätsgefühl unter Juden durchaus
steigen mag, so ist die Konsequenz dennoch sehr gefährlich. Denn nicht alle
Juden der Diaspora möchten mit dem israelischen Vorgehen gleichgesetzt werden.
So ist es fraglich, was passieren wird. Können die Juden außerhalb Israels ihre
eigene Identität nach außen vermitteln? Oder wird es im schlimmsten Fall dazu
kommen, dass man sich tatsächlich nicht mehr öffentlich als Jude zu erkennen
kann?
ae / haGalil
onLine 24-10-2000
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