Der wegen
Kriegsverbrechen und Völkermord im Zweiten Weltkrieg angeklagte
Litauer Aleksandras Lileikis ist im Alter von 93 Jahren gestorben.
Wie die Behörden mitteilten, erlag der ehemalige Angehörige der SS
unterstehenden litauischen Hilfspolizei am Dienstag in einem
Hospital in Wilna einem Herzinfarkt.
Eine Ärztekommission hatte die Erlaubnis
erteilt, Lileikis zur Gerichtsverhandlung zu laden, warnte aber gleichzeitig,
daß Stressfaktoren entscheidenden Einfluß auf sein Leben hätten. "Der
gegenwärtige Gesundheitszustand von Lileikis erlaubt seine Teilnahme an
Gerichtsverhandlungen und gerichtlichen Aussagen, jedoch kann durch
Stressituationen einen lebensgefährlichen Zustand hervorgerufen werden", hiess
es in dem Gutachten.
"Die Opfer von Lileikis werden leider nicht in der Lage sein, sich dem Stress
auszusetzen," hatte Efraim Zuroff, Leiter des Wiesenthal Centers in Jerusalem,
damals gekontert. Insgesamt dürfte Lileikis für die Ermordung von über 70.000
Menschen verantwortlich sein, von denen die meisten Juden waren.
Nachdem Lileikis im Juni 1996 aus den USA
ausgewiesen worden war, wurde nach zweijährigen Ermittlungen im März 1998
Anklage in Litauen erhoben. Dabei ging es konkret um die Beschuldigung, Lileikis
habe in seiner Funktion als Chef der Sicherheitspolizei im Bezirk Vilnius von
Juni 1941 bis Juli 1944 75 Juden der "physischen Vernichtung anheimgegeben zu
haben", von denen nur einer dem Tode entkommen konnte. Lileikis bestritt die
Vorwürfe.
Erst Druck des US-Justizministeriums und vor allem die Mobilisierung der
internationalen Öffentlichkeit durch Efraim Zuroff hatten die Anklage überhaupt
ermöglicht. In Litauen schien das Verständnis für die Tragweite der Taten von
Lileikis stets zu fehlen. Mehr als 90% der etwa 220.000 Juden in Litauen wurden
ab dem Jahre 1941 bis 1944 von den Nazis und ihren willigen litauischen Helfern
ermordet. Tausende Litauer aller Gesellschaftsschichten waren daran beteiligt.
Der Prozess kam bis heute nicht aus seinem Anfangsstadium heraus, da er wegen
Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten oft unterbrochen werden musste.
haGalil onLine
29-09-2000
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