Die Evangelische Kirche in
Deutschland (EKD) und ihre Diakonie haben am Freitag erste
Ergebnisse einer Pilotstudie über den Einsatz von Zwangsarbeitern
während der NS-Zeit in Hamburg und Schleswig-Holstein bekannt
gegeben.
Obwohl mindestens 60 Zwangsarbeiter in Einrichtungen der Diakonie während der
NS-Zeit beschäftigt waren, kommen die Leiter der Studie zu dem Fazit, dass es
sich dabei nicht um flächendeckenden Einsatz gehandelt habe.
Zwangsarbeiter wurden überwiegend in landwirtschaftlichen Betrieben, Küchen,
Wäschereien und vereinzelt im Pflegebereich eingesetzt. Die Mehrzahl von ihnen
kam aus Polen, Russland und der Ukraine.
Die Studie, unter Leitung des Kirchenhistorikers Jochen-Christoph Kaiser und des
Hamburger Historikers Harald Jenner, untersucht seit Dezember 1999 sieben
Einrichtungen in Hamburg und Schleswig-Holstein.
Kaiser betonte, dass man die für Norddeutschland ermittelten Zahlen nicht auf
den gesamten Bereich des früheren Deutschen Reiches hochrechnen könne. Man könne
daher nicht von einem Massenphänomen sprechen.
Das abschließende Ergebnis der Studie wird erst Ende 2001 vorliegen. Erst nach
Vorliegen dieser regionalen Ergebnisse soll die Aufarbeitung der Quellenlage auf
das gesamte Bundesgebiet ausgedehnt werden.
Jenner erklärte, dass es nur wenig über die Art der Arbeit und des
Zusammenlebens der Zwangsarbeiter gebe. Allerdings schiene es, als hätten die
damals so genannten Fremdarbeiter bei der Kirche so gelebt und gearbeitet "wie
in anderen vergleichbaren Einrichtungen auch".
Das bisherige Fazit der Studie erscheint daher überraschend. Obwohl die Belege
noch nicht gesichtet sind, die Quellenlage für das Bundesgebiet noch unerforscht
ist, liegt das Ergebnis vor, dass die Evangelische Kirche Zwangsarbeiter nicht
flächendeckend beschäftigt hat. Dabei hatte die Katholische Kirche gerade dies
erst in der letzten Woche zugegeben.
Trotzdem wird sich die EKD wie angekündigt am Entschädigungsfond für ehemalige
Zwangsarbeiter beteiligen. Kritik aus der katholischen Kirche, dass man sich so
von der Schuld freikaufen wolle, lehnte die EKD vehement ab. Es gebe zur
Entschädigung keine Alternative.
Man wolle aber aufmerksam über die Verteilung des einbezahlten Geldes wachen,
hieß es von Diakonie-Präsident Gohde. Was dies konkret bedeutet, darüber
schwiegen sich die Kirchenvertreter gestern jedoch aus. Die evangelische Kirche
will jedenfalls direkten Kontakt zu ihren ehemaligen Zwangsarbeitern aufnehmen.
haGalil onLine
22-08-2000
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