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Der Frieden - eine Baustelle:
Israel, Palästina und die Stadtverwaltung

Von David Hanauer

Keren haYessod - United Israel Appeal


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Während Barak und Arafat in Camp David über die Souveränität und die Grenzen Jerusalems diskutierten, blickte ich hier in Tel Aviv auf meinen Hinterhof und dachte an meine eigenen Grenzstreitigkeiten. Das ist etwas kleinkariert, ich weiß, aber das Leben besteht nun mal auch aus den alltäglichen Auseinandersetzungen - vor allem in Tel Aviv, wo Aggressivität geradezu eine Kunstform ist, die an Freund und Feind wahrhaft demokratisch praktiziert wird.

Jeder tut das! Es ist hier ganz normal, dass die Leute schupsen oder sich vordrängeln und dann erwarten, dass DU dich dafür entschuldigst, im Weg gestanden zu haben.

Kürzlich habe ich mein 50 Jahre altes Apartment renoviert. Ich habe zwei Jahre gebraucht, eine Erlaubnis dafür zu bekommen. Jeder beschwert sich über seine örtlichen Bürokraten, aber in der Stadtverwaltung von Tel Aviv sind sie besonders schlimm. Während anderswo die meisten Bürokraten einfach nur zu gelangweilt sind oder keine Lust haben, einem zu helfen, scheint das Bauamt von Tel Aviv ein paar Mitglieder der russischen Mafia engagiert zu haben - eigens, um seinem Geschäft einen professionellen Anstrich zu verleihen, wenn auch einen unterweltlichen.

Die Stadtverwaltung hat das perfekte System aufgebaut. Man macht uns dort langsam, aber sicher fertig, indem man falsche Auskünfte gibt oder sonstwie verwirrt. Jedesmal, wenn man glaubt, man habe alles Nötige beisammen, stellt man plötzlich fest, dass man das Verkehrte getan hat und die ganze harte Arbeit umsonst war. Früher verwirrte mich das, bis ich herausfand, dass das System Methode hat: Irgendwann wird man den normalen Weg aufgeben und sich an einen so genannten "Spezialisten" wenden - eine Art Eintragstechniker der Stadtverwaltung, den man hier einen "Macher" nennt. Das ist natürlich eine freundliche Umschreibung für Korruption.

Ich persönlich hatte immer Angst, mich an einen solchen Macher zu wenden. Die Clinton-Lektion war mir noch gut in Erinnerung - das Wissen um das wahre Vergehen: zuzugeben, dass man Sex hatte oder es unter Eid zu leugnen. So habe ich mich mit meinen großartigen Moralvorstellungen immer geweigert, einen Macher für mich arbeiten zu lassen.

Ich brauchte also zwei Jahre, um die Genehmigung zu bekommen - nicht gerade klug von mir. Aber egal. Sobald ich die Genehmigung hatte, plante ich den nächsten Schritt, nämlich, einen Bauarbeiter anzuheuern. Vom Bauen verstand ich nicht viel, also konzentrierte ich mich auf meine humanpsychologischen Fähigkeiten. Ich fand einen Bauarbeiter, der tatsächlich einen vollständigen Satz herausbringen konnte, ohne zu schreien. Verglichen mit anderen, die offenbar glaubten, ich wolle ein zweites Taj Mahal erbauen, hörte er sich wirklich sehr vernünftig an. Natürlich lag ich damit falsch - er entpuppte sich als Psychopath. Die sieben scharfen Dobermänner in seiner Wohnung hätten mich warnen sollen; aber ich war zu sehr von seinen Redekünsten beeindruckt, als dass ich die Killerhunde bemerkt hätte, die mich auf ein Wort von ihm in Stücke gerissen hätten. Auch wurde mir nie bewusst, dass die Angst vor ihm und seinen Hunden meine Streitbereitschaft gewaltig herabsetzen würde. Das war ein großer Fehler.

Und trotzdem war sein psychopathisches Wesen zu etwas nütze - die Nachbarn verhielten sich eine Zeit lang sehr ruhig. Denn natürlich war jedem im Viertel klar, dass man mir mit dem Umbau eine Gefälligkeit erwies. Außerdem waren sie der Ansicht, ich schulde ihnen etwas, weil ich ja nun ein größeres Apartment bekäme. Ich weiß nicht so recht, was genau der Zusammenhang ist, aber sie sahen anscheinend einen. Jedenfalls bekamen sie alle Angst vor meinem Bauarbeiter, was bedeutete, dass er tatsächlich etwas bauen konnte.

Am ersten Tag fragte ich ihn, ob er einen Schlüssel brauche, um hereinzukommen. Er lächelte nur verständnisvoll und sagte, das sei nicht nötig. Und dann kam er mit seinem Traktor und brach einfach durch die Wand. Im Ernst, ich mache keine Witze, ich schicke Ihnen ein Foto.

Irgendwie merkte ich, dass die Sache nicht gut lief. Aber egal. Er wurde schließlich fertig - sechs Monate zu spät und ein Drittel über den vereinbarten Kosten. Aber er wurde fertig. Da steht also die Wohnung, renoviert, ein Moment der Glückseligkeit, wie man sich denken kann. Aber vergessen Sie unsere treuen Freunde von der Stadtverwaltung nicht, die sich über das entgangene Geld für die Baugenehmigung ärgern. Eine Reihe von russischen Killer-Beamten entdeckte, dass die Renovierung 17 Zentimeter zu groß ausgefallen war. Ich wiederhole: 17 ZENTIMETER ZU GROSS. Ich weiß bis heute nicht recht, wo die 17 Zentimeter stecken sollen, vielleicht in der Breite oder in der Länge, niemand scheint es zu wissen. Die Killer-Beamten sagen es mir nicht, obwohl sie es wissen. Neuerdings vermute ich, dass die Zentimeter in der Höhe stecken. Was sind schon 17 Zentmeter, werden Sie aus sicherer Entfernung sagen. Ich will Sie nicht mit den drei Gerichtsverfahren langweilen, die wegen dieser 17 Zentimeter laufen, oder die Kosten für drei hochbezahlte Anwälte vorrechnen, die mit drei verschiedenen Richtern in drei Gerichtssälen verhandeln.

Aber ich möchte ihnen das Gesetz nahebringen, das mich vor Gericht gebracht hat. Dieses Gesetz besagt, dass man ohne Genehmigung nicht bauen kann und dass der Bau dieser Genehmigung entsprechen muss. 17 Zentimeter sind darin nicht vorgesehen - deshalb die drei unterschiedlichen Verfahren. Nach dem selben Gesetz werden die Bulldozer der israelischen Armee (wahrscheinlich von Fahrern der Stadtverwaltung gesteuert) in die besetzten Gebiete geschickt, damit sie dort die Häuser niederreißen, die ohne Genehmigung gebaut wurden. Dasselbe könnte mit meinem renovierten Apartment passieren, obwohl ich kein Palästinenser bin. Nicht einmal mein psychopathischer Bauarbeiter kann sich gegen die Streitkräfte des Verwaltungsrechts und ihre von der Armee beschützten Bulldozer stellen.

Keines der Gerichtsverfahren ist bisher entschieden. Und wenn ich über meinen Hinterhof hier in Tel Aviv blicke, dann habe ich für die Friedensgespräche nicht viel Hoffnung. Wenn soviel Wirbel gemacht wird um lächerliche 17 Zentimeter, welche Hoffung kann es da geben für einen Streit, der Leben gekostet hat, der nun schon 52 Jahre andauert und angeheizt wird von religiösen Fundamentalisten, die meinen, Land sei wichtiger ist Menschenleben? Nein, ich glaube, dass die Auseinandersetzung um meinen Bau einen tiefen Einblick gibt in das Wesen des Nahost-Konflikts: keine Toleranz, kein Nachgeben, kein Verstand.

Erschienen in der Süddeutschen Zeitung vom 1. August 2000

haGalil onLine 03-08-2000

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