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Ein Grenztest für die Toleranz: 
Genehmigung für Camp von Menschenrechtlern
verweigert

Von Dietmar Kammerer

Manarah

Menschenrechtler wollen an der EU-Außengrenze gegen die Asylpolitik protestieren. Für ihr Grenzcamp verweigert die brandenburgische Stadt Forst aber die Genehmigung. Die Stadtoberen fürchten Auseinandersetzungen mit rechten Gruppen.

Toleranz hat ihre Grenzen. In der deutsch-polnischen Grenzstadt Forst werden sie derzeit ausgetestet. "Die Förderung von Toleranz und Solidarität, Internationalität und Begegnung genießt einen hervorragenden Stellenwert", formuliert das Brandenburger "Handlungskonzept gegen Fremdenfeindlichkeit". Jährlich 2,5 Millionen Mark gibt das Land aus, um sich sich mit dem Beinamen "Tolerant" zu schmücken. Aber ein "Grenzcamp 2000", das ab Samstag in Forst für mehr Toleranz im Umgang mit Flüchtlingen werben will und uneingeschränkte Bleiberechte für Asylbewerber einfordert, hat noch keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten.

In der Auseinandersetzung um die Platzgenehmigung treffen zwei Politikkonzepte aufeinander. Der Staat begegnet Fremdenhass mit Zuckerbrot und Peitsche. Einerseits gibt er sich als Werbeagentur für das Produkt "Fremdenfreundlichkeit". Ausländer haben lediglich das falsche "Image", sie brauchen PR-Berater an ihrer Seite.

Rechte Jugendliche will man mit "akzeptierender" Sozialarbeit einbinden - den Freizeittreffs "normaler" Jugendlicher wird allerdings schon mal der Geldhahn zugedreht. Andererseits reagiert der Staat mit der Härte klassischer Ordnungsmaßnahmen: mehr Kontrollen, mehr Polizeibefugnisse.

Gezielte Regelverstöße

Die Initiative "Kein Mensch ist illegal" hingegen verfolgt eine Politik der gezielten Regelverstöße. Wo Ausländerfeindlichkeit als alltägliche Ordnung betrachtet wird, setzt sie auf Unordnung. Staatliche Verordnungswut sei nicht Lösung, sondern Teil des Problems. Was sie schon ein ordnungswidrig angebrachter Aufkleber auf einer Bushaltestelle gegen die "knochenharten Maßnahmen eines Grenzregimes?" Seit Änderung des Asylrechts 1993 hätten schließlich mehr als 60 Menschen bei dem Versuch, die deutsche Grenze zu überwinden, ihr Leben verloren.

Die Initiatoren der Kampagne "Kein Mensch ist illegal" hatten die Stadtverwaltung von Forst an der Neiße um die Genehmigung für ein einwöchiges Zeltlager in der Grenzstadt gebeten. Vom 29. Juli bis 6. August wollen Menschenrechtsgruppen mit verschiedenen Aktionen für offene Grenzen und rechtliche Gleichstellung der Asylbewerber werben und Fremdenhass entgegentreten.

Ihre ablehnende Haltung begründen die Stadtbehörden damit, dass die Camp-Veranstalter über kein schlüssiges Sicherheitskonzept verfügen würden. "Die Sicherheit der Forster Bevölkerung steht für uns an erster Stelle", so Jürgen Goldschmid, stellvertretender Bürgermeister im Ort.

Holger Lührig, Pressesprecher im Innenministerium, teilt diese Bedenken: "Es ist bekannt, dass es auf den Camps in den vergangenen Jahren zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam. Toleranz heißt eben, keine Gewalt hinzunehmen."

Schwimmende Grenzen

1998 fand das erste "Grenzcamp" bei Rothenburg/Görlitz statt, im Jahr darauf im Dreiländereck bei Zittau. Dabei kam es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, unter anderem weil die Camper schwimmende Grenzübergange nach Polen eröffneten oder Farbanschläge auf Neonazi-Treffpunkte verübten.

Goldschmidt fürchtet denn auch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen den Linken und "der anderen Seite des Spektrums". Der Kreisverband Löbau-Zittau der NPD ruft im Internet bereits zum "nationalen Widerstand" gegen das Zeltlager auf. Polizei und Bundesgrenzschutz haben für die Woche Urlaubssperre erhalten. Die "Rosenstadt" Forst im Südosten von Brandenburg fürchtet um Ruf und Ruhe.

Ein sicheres Umfeld

Auf Veranstalterseite versucht man, die Bedenken der Stadtoberen zu zerstreuen. "Wir haben Forst ausgewählt, weil die Stadt nicht von rechten Trupps dominiert wird", erläutert eine Sprecherin der Forschungsstelle für Flucht und Migration (FFM) Berlin. Immerhin erwarten die Organisatoren über 1.000 Teilnehmer im Camp, darunter viele Asylbewerber, die sich mit ihren Familien angemeldet haben.

"Wir tragen Verantwortung für die Sicherheit dieser Flüchtlinge, die mit ihren Kindern kommen", so die FFM-Sprecherin weiter, schon daher müsse man für ein möglichst sicheres Umfeld sorgen. Mit der Forster Bevölkerung will man in den Dialog treten, schließlich gehe es auch darum, gerade an der EU-Außengrenze Vorurteile und falsche Ängste vor Flüchtlingen und ihren Helfern abzubauen.

Ein anderer Schwerpunkt betrifft die Bewertung des "institutionellen Rassismus", vor allem die Bekämpfung der Residenzpflicht. Die Menschenrechtler wollen nicht hinnehmen, dass Behörden die Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen in vielfacher Weise einschränken. So ist es Asylbewerbern in Deutschland nicht gestattet, den Landkreis, dem sie zugewiesen sind, ohne Ausnahmegenehmigung zu verlassen. Jede Zuwiderhandlung wird als Straftatbestand gewertet. So wird ein einfaches Überschreiten der Kreisgrenze zum kriminellen Akt.

Politische Ausflüge

Den Protest gegen die deutsche Flüchtlingspolitik wollen die Veranstalter von Forst aus in die Umgebung tragen. Geplant sind unter anderem Besuche des Flüchtlingsheimes in Cottbus. und der Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber (ZABH) in Eisenhüttenstadt. Dort müssen alle Flüchtlinge ihren Erstantrag stellen. Nach Auskunft von Flüchtlingsgruppen bekommen sie dafür in der ZABH keinerlei Beratung oder anwaltliche Hilfe, eine Situation, wie sie sonst nirgendwo anzutreffen sei.

Auch nach Guben wollen die Menschenrechtler, wo im vergangenen Jahr der Algerier Farid Guendoul bei einer Hetzjagd von rechten Jugendlichen tödlich verletzt wurde. Der Prozess gegen die neun Angeklagten dauert immer noch an. Ein Gedenkstein, der an den Tod Guendouls erinnern soll, wurde seit seiner Aufrichtung immer wieder geschändet oder gestohlen.

Für den Fall, dass das Camp bis Freitag von den Behörden nicht genehmigt wird, wollen die Veranstalter ersatzweise am Forster Wasserturm gegen die Nichtvergabe von öffentlichem Raum protestieren.

Erwartet zu diesem "Plan B" sind unter anderem der Berliner Abgeordnete Hartwig Berger und die Europaparlamentarierin Ilka Schröder (beide Grüne) sowie der PDS-Bundestagsabgeordnete Carsten Hübner und Vertreter der IG Metall. Dann wollen die Verfechter einer unbegrenzten Aufenthaltsgenehmigung für ihr eigenes Bleiberecht kämpfen. Zur Not, so heißt es, müsse man sich eben im Forster Rosengarten niederlassen.

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haGalil onLine 26-07-2000


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