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155 Seiten Langeweile. Ein Buch ohne Saft, schemenhaft die Figuren,
flach die Dialoge. Noch ein wenig mehr Mühe, und, so der Eindruck, Marga
Minco hätte den Roman besser in neutraler, journalistischer Form
abfassen können. Beschränkung auf die Fakten, der schnelle Blick, banale
Konversationen. Es ist wie im richtigen Leben.
Nur, reicht dies, um diesen Minimalismus zu legitimieren? Für manche
wohl schon: Die Frankfurter Allgemeine betitelte den Roman als
"virtuos", als "Kommentar zur niederländischen Verdrängung". Raum für
(Hinein-)Interpretationen bleibt in diesem Roman wahrlich genug. Man
muss eben nur wohlwollend sein.
Die Geschichte: Eine Frau die ihre Schwester in Auschwitz verloren hat,
macht sich nach vielen Jahren für ihre Schwägerin auf die Suche nach den
Dingen, die sie vor der Deportation den Nachbarn zur Aufbewahrung
anvertraut hatte. Dieses Gerüst scheint vielen Kritikern zu genügen, um
sich durch die Wirklichkeit von Auschwitz und dessen Nicht-Verarbeitung
bewegen zu lassen anstatt das Buch zu lesen.
Im Grunde würde ein Buch mit dem Wort "Auschwitz" also schon reichen, um
solcherlei Rezensionen zu rechtfertigen. Die Bewegung findet dann im
Kopf statt.
Vielleicht wird das ja das nächste Werk von Marga Minco, der
"Großmeisterin des Erinnerns", als die sie einmal bezeichnet wurde.
Konsequent wäre es. Seltsam, seltsam...
Marga Minco:
Nachgelassene Tage
Edition Lübbe 2000, 155 Seiten
Oliver Viest
haGalil onLine
03-04-2000
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