Reaktionen auf die Entscheidung
der Berliner Gemeinde
Alexander Pajevic
In der Jüdischen
Gemeinde wird nun über die Entlassung von Walter Rothschild gestritten.
Wie gestern im Tagesspiegel berichtet, wurde der erst seit zwei Jahren
in Berlin beschäftigte liberale Rabbiner am Freitag fristlos entlassen.
Einige Synagogen sollen dem Vorstand gegenüber nun den Wunsch geäußert
haben, die Kündigung noch einmal zu überdenken.
Wiewohl Rothschild
in Teilen der Gemeinde durchaus beliebt war, ist sein unkonventionelles
Gebaren mit freizügigen Äußerungen insbesondere zu sexuellen Themen in
anderen Teilen auf heftige Ablehnung gestoßen.
Nachdem
in der Vergangenheit vergeblich versucht wurde, eine Lösung
in gegenseitigem Einvernehmen zu finden, soll der in der
vergangenen Woche begangene Schritt einer formellen
Kündigung nun die Wogen glätten. "Es waren zuletzt sehr viel
Emotionen mit im Spiel", sagt Vorstandsmitglied Moishe Waks.
"Ich hoffe, dass wir die Angelegenheit jetzt auf diese Weise
klären können. Wir wollen weder der Institution des
Rabbiners noch der Reputation unserer Gemeinde Schaden
zufügen."
Für den
Vorstand der Synagoge in der Pestalozzistraße sagte Andras
Kain, man sei "erleichtert, aber auf keinen Fall glücklich"
über die Entlassung Rothschilds. Dem Rabbiner war es dort
seit dem vergangenen Herbst untersagt, sein Amt auszuüben.
Er habe die Gefühle der Gemeindemitglieder zu wenig
beachtet, sagte Kain: "Man musste der Sache ein Ende machen.
Die Situation war eskaliert." Dennoch tue ihm die
Entscheidung leid - sowohl für Rothschild und seine Familie
als auch für die Synagoge, die in der Tradition des
deutschen liberalen Judentums steht und jetzt wieder ohne
Rabbiner ist.
Vor der
Berufung Rothschilds war die Stelle des liberalen Rabbiners
in Berlin mehrere Jahre unbesetzt. Die Berliner Gemeinde ist
eine Einheitsgemeinde, die für ihre sechs Synagogen einen
orthodoxen und einen liberalen Rabbiner beschäftigt. Eine
weitere Stelle ist vakant.
haGalil onLine
10-03-2000 |